Wirtschaftsminister Habeck entscheidet: Zahlungen für Gasumlage verschoben
Die ersten Abschlagszahlungen für die Gasumlage werden auf Ende Oktober verschoben. Der Staat will sich zudem stärker bei VNG und Uniper engagieren.
Berlin dpa/rtr/taz | Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will sich in der Debatte um die umstrittene Gasumlage mehr Zeit verschaffen. Die ersten Abschlagszahlungen sollen auf Ende Oktober verschoben werden, wie aus einem Entwurf des Wirtschaftsministeriums hervorgeht, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die Abschlagszahlungen für die Monate Oktober und November 2022 sollten „nicht vor dem 31. Oktober 2022 fällig“ sein, heißt es darin. Nach jetziger Rechtslage wären Abschlagszahlungen schon im September möglich.
An der Einführung der Umlage zum 1. Oktober will Habeck dagegen nicht rütteln. Mit der Gasumlage sollen Gasimporteure gestützt werden, die wegen der hohen Einkaufspreise für russisches Gas in Schwierigkeiten geraten. Derzeit ist die Umlage für alle Gasnutzer auf rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde festgelegt.
Habeck bemüht sich derzeit, den Kreis der berechtigten Firmen so einzuschränken, dass nur Unternehmen profitieren, die wirklich in Not sind. Mit dem Ausschluss einiger Firmen dürfte sich auch die Höhe der Umlage zumindest leicht ändern. Zudem muss die Änderung mit der EU rechtlich geklärt werden. Nach bisherigen Planungen sollte die Umlage pro Jahr etwa 34 Milliarden Euro erlösen.
Wie hoch sie letztlich für Privatkunden und Unternehmen wird, hängt unter Umständen auch davon ab, ob der Bund sich stärker als bislang bekannt bei angeschlagenen Gasimporteuren wie Uniper oder VNG engagiert. Bei VNG, der Tochter des Karlsruher Versorgers EnBW, denkt die Bundesregierung derzeit über eine Minderheitsbeteiligung nach, meldete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Donnerstag.
Verstaatlichung von Uniper wird ausgelotet
Beim kriselnden Energiekonzern Uniper lotet der Bund derzeit sogar offenbar eine Verstaatlichung aus. Die Gespräche zwischen Bundesregierung, Uniper und dem finnischen Mutterkonzern Fortum schritten voran, teilte das Unternehmen bereits am Mittwoch mit.
Aufgrund der gestiegenen Unsicherheiten prüfe man alternative Lösungen, unter anderem „eine direkte Kapitalerhöhung, die zu einer signifikanten Mehrheitsbeteiligung des Bundes an Uniper führen würde“. Die Regierung hatte im Juli ein 19 Milliarden Euro schweres Rettungspaket für Uniper geschnürt. Dieses enthielt auch eine mögliche Beteiligung des Staates in Höhe von 30 Prozent.
Das Wirtschaftsministerium hielt sich dazu bedeckt. „Wie bekannt, sind wir mit Uniper in Gesprächen. Diese Gespräche führen wir jetzt und spekulieren nicht“, erklärte eine Sprecherin. Auch die Frage, ob eine staatliche Übernahme der Firma die Gasumlage eventuell sogar unnötig mache, ließ die Sprecherin unbeantwortet.
Der Düsseldorfer Versorger ist von den Gas-Lieferkürzungen Russlands schwer getroffen. Vor zwei Wochen war der Zufluss durch die Ostseepipeline Nord Steam 1 komplett versiegt. Uniper muss wegen langfristiger Lieferverträge für den Ersatz Gas am teuren Spotmarkt erwerben – und macht dabei Milliardenverluste.
Kreditlinie ausgeweitet
Zuletzt wurde bereits eine Kreditlinie der staatlichen Förderbank KfW für den Konzern ausgeweitet. Damit sei der bestehende Kreditrahmen von bislang 9 Milliarden Euro ausgeschöpft, erklärte Uniper Ende August.
Die um die Jobs bangenden Arbeitnehmervertreter würden ein verstärktes Engagement des Bundes bei Uniper begrüßen. „Das wäre der richtige Schritt, um das Unternehmen zu stabilisieren“, sagte Konzernbetriebsratschef Harald Seegatz der Rheinischen Post. Uniper sei mit seinen rund 5.000 Beschäftigten allein in Deutschland für die Energieversorgung systemrelevant und benötige dauerhafte Unterstützung. „Deutschland braucht Uniper, und Uniper braucht den Staat“, so Seegatz. Arbeitnehmervertreter hatten bereits in einem Schreiben an die Bundesregierung um eine Mehrheitsübernahme gebeten. (taz/dpa/rtr)
Leser*innenkommentare
Joachim Petrick
"Uniper oder VNG engagiert. Bei VNG, der Tochter des Karlsruher Versorgers EnBW, denkt die Bundesregierung derzeit über eine Minderheitsbeteiligung nach, meldete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Donnerstag.
