Wirtschaft ohne Kohlendioxidemissionen: Ein Klimaziel für die halbe Welt
Die UN startet eine Kampagne für eine CO2-freie Wirtschaft bis zum Jahr 2050. Doch viele Konjunkturprogramme schaden der Umwelt.
Berlin taz | Auch wenn die UN-Klimakonferenzen in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt sind und die Politik auf der Ebene der Staaten kaum vorankommt, soll die Politik gegen die Erhitzung von unten weitergehen: Inzwischen haben sich weltweit Städte, Regionen und Unternehmen zur Klimaneutralität bis 2050 verpflichtet, die ein Viertel der weltweiten CO2-Emissionen und über die Hälfte der globalen Wirtschaftsleistung kontrollieren. Das ist die Nachricht, mit der die „Allianz für Klima-Ambition“ am Freitag zum weltweiten Tag der Umwelt an die Öffentlichkeit ging.
Die Allianz wird vom UN-Klimasekretariat sowie von Chile und Großbritannien angeführt, den Ausrichtern der vorigen und nächsten Konferenz. In ihr sind nach UN-Angaben inzwischen etwa 1000 Unternehmen, 458 Städte, 24 Bundesstaaten und Regionen, circa 500 Universitäten und 36 Finanz-Großinvestoren engagiert. Sie starten die Kampagne „Race to Zero“, in der sie sich das Ziel setzen, bis spätestens 2050 nicht mehr Treibhausgase auszustoßen als sie etwa durch Wälder binden. „Das ist keine Kampagne von morgen, sondern von heute“, sagte die Chefin des UN-Klimasekretariats, Patricia Espinosa, „sie muss in den Ländern helfen, bessere Klimapläne aufzustellen, die in diesem Jahr fällig sind.“
Seit dem Pariser Abkommen 2015 und der Blockade auf UN-Ebene setzen die KlimaschützerInnen immer mehr auf „Nicht-staatliche Akteure“ im Klimaschutz. Nach einer Analyse des britischen Thinktanks ECIU werden inzwischen 53 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung in Regionen produziert, die sich auf Netto-Null-Emissionen spätestens 2050 geeinigt haben.
„Der Klimawandel wartet nicht, und wir auch nicht“, sagte Nestlé-Chef Mark Schneider, „wir brauchen schnelle Erfolge, wenn wir uns von Covid-19 erholen“. Auch Alok Sharma, britischer Staatssekretär für Wirtschaft und designierter Präsident der Klimakonferenz von Glasgow, warnt: „Wie wir unsere Wirtschaft nach der Krise wieder aufbauen, wird einen großen Einfluss auf unseren Planeten haben.“
Das sieht bislang allerdings eher düster aus. Denn die 3,5 Billionen Dollar, die in den 17 großen Volkswirtschaften der Welt in Konjunkturprogramme fließen, gehen weiterhin zu einem großen Teil an Branchen, die der Umwelt schaden. Das findet eine aktuelle Übersicht des Instituts „Vivid Economics“. Demnach überwiegen in 13 Ländern die negativen Umweltfolgen der Hilfsprogramme.
Weit vorn dabei sind die USA mit fast 480 Milliarden Dollar in „braune“ Techniken wie Öl und Autos, aber auch in Südafrika, Russland, China, Indien und Brasilien ist die Bilanz negativ. Besser sieht es beim Green Deal der EU, in Großbritannien und Frankreich aus. Auch in Deutschland überwiegen die negativen Einflüsse für die Umwelt, allerdings ist das aktuelle Konjunkturpaket noch nicht berücksichtigt.
Leser*innenkommentare
satgurupseudologos
" Inzwischen haben sich weltweit Städte, Regionen und Unternehmen zur Klimaneutralität bis 2050 verpflichtet, die ein Viertel der weltweiten CO2-Emissionen und über die Hälfte der globalen Wirtschaftsleistung kontrollieren"
wenn sie diese sie wirklich kontrollieren würden wäre das c02-problem leicht lösbar und ein viel schnellerer ausstieg aus dem fossilismus möglich
alle demokratien der welt sollten in der frage des klimaschutzes handeln als wären sie ein einziger staat
dafür brauchen sie ein direkt gewähltes gemeinsames klimaschutz-parlament und am besten auch noch die möglichkeit von referenda
gäbe es diese institutionen so könnten alle demokratien gleichzeitig und also wettbewerbsneutral die von mir vorgeschlagenen individuellen progressiven sowohl mit der höhe der emissionen als auch mit dem einkommen steigenden co2 steuern einführen
und so den ausstieg aus dem fossilismus beschleunigen
das ziel der klimaneutralität könnte dann schon in zehn jahren statt erst in 30 jahren erreicht werden
ausserdem wäre die verhandlungsmacht gegenüber china dass beim klimaschutz auch mitmachen muss grösser.
2.damit keine öffentlichen mittel-die für einen sozialverträglichen schnellen ausstieg aus dem fossilismus benötigt werden - für aufrüstung verschwendet werden-sollte im rahmen einer entspannungspolitik mit china und russland ein vertrag zur beendigung des wettrüstens geschlossen werden
Drabiniok Dieter
Das Wumms-Programm erhält die Illusion aufrecht, dass durch zusätzlichen Energieeinsatz (Aufbau zusätzlicher Industrie, Technologie, Verfahren und Anlagen), zusätzlichen Energieverbrauch (Einsatz dieser zusätzlichen Industrien und Produkte), zusätzliche Energieabnehmer (Digitalisierung, E-Mobilität, "Smart-City", 5G, 6G, ...) Klimaschutz betrieben wird.
Was in dem Wumms-Programm steht, genauer die erhofften (!) Emissionsminderungen, können h e u t e und in den verbleibenden Zeit bis 2050 nicht zu den erforderlichen CO2 Einsparungen führen (CO2- und ökologischer Rucksack!). Es ist wie ein "Diätprogramm", das damit wirbt, durch den Verzehr zusätzlicher Energiebomben (Tiramisu, Eistorte oä.) das Körpergewicht zu reduzieren. Deshalb ist es auch so beliebt!
Ziel ist es doch, die (Welt-)Wirtschaft wieder auf Vor-Corona Niveau zu bringen. Die schönen Bilder, welche die Abnahme der Luftbelastungen durch Corona sogar farblich belegen, sollen in Kürze wieder die Ursprungsfarben zeigen. Sie müssen zwangsläufig durch die Billionen-Investitionen für zusätzliche Industrien sogar noch dunkler werden, wenn nicht parallel Altes stillgelegt oder verboten wird.
Die verbleibende Zeit, der Zeitfaktor, spielt bei den Entscheidern keine Rolle. Es zählt nur die (ökonomische) Gegenwart, die systematisch mit Zukunftsillusionen geschützt werden muss. Vor Wahlen möchte kein Wähler von Politkern hören, dass er/sie abnehmen muss, um gesund zu bleiben.