Wiederaufbaufonds für die EU: Merkel fährt jetzt auf SPD-Kurs

Der Widerstand in der Unionsfraktion gegen den Macron-Merkel-Plan bleibt verhalten. In der SPD zeigt man sich zufrieden.

Merkel und Macron wollen für Europa ein Corona-Hilfspaket über 500 Milliarden Euro schnüren Foto: Kay Nietfeld/pool/reuters

BERLIN taz | Klaus-Peter Willisch, CDU-Abgeordneter aus Limburg, sieht durch den Macron-Merkel-Plan Deutschland in Gefahr. Deutschland müsse zwar nur gemäß seiner Wirtschaftskraft für das 500-Milliarden-Paket zahlen. „Die Schaffung einer eigenständigen Verschuldungsoption der EU öffnet aber die Büchse der Pandora“, so Willisch, der im Bundestag gegen den Plan stimmen wird. Allerdings ist das wenig überraschend. Der CDU-Rechte hat in der Vergangenheit stets gegen Eurorettungsprogramme gestimmt.

Der Ton in der Unionsfraktion ist nach Macron und Merkels Überraschungscoup eher freundlich. Obwohl in der Union viele auf Sätze, in denen „EU und Schulden“ vorkommen, reflexhaft allergisch reagieren, klingt die Kritik verhalten.

„Deutschland und Frankreich dürfen nicht quer im Stall stehen“, sagt Gunter Krichbaum, CDU-Abgeordneter und Vorsitzender des Ausschuss für EU-Angelegenheiten. Der Plan sei daher „ein wichtiges Signal, um die weit auseinanderliegenden ­Positionen in der EU zu verbinden“. CSU-Mann Hans Michelbach, der stets routiniert vor Schulden in der EU warnt, will hingegen „sehr kritisch prüfen, ob damit nicht durch die Hintertür eine gesamtschuldnerische Haftung eingeführt werden soll“.

Krichbaum sieht diese Gefahr nicht. Denn der Plan „beinhaltet keine gesamtschuldnerische Haftung, sondern nur eine anteilige. Das ist nichts Neues. Eine anteilige Haftung gibt es auch beim ESM-Rettungsschirm“, so Krichbaum zur taz. Der Europapolitiker vermisst bei den Neinsagern in der Union das Konstruktive: „Wir müssen einen Weg finden, in der EU solidarisch zu handeln. Schon rein wirtschaftlich wird es uns nicht gut tun, wenn andere EU-Länder absaufen.“

Copyright bei SPD

Also alles wie immer? So ist es nicht. Was in der Union nun scheinbar als unvermeidlich abgenickt wird, galt lange als Tabu: Gemeinschaftsanleihen in der EU und die Finanzierung von Investitionen in Südeuropa. Merkel hat bei dem Deal zuvor hartnäckig verteidigte Positionen geräumt. „Macron ist Berlin beim Volumen entgegengekommen, Merkel hat ihre Vorbehalte gegen Zuwendungen aufgegeben“, so Krichbaum.

Im Grunde ist Merkel auf die Linie der SPD eingeschwenkt, für die sich Finanzminister Olaf Scholz offen gezeigt hatte. Achim Post, SPD-Parlamentarier und früher Europaabgeordneter, unterstreicht, dass die SPD das Copyright auf „gemeinsame europäische Anleihen und solidarische Investitionszuschüsse“ hat. Die SPD-Fraktion, so die Botschaft, unterstützt Merkels Plan. „Auch wenn ich diesen Kursschwenk von ihr früher erwartet hätte“, so Post.

Will sagen: Nur weil Merkel so lange zögerte, wuchs die Wut in Südeuropa auf das verstockte Berlin. Die Kanzlerin müsse nun „mit aller Kraft und Klarheit für die deutsch-französischen Pläne werben“. Kritisch sieht SPD-Mann Post das Volumen. Wenn möglich, müssten es „mehr als 500 Milliarden werden“.

Kurzum: Angela Merkel covert sehr spät eine Idee der SPD.

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