Verstaatlichung von Uniper wird ausgelotet"
Uniper überrascht mich, dass der Konzern Milliarden € an geldwerten Forderungen an Gas Hauptlieferanten Gazprom in seinen Bilanzen hat, weil Gazprom Vertragserfüllung bei Gaslieferungen nicht nachkommt, Gaskontingentlieferungen aus Russland ausbleiben. Statt dass nun Uniper Vertragspartner Gazprom fehlende Gasmengen für Lieferungen an Deutschland an Spotmärkten teuer nachkauft, ist Uniper in der Sache preistreibend unterwegs und verschuldet sich angeblich mlliardenschwer, ohne dass von Uniper Forderungen an Gazprom die Rede ist, auch nicht aus dem Robert Habeck Ministerium Klima- und Wirtschaft.
Was ist da los?
Russischer Öllieferant Konzern Rosneft wurde kürzlich unter staatliche Treuhandverwaltung Bundes gestellt. Warum geschieht das bei Gazprom nicht, mit saatlichem Durchgriffsrecht, Forderungen für Uniper einzubringen, bisher ausbleibende Begleichung von Konventionalstrafen wg. Vertragsverletzungen, Entschädigung für ausbleibendes Gas zu administrieren, womit sich Gasumlage erübrigt.
Stattdessen lesen wir seit Wochen von Gasumlage zulasten Privathaushalten Unternehmen, Uniper u. a. Gasimporteure zu retten? statt umgekehrt, dass Privathaushalte, Untermehmen Entschädigungen für Vertragsverletzungen von Gaslieferanten geltend machen Gas zu vereinbarten Konditionen zu liefern?
Das nun in Schieflage geratene VNG, Tochter Karlsruher Versorgers EnBW , der milliardenschwer von explodierenden Gaspreisen profitiert, ebenfalls vom Bund statt von Muttergsellschaft EnBW gestützt werden soll ist schon ein Ding. Dass EnBW aber auch noch an Gasumlage partizipieren will, schlägt dem Fass den Boden aus
82286 (Profil gelöscht)
Gast
@Joachim Petrick Ich verstehe Ihre "Entrüstung" (ein Wort, aus der Zeit gefallen). Auf dem FreienMarkt für gelbe, rosa oder blaue Quitschenten darf sich sich derselbige austoben. Aber wenn es es um die Daseinsfürsorge der Bevölkerung geht, gibt es nur einen Akteur.
Die nach meiner Meinung die Wichtigsten Bereiche:
Freie Presse (Lizensen an Redaktionen, nicht an Unternehmen)
Gewalt: das staatliche Gewaltmonopol kann nicht an profitorientierte Unternehmen ausgelagert werden.
Finanzen: Der Staat bestimmt, mit was bezahlt wird. Nicht die Banken.
Gesundheit: Alle Kreiskrankenhäuser sind wieder unter kommunale Verwaltung zu stellen. Private Krankenkassen gibt es nicht mehr.
Wohnen: alle ehemals öffentliche, an private Unternehmen verkauften Wohnungen sind zurückzukaufen (Gruß an Finanzminister Söder !).
Was mir besonders am Herzen liegt: Diesem unseeligen Stiftungswesen für Privatpersonen und/oder Firmen, muß ein Ende gesetzt werden. Das gilt auch für Herrn Hoppe.
Niemals
„Da kommt schon ein bisschen was zusammen. Aber das ist nicht das, was Deutschland diskutieren wird und auch tragen wird und wird tragen müssen im nächsten Jahr.“ Habeck ... nunja, es kommt halt ein "bisschen was" zusammen, im vierstelligen Bereich.
Niemals
„Da kommt schon ein bisschen was zusammen. Aber das ist nicht das, was Deutschland diskutieren wird und auch tragen wird und wird tragen müssen im nächsten Jahr.“ Habeck ... nunja, es kommt halt ein "bisschen was" zusammen, im vierstelligen Bereich.
