Wirtschaftsschäden durch Virus: Crash nach Corona-Schock
Erst Corona, dann stürzt der Ölpreis ab, dann brechen die Kurse ein. Das ist keine Verkettung unglücklicher Umstände, sondern eine Krise der Ölbranche.
Am Dienstag haben sich die Märkte weltweit stabilisiert. US-Präsident Donald Trump hat ein Maßnahmenpaket gegen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise angekündigt. Vorerst ein rein psychologischer Effekt, der allein schon ausreicht, weitere Panik zu verhindern. Für die breite Mehrheit der Menschen, die keine Wertpapiere besitzen, hat das Auf und Ab der Börsen und anderer Papiere wie Staatsanleihen ohnehin keine Auswirkungen.
Der Absturz am Montag hat mehrere Gründe, an deren Beginn das Coronavirus steht. Besonders China verbraucht seitdem deutlich weniger Öl, weil Fabriken stillstehen und der Verkehr vielerorts ruht. Die Ölförderer der Opec-Staaten drosselten deshalb die Förderung, Russland wollte am Wochenende nicht mitziehen, also platzte die Absprache. Am Montagmorgen war der Ölpreis so um 30 Prozent eingebrochen, das gab es zuletzt 1991 in so kurzer Zeit. Der saudische Konzern Saudi Aramco kündigte an, die Preise zu senken und noch mehr Öl zu fördern. Analysten sprachen von einem bewussten „Ölpreis-Krieg“ zwischen Russland und Saudi-Arabien.
Medien spekulierten, Russlands Präsident Wladimir Putin wolle sich an den USA für Sanktionen rächen und habe deshalb die Gespräche scheitern lassen: ein niedriger Ölpreis schade den US-Ölfirmen am meisten, die besonders teuer fördern und an Absprachen nicht gebunden wären. Eine sehr unwahrscheinliche Analyse, Putins Staatshaushalt hing 2014 zu 44 Prozent am Verkauf von Öl und Gas.
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Für den Crash an den Märkten kursierten unterschiedliche Erklärungen, die alle eine Rolle spielen dürften: „Es gibt keinen Zweifel, dass automatisierte Verkäufe durch Computer den Ausverkauf beschleunigt haben“, sagte etwa Marktanalyst Jeffrey Halley von der Handelsplattform Oanda. Außerdem ist es wohl schlicht Unverständnis; für die aktuelle Disruption des Welthandels aufgrund des Coronavirus gibt es kein historisches Beispiel, keine Schablone, nach der sich handeln ließe. „Die Leute werden verrückt. Sie verstehen die ökonomischen Einflüsse des Virus nicht und verkaufen einfach alles“, sagte Analystin Schlesinger.
Die Finanzanalystin Kathy Hipple vom Institute for Energy Economics and Financial Analysis in Cleveland, USA, geht einen Schritt weiter. Sie sieht auch ein strukturelles Problem der Ölindustrie. So sei die gesamte Fracking-Industrie in den USA in einer schrecklichen ökonomischen Verfassung. „Das Geschäftsmodell Fracking hat sich nie ausgezahlt“, sagt sie. Bereits vor dem Ölschock sei eine Welle von Pleiten unter den Firmen zu verzeichnen gewesen.
Es drohen Arbeitsplatzverluste
Ihr Institut analysierte die 30 wichtigsten Firmen, die in den USA seit zehn Jahren Öl und Gas fracken und maßgeblich dazu beigetragen haben, dass das Land heute von Ölimporten fast unabhängig ist. Bis auf wenige Ausnahmen würden alle diese Firmen permanent Verlust machen.
Allein der Ölgigant ExxonMobil habe 2019 11,7 Milliarden Dollar investiert. Alle hätten mit stabilen oder steigenden Ölpreisen gerechnet. Jetzt sinken sie. Die Auswirkungen seien noch nicht abzusehen. Vermutlich werde es aber zu Arbeitsplatzverlusten kommen, darunter in politisch umstrittenen Regionen, die in den kommenden US-Wahlen besonders umkämpft sein werden.
In Deutschland reagierten immerhin die Benzinpreise bereits auf das Überangebot. Der Durchschnittspreis für Super E10 in den 100 größten Städten hat in den vergangenen Tagen nachgegeben. Fachleute erwarten nun noch weiter fallende Preise. „Die Marktentwicklung macht sich auch beim Kunden an der Zapfsäule bemerkbar“, sagt ein Sprecher des Mineralölwirtschaftsverbands MWV. Die Kraftstoffsteuern bilden zwar einen unveränderlichen Sockel, doch die Ölkonzerne geben die Einkaufspreise ansonsten an die Verbraucher weiter.
Für die Aktienmärkte wagt derzeit angesichts der eskalierenden Coronakrise niemand eine Prognose. Nach ähnlich hohen Verlusten im Februar gab es ein paar Tage später aber wieder Rekordgewinne.
Mitarbeit: Finn Mayer-Kuckuk
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