Wirtschaftliche Lage in Deutschland: Teufelskreis der schlechten Laune
In Deutschland arbeiten so viele Menschen wie nie zuvor. Dennoch ist die Stimmung in der Wirtschaft mies. Ein Grund dafür ist der Hickhack in der Ampel.
I ndividuell kann Arbeitslosigkeit dramatisch sein. Ökonomisch und gesellschaftlich betrachtet aber ist die leicht auf 6,1 Prozent gestiegene Arbeitslosenquote, die die Bundesagentur für Arbeit kürzlich vermeldete, keine Katastrophe. Zum Vergleich: Mit 13 Prozent und fast fünf Millionen Jobsuchenden war das Problem 2005 viel drückender als heute.
Und ein wichtiger Punkt wird oft vergessen: Seit der Wiedervereinigung haben noch nie so viele Leute in Deutschland gearbeitet wie jetzt – über 46 Millionen. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Wirtschaft grundsätzlich intakt ist, die große Mehrheit der Unternehmen leistungsfähig und die Rechtsordnung solide.
Trotzdem steckt das Land in einem Teufelskreis der schlechten Laune. Mit ihrem Hickhack tragen die drei Parteien der Bundesregierung einiges dazu bei. Mancher Firmenvorstand hat wahrscheinlich auch deshalb keine Lust auf Investitionen. Man wartet einfach mal ab. Die Lage verschlechtert die Laune und umgekehrt.
Den großen Veränderungsprozess, in dem Deutschland steckt, kann man der Regierung jedoch nicht anlasten. Zum Beispiel die Umstellung von fossiler auf erneuerbare Energie sollte so oder so passieren. Diese weltweit stattfindende Transformation ist teuer, kompliziert, ihr Fortgang ungewiss. Das verunsichert sowohl Unternehmen als auch Privathaushalte.
Auch die neuen globalen Gegensätze zwischen den ökonomischen und politischen Weltmächten sind dem Willen der deutschen Regierung zum guten Teil entzogen. So kann diese oft nur reagieren und muss versuchen, das zu stark auf China ausgerichtete deutsche Wirtschaftsmodell durch neue Import- und Exportbeziehungen zu anderen Staaten auszubalancieren.
Allerdings werden jetzt auch die Grundlagen für den Aufschwung gelegt. Einiges geht voran: schnellere Genehmigungen, riesige Mengen Ökostrom, große Industrieansiedlungen, Einbürgerung von Geflüchteten, die mit anpacken wollen. Die nächste Gute-Laune-Phase wird kommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Lektionen der Woche
Deutschland ist derweil komplett im Wahn