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Wieder im KinoVorwärts und rückwärts

Die Hackeschen Höfe feiern das DEFA-Kino, das Klick Kino würdigt den Filmpionier Edmund Edel, das Babylon Mitte den großen Regisseur Christopher Nolan.

„Dunkirk“, (2017) Regie: Christopher Nolan Foto: Babylon Mitte

M einen ersten Kontakt zum Romanzyklus „Lederstrumpf“ des amerikanischen Schriftstellers James Fenimore Cooper hatte ich als Jugendlicher mit einer „gekürzten und für die Jugend bearbeiteten“ Ausgabe. Das war auch keineswegs ungewöhnlich, denn spätestens in der Nachkriegszeit des letzten Jahrhunderts hatte man Romane mit abenteuerlichen Handlungen von Autoren wie eben Cooper oder auch Robert Louis Stevenson und Daniel Defoe längst als Jugendliteratur (ab)klassifiziert.

Das ist natürlich Unsinn: Coopers fünf Lederstrumpf-Romane, die das Leben des Trappers Nathaniel Bumppo (und seines Freundes, des Mohikaners Chingachgook) über einen Zeitraum von rund 60 Jahren zum Inhalt haben, sind bei aller Abenteuerlichkeit jedenfalls ein breit angelegtes und durchaus kritisches Panorama der Inbesitznahme und Besiedlung des amerikanischen Westens in der Zeit ab 1740 sowie der sukzessiven Verdrängung und Auslöschung der Ureinwohner.

Letzteres dürfte auch der Anknüpfungspunkt für die DEFA-Produktion „Chingachgook, die große Schlange“ (1967, R: Richard Groschkopp) gewesen sein, denn die „Indianerfilme“ der DDR hatten natürlich immer einen antikolonialen Aspekt. Der Film beruht auf „Der Wildtöter“, der zeitlich in die jungen Jahre seiner Helden fällt, und den Cooper 1841 tatsächlich als letzten Roman des Zyklus' geschrieben hatte.

Bereits der Filmtitel macht deutlich, wer hier im Mittelpunkt steht – mit dem Serben Gojko Mitić hatte die ostdeutsche Filmproduktion im Übrigen einen überaus populären und durchaus überzeugenden „Indianerdarsteller“ an der Hand.

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Das alles hat natürlich wenig mit US-Western zu tun, aber da sich der Film im Wesentlichen an die Handlung des Romans hält und lediglich den Aspekt der notwendigen Solidarität der verschiedenen Stämme der Ureinwohner etwas überbetont, ist er auch eine der besten Verfilmungen. Das Kino Hackesche Höfe zeigt eine 35mm-Kopie im Rahmen der Reihe Meisterwerke des DEFA-Kinos (14.10., 19.30 Uhr, Hackesche Höfe Kino).

Wer den deutschen Stummfilm „Die Börsenkönigin“ (1916/18) schon einmal gesehen hat, dürfte dies vermutlich im Zusammenhang mit Werken des dänischen Filmstars Asta Nielsen getan haben. Denn sie spielt die Titelrolle einmal mehr als Porträt einer starken Frau, der Besitzerin einer Kupfermine, die sich – bei allen Eifersuchtsdramen, die es zwischenzeitlich zu bewältigen gibt – in einer Männerwelt durchsetzt.

Die Vorstellung im Rahmen der Reihe „Buch & Film“ im Klick Kino verschiebt den Fokus allerdings mehr in Richtung des Regisseurs und Filmenthusiasten Edmund Edel (1863-1934), der neben seinen Tätigkeiten als Illustrator, Schriftsteller und Drehbuchautor in der zweiten Hälfte der Zehner Jahre des vorigen Jahrhunderts einige Regiearbeiten realisieren konnte.

Zu Gast ist mit dem Literatur-und Kulturwissenschaftler Björn Weyand der Herausgeber der Edel-Werkausgabe im Quintus Verlag, der Edels gerade wiederveröffentlichten Roman „Das Glashaus“ vorstellt, eine Satire aus dem Kinomilieu (13.10., 20 Uhr, Klick Kino).

Wie man den Kommerz des Blockbusterkinos mit einer persönlichen Note und mit intellektuellem Anspruch versehen kann, zeigt immer wieder der britische Regisseur Christopher Nolan, dem das Babylon Mitte jetzt eine 12-teilige Filmreihe widmet.

Da kann man dann noch einmal miterleben, wie Batman deprimiert und mit gebrochenem Rückgrat eine gefühlte Ewigkeit in einem Kerker dahin modert, während die Action ganz woanders stattfindet (The Dark Knight Rises“, 2012). Oder man sieht zu, wie in der Agentengeschichte „Tenet“ (2020) die Zeitebenen derart durcheinanderkommen, dass die Autos in einer Verfolgungsjagd gleichzeitig vorwärts und rückwärts fahren.

Auch immer empfehlenswert: das Kriegsdrama „Dunkirk“ mit seinem wahnwitzigen Bild- und Tonbombardement, bei dem der Regisseur die Zeit derart dehnt und komprimiert, dass sich auf drei verschiedenen Zeitebenen der Eindruck von unmittelbarer Gleichzeitigkeit vermittelt (Dunkirk, 13.10., 17 Uhr, 14.10. 17.15 Uhr, Tenet, 13.10., 22.15 Uhr, The Dark Knight Rises, 14.10., 22.30 Uhr, Babylon Mitte).

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Lars Penning
Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.
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