Wintersport im Fernsehen: Und nun zurück nach St. Moritz!
Gibt es zu viel Wintersport im TV? Keineswegs. Jede einzelne Minute in der Loipe, auf der Piste und am Schanzentisch ist pures Vergnügen.
Der Winter ist in Val di Fiemme, mit ganz viel Kunstschnee in Dresden, in den österreichischen Käffern Bad Kleinkirchheim und Tauplitz, in Wengen im Berner Oberland, drüben im japanischen Sapporo, bei uns in Oberhof und Ruhpolding und im noblen St. Moritz. Und er ist im ZDF.
9.50 Uhr. Nordische Kombination, Springen und Teamsprint
Volker Grube meldet sich aus Val di Fiemme. Er wird erklären, worum es geht. Zuerst gehen die Sportler über eine Skisprungschanze, dann geht es auf die Langlaufloipe. Langlaufen kann auch Reporter Grube. Er spürt den Schnee. „Frenzel gewinnt“, sind so Sachen, die er dann sagt.
Der Deutsche Erik Frenzel ist einer der besten Kombinierer der Welt. Wer sagt, dass er sich einen Sieg von Frenzel vorstellen kann, liegt nie falsch. Über die Schanze ist Grube nicht gegangen. Er lässt die Kombinierer springen. Es ist der ideale Prolog für das große Wintersportstück des Tages. Wer währenddessen frühstücken möchte, bitte sehr! Es wird sich keiner vor Aufregung an der Butterbrezel verschlucken. Mahlzeit!
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und rund um die Uhr bei Facebook und Twitter.
10.45 Uhr. Alpiner Ski-Weltcup, Abfahrt Frauen
Es geht nach Bad Kleinkirchheim. Bis die erste Läuferin startet, gibt es viel zu erzählen über die Piste, die schon seit dem Sommer vorbereitet werden musste. Es geht um A-Netze und B-Netze. Die einen sind vier Meter hoch, die anderen ein wenig niedriger. Fast drei Kilometer Netze werden für eine Abfahrt verbaut. Es soll ja keine sterben, wenn sie stürzt. Der Abfahrtsport ist eine Hochrisikodisziplin. Die schnellen Frauen riskieren viel, wenn sie mit 100 Kilometer pro Stunde gen Tal gleiten. Ein erster Höhepunkt.
11.47 Uhr. Weltcup-Skispringen Frauen
Aus dem japanischen Sapporo gibt es eine Zusammenfassung. Das Springen ist dann längst vorbei. Wenn es die technischen Direktoren gut mit den Sportkonsumenten meinen, dann geben sie den Athletinnen viel Anlauf, auf dass sie möglichst weit springen. Das geht nicht immer gut. Die Deutsche Svenja Würth ist beim Weltcup in Hinterzarten vor ein paar Wochen schwer gestürzt. Gute Besserung ihr! Sie hat einen hohen Preis gezahlt für die Lust der Fans am Skispringen. Darüber kann man sich aufregen – und dabei dann den letzten Kaffee aus der Frühstückskanne trinken.
12.00 Uhr. Rodel-Weltcup. Doppelsitzer
Zwei Männer auf einem Ding, das an einen Schlitten erinnern soll, rasen einen Eiskanal runter. Sitzt Tobias Wendl oben oder Tobias Arlt? Norbert Galeske weiß es. Es ist leicht, sich über die Männer in ihren windschnittigen Gummianzügen lustig zu machen, die sich in die Eisröhre stürzen. Ein paar dicke Deutschländerwürstchen, bitte. Aber sie machen etwas, was wirklich niemand nachmachen kann. Ein Rennschlitten ist kein Wok und erfordert irrsinnige Koordination.
Deutsche Rodler sind eine Bank, wenn es bei Olympia um Goldmedaillen geht. Da können auch Doppelsitzer wichtig werden. 1984 bei Olympia in Sarajevo hat die BRD nur zwei Mal Gold gewonnen. Ein Biathlet und das Rodlerpaar Hans Stangassinger und Peter Wembacher. Keiner hat damals über sie gelacht. Auch Rennrodeln kann wichtig sein. Bitte nicht lachen!
