Wieder im Kino: Fantasy und Handzeichnung
Diese Woche auf der Leinwand: Best of Brigitte Bardot und der Sci-Fi-Trash-Streifen „Barbarella“. Der Anime-Künstler Kosuke Hayashi kommt nach Potsdam.
B evor sich die mittlerweile auch schon 90-jährige Brigitte Bardot dem radikalen Tierschutz verschrieb und mit fremdenfeindlichen Äