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Wolkige Regeln für ImmunitätsnachweiseNur mit Mindeststandards

Kommentar von Svenja Bergt

Die EU-Kommission hat ihren Plan für Corona-Immunitätsnachweise vorgestellt. Sie braucht mehr Mut für klare Vorgaben: Es geht um Gesundheitsdaten.

In Israel erlaubt die App „Green Pass“ Erleichterungen für Geimpfte Foto: Ronen Zvulun/reuters

E s gibt durchaus Gründe, die gegen die Pläne der EU-Kommission zu einem digitalen Immunitätsnachweis sprechen. Dass er es um so einfacher macht, unterschiedliche Rechte für Geimpfte und Nichtgeimpfte zu schaffen, noch bevor eine Impfung flächendeckend für alle verfügbar ist, zum Beispiel. Oder dass damit im Moment des Ausweisens persönliche Daten, inklusive Gesundheitsdaten an Dritte gehen, ob das nun Fluggesellschaften sein werden oder Clubs. Was auch deshalb brisant ist, da das Dokument nicht nur einen aktuellen negativen Test oder eine Impfung, sondern auch eine überstandene Erkrankung nachweisen soll. Und angesichts auftretender gesundheitlicher Spätfolgen kann es heikel sein, so eine Information breit zu streuen.

Aber es gibt auch einen guten Grund, der für den Vorstoß der EU-Kommission spricht, und zwar: Es wird solche Ausweise, Nachweise, Pässe, Zertifikate, unter welchem Namen auch immer sie auf den Markt kommen werden, geben. In den USA sowieso, auch China arbeitet schon daran. Und gerade Fluggesellschaften und Reiseunternehmen haben ein immenses Interesse an einem derartigen Nachweis, sitzen teilweise selbst schon an der Entwicklung entsprechender Anwendungen. Die Frage ist also nicht: Digitaler Impfpass ja oder nein, sondern: Welche Anbieter wird es geben, wie vertrauenswürdig sind sie und wie gut ist bei ihnen jeweils der Schutz der persönlichen Daten?

Deshalb braucht es klare Mindeststandards. Und da ist der Rahmen, den die Kommission vorgestellt hat, noch zu vorsichtig. Auch wenn viele richtige Gedanken drin sind – Datensparsamkeit, offene Standards, Verzicht auf Tracking und die Weitergabe der Daten –, bleiben viele Regelungen zu wolkig. Zu viel sollte, zu wenig muss.

Was es braucht, ist mehr Mut für klare Vorgaben, und zwar durchaus solche unbequemer Art: Denn ohne großen öffentlichen Druck oder eine klare Verpflichtung ringen sich Regierungen und Unternehmen selten dazu durch, konsequent auf Open Source zu setzen oder eine Anwendung außerhalb der App-Stores von Google und Apple zum Download zur Verfügung zu stellen. Dabei wären strenge Regeln vollkommen angebracht. Schließlich betrifft es am Ende Daten über die eigene Gesundheit.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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6 Kommentare

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  • Entweder es ist Pandemie. Dann macht ein "Impfausweis" keinen Sinn, weil eh nichts geht.



    Oder es ist nicht mehr Pandemie. Dann geht es schlicht niemanden (bzw.: nur in Ausnahmefällen jemanden) etwas an, ob ich gegen irgendetwas geimpft bin oder nicht.

    Grundrechte dürfen nur dann eingeschränkt werden, wenn ein anderes Grundrecht verletzt wird. Die aktuellen Einschränkungen dienen dem Erhalt unseres Gesundheitssystems und damit unserer Gesellschaft.



    Das ist etwas grundsätzlich anderes als die Frage, ob potenziell noch Ansteckungen durch eine Krankheit in Einzelfällen passieren können.



    Mit der hier vorgestellten Diskussion könnte man auch den Nachweis von Grippe-Schutzimpfungen oder einer HIV-Erkrankung fordern, auch diese Krankheiten werden durch Ansteckung übertragen. Wo soll das wieder aufhören?



    Wer Grundrechte ernst nimmt, kann nur Nein zu einem "Immunitätsausweis" sagen.

  • "Dass er es um so einfacher macht, unterschiedliche Rechte für Geimpfte und Nichtgeimpfte zu schaffen, noch bevor eine Impfung flächendeckend für alle verfügbar ist, zum Beispiel."

    Das ist durchaus ein sehr großes Problem. Da aber davon auszugehen ist, dass der bürokratische Prozess um einen solchen Ausweis im gleichen Tempo verläuft wie alles Andere in der EU, wirds wohl doch noch vorher für alle Impfwilligen reichen. Selbst wenn das erst nächstes Jahr ist.

  • Ein einfacher schnell umsetzbarer Nachweis, halbwegs fälschungssicher (das bekommen die Bundesdruckereien o.a. wohl hin) damit. 95% der Teilnehmer an irgend etwas gesichert geimpft sind. Das ist das, wovon man in der Supermarktschlange jede Woche zwei mal träumt. Es wird wohl am Perfektionismus scheitern.

  • Okay, was wäre denn nun ganz konkret das schlimmste, was mit den Daten geschehen könnte? Was genau könnte jemand mit der Information, dass ich wie hoffentlich zig Millionen, richtiger Milliarden, andere geimpft bin, anfangen?

  • "Und angesichts auftretender gesundheitlicher Spätfolgen kann es heikel sein, so eine Information breit zu streuen."

    Das kann z.B. dazu führen, daß man später schlechtere Konditionen bei Kranken- oder Lebensversicherungen kriegt, bei der Job-Bewerbung abblitzt oder Auswandern in ein anderes Land von diesem abgelehnt wird.

    Außerdem wäre es nicht gut, wenn bekannt ist, mit welchem Impfstoff jemand geimpft wurde. Denn sollte sich herausstellen, daß bei einem der Impfstoffe wider Erwarten doch negative Folgen möglich sind, wäre es genauso zu beurteilen wie eine überstandene Krankheit.

    Weiterhin indiskutabel wäre es, wenn Name oder gar Geburtsdatum beim Clubs oder Theater sichtbar wären. Das geht wirklich niemanden etwas an. Und diese Informationen haben mit einem bestehenden Impfschutz oder einem Testergebnis nichts zu tun.

  • Selbst wenn der Ausweis super datenschutzsicher - und damit vielleicht unbrauchbar - wird, spätestens am Eingang vom Berghain stimme ich allem zu ...

    Naja, selbst das Lesen dieser Seite verlangt von mir die Zustimmung zur diversen Datenfreigabe ab, die ich überhaupt nicht überblicke.