Lee Ma
Es zeigt auf jeden Fall schon mal, dass Politiker NICHT wissen, wie das bei Menschen mit wenig Geld so ist. Es gibt keinen unpassenderen Zeitpunkt für Zahlungen als ENDE des Monats. Lediglich wer z.B. eine Rente bekommt, hat am letzten des Monats ab 12 Uhr wieder Geld auf dem Konto. Viele andere wissen nicht, wie sie den Zeitraum zwischen 20. und 31. des Monats überbrücken sollen. Was es da dringend als Hilfe braucht, sind größere Geldforderungen, die man begleichen soll. Mehr Luft verschaffen war selten ...
82286 (Profil gelöscht)
Gast
@CASIO
Sie haben Recht. Mit dem mehrheitlich gewollten Eintritt eines Krieges gegen Russland, sind auch die Kosten auf ALLE umzulegen und die Kriegsgewinnler steuerlich abzuschöpfen. Zudem müssen die Firmen, die zwar zig Millionen für die Entwicklung alternativen Energien kassiert haben, deren Verwirklichung aus Kostengründen aber nicht vorangetrieben haben. Aber statt dessen über unseriöse Drückerbanden (Call-Center) undurchschaubare "Billigst-Tarifverträge" verkauft haben. Unterstützt von Verbraucherverbänden. Das gilt nicht nur für Gas. Die ENBW hat ihre eigene gegründet: "Yellowstrom" heist die. P.S. Ich bin kein Betroffener.
82286 (Profil gelöscht)
Gast
@82286 (Profil gelöscht) Als der Oberhammer ist dem noch anzufügen, daß die SCHUFA den Tricksern die tricki Verbraucher melden wollte, die deren Tricks ausnutzten (Tarifhopper).
651741 (Profil gelöscht)
Gast
Haben wir eine SPD und auch Grüne in der Regierung? Die haben jetzt schon fertig und sind noch keine 12 Monate am Ruder. So wird das nichts. Es wird kommen wie in Schweden, leider.
82286 (Profil gelöscht)
Gast
@651741 (Profil gelöscht) Sehnse mal nicht zu schwarz, weil
1. German-Phlegma
2. FDP
SeppW
Schön daß wir mit Steuergeldern indirekt die Renten der Finnen sichern. Uniper ist im Portfolio des finnischen staatlichen Rentenfonds ein großes Gewicht.
Sonnenhaus
Hr. Habeck befindet sich derzeit fest in der Hand der ewig Gestrigen (CDU/CSU, FDP) und Vorgestrigen (AfD, Freie Wähler) und lässt sich von ihren Diskussionsbeiträgen treiben. Sein größter Fehler ist die grenzenlose Kompromissbereitschaft - nur um die Koalition zu erhalten.
Nur durch wesentlichen Druck aus den Reihen der Klimabewegung gelingt es langsam, gegen massive Lobbyarbeit der "alten" Energiewirtschaft Korrekturen zu erreichen.
Sein Beraterteam ist wohl den Herausforderungen nicht gewachsen.
Seine persönliche Fachkompetenz liegt eben leider nicht im Wirtschaftsressort.
Hier zeigt sich eben wieder, das es eben nicht egal ist, welche persönlichen Kompetenzen der Politiker in sein Ministeramt mitbringt.
Wie im richtigen Leben eben auch gilt; im Falle einer Einstellungsbewerbung wird über ein Assessment die persönliche Kompetenz für die zu besetzende Stelle geprüft.
Ist es also ein Wunder? Nein.
Sonnenhaus
da empfehle ich nachfolgenden Beitrag:
www.klimareporter....te-energiedebatten
Gerald Müller
Habeck wirkt wie ein Getriebener der nur noch reagieren, aber nicht mehr agieren kann. Ich sehe auch keinerlei Aktivitäten die auf eine Überwindung der Krise hindeuten und längerfristige Perspektive ermöglichen könnten. Aber sowas zu entwickeln liegt wahrscheinlich sowieso ausserhalb seiner offensichtlich begrenzten Fähigkeiten zur Planung und Handlung, Wo Reden nicht mehr reicht, ist offensichtlich sein Potenzial eschöpft.
Alex_der_Wunderer
@Gerald Müller Auch wenn ich Ihren Eindruck, den Habeck vermittelt , durchaus teile, so sollte man schon bedenken, der Robert tüftelt ja nicht allabendlich, an seinem Schreibtisch, irgendwelche Lösungskonzepte aus...
Die ausgearbeiteten Konzepte bescheren ihm andere " schlauen " Köpfe - sicherlich nicht ohne sich zuvor von den entsprechenden Lobbyisten " unterrichten " zu lassen was von Industrie und Wirtschaft gewünscht wird...
casio
Die Gasumlage ist höchst unsozial! Sie gehört gar nicht erst eingeführt.