Witwe von Daniel H. über Nazi-Demos: Nach dem Tod ein Opfer der Rechten
Daniel H. war ein weltoffener und friedlicher Mensch. Die politische Instrumentalisierung seines Todes „hätte er nicht gewollt“, so seine Witwe.
In Chemnitz kam es in der vergangenen Woche mehrmals dazu, dass Migranten von Neonazis gejagt wurden und ihren Hass gewalttätig demonstrierten. Christian Greim, ein weiterer Freund von H., erzählt im Interview mit Frontal21, dies widerspreche deutlich H.s Ansichten. „Dieser Rassismus, dieser faschistische Blick auf Menschen, dieser ignorante aggressive Blick – das hat er nicht akzeptieren können, das hat ihn Zeit seines Lebens beschäftigt, solche Dinge.“
Greim betont, das Opfer habe Fanatismus jeder Art abgelehnt, sowohl von rechts als auch von links. Hass war ihm fremd. Im Interview mit der Welt offenbart Jürgen Gullmann, ebenfalls ein Bekannter H.s, dieser sei kein „Freund der AfD [gewesen]. Wobei ich da ein bisschen anderer Meinung bin, aber das hat unserer Freundschaft überhaupt keinen Abbruch getan.“
Auch auf Facebook hat sich H. politisch geäußert. Unter anderem spricht er sich dort für einen differenzierteren Umgang mit dem Islam aus und teilt Fotos und Statements von Bob Marley und Martin Luther King. Auf einem Foto ist ein Satz zu lesen, der die Absurdität der politisch rechten Instrumentalisierung seines Todes besonders unterstreicht und vermuten lässt, wie H. über die Situation gedacht hätte. Dort heißt es: „Die Nationalität ist völlig egal! Arschloch ist Arschloch!“
Die Mär vom heldenhaften Deutschen
Daniel H. wurde am Rande eines Stadtfestes am Sonntag, den 26. August, frühmorgens in eine Auseinandersetzung verwickelt, an dessen Ende er erstochen wurde – verdächtig sind ein Iraker und ein Syrer. Es kam das Gerücht auf, H. und zwei weitere Männer hätten junge Frauen vor sexueller Belästigung schützen wollen – eine Geschichte, die perfekt ins Narrativ rechter Aktivisten passt. Daraufhin sammelten sich verschiedene rechte Gruppen in Chemnitz, um tagelang unter dem Deckmantel der Trauer gegen Ausländer und Migranten zu hetzen.
Doch besagtes Gerücht stellte sich als falsch heraus, zum anderen hatte H. selbst ausländische Wurzeln, war Kubanischdeutscher mit weltoffenen und toleranten Ansichten. Er wurde in vielen Interviews mit Angehörigen und Freunden als fröhlich und gesellig beschrieben. Auch nach seinem Tod ist er in gewisser Weise ein Opfer – ein Opfer rechter Instrumentalisierung.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!