12.25 Uhr. Alpiner Ski-Weltcup, Abfahrt Männer
Zurück zum großen Wahnsinn des Wintersports. Zwei Abfahrer haben in diesem Jahr schon ihr Leben auf der Piste gelassen – der Franzose David Poisson und der deutsche Nachwuchsfahrer Max Burkhart. Seitdem werden die Pisten schon mal entschärft. Aber spektakulär soll es bitte schon bleiben – siehe oben! Unvergessen ist der Sturz des Österreichers Gernot Reinstaller in der S-Kurve direkt vor dem Ziel der Lauberhornabfahrt von Wengen. Es war ein Schock. Geht es am Samstag in Wengen gut? Zeit für ein erstes Bier.
13.40 Uhr. Bob-Weltcup, Frauen
Martin Wolf meldet sich aus St. Moritz mit einer Zusammenfassung des Frauenrennens. Freuen wir uns für ihn. Wer kann sich schon auf eigene Kosten einen Trip nach Graubünden leisten. Er berichtet von den stärksten Frauen im Wintersport. Viel zu kurz eigentlich.
13.55 Uhr, Langlauf-Weltcup, Sprint Damen und Herren
Wer ist nur auf die Idee gekommen, am Elbufer in Dresden ein Langlaufrennen zu veranstalten? Ein deutscher TV-Journalist war es. René Kindermann vom MDR fand die Idee ganz toll, ganz viel Kunstschnee an die Elbe zu karren. Gut, dass heute das ZDF überträgt, sonst könnte glatt jemand auf die Idee kommen, im deutschen Fernsehen sei unabhängige Berichterstattung nicht immer garantiert. Der Gewinner steht fest bei diesem Rennen: Es ist die Stadt. Die Silhouette von Dresden ist im Bild und niemand redet von Pegida.
14.17 Uhr. Biathlon-Weltcup, 4 x 6 Kilometer Staffel der Frauen
Aus Ruhpolding gibt es die Königsdisziplin des deutschen Wintersports. Vier Frauen rennen und schießen für ihr Land. Menschen, die auf Dinge zielen, haben Sportfans schon immer begeistert. Das ist beim Darts nicht anders als beim Biathlon. Bei Letzterem haben die Schützinnen immerhin sportliche Figuren und kommen auch mal außer Atem. Wer nicht auf deutsche Gaudimusik steht, sollte den Ton der Übertragung abdrehen. Ruhpoldinger Biathlon-Stimmung ist nur stark alkoholisiert zu ertragen. Trinken wäre also auch eine Option.
15.50 Uhr, Weltcup Nordische Kombination, 2 x 7,5 Kilometer Teamsprint
Jetzt geht es zurück nach Val di Fiemme, wo erst der eine aus dem Team 7,5 Kilometer langlaufen muss und dann der andere. Volker Grube erklärt wieder genau, wie alles funktioniert. Das ist nicht so einfach. Die Sprünge müssen in Zeiten umgerechnet werden. Achtung Mathe! 1,2 Punkte werden je Meter gutgeschrieben. Wer 30 Punkte Rückstand auf der Schanze hat, muss eine Minute warten, bis er starten darf. Manchmal gibt es einen Zielsprint. Das kann man spannend finden.
16.25 Uhr. Weltcup-Skispringen, Herren
In Bad Mitterndorf am Kulm kann man 244 Meter weit springen. Skifliegen nennt man es, wenn es so weit geht. Man kann sehen, wie sehr die schmalen Springerkörper belastet werden, wenn sie vom Himmel auf den Hang fallen. Wenn es richtig weit wird, wird’s gefährlich. Manche Springer haben Werbung von Red Bull auf ihrem Helm. Wer den Schriftzug sieht, weiß: Hier geht es um Leben und Tod. Darauf einen Magenbitter!
16.50 Uhr, Rodel-Weltcup, Frauen
Der Epilog kommt noch einmal aus Oberhof, wo die Frauen durch den Eiskanal rodeln. Da sind deutsche Erfolge so gut wie sicher. Das ZDF schenkt ihren Zuschauern zum Abschluss des Wintersporttags einen Sieg. Vielen Dank dafür! Und Schluss mit Wintersport nach sieben irren Stunden. Jetzt gibt es eine Stunde Pause. Dann beginnt im Ersten die Sportschau. Mit Fußball. Soll ja auch ganz interessant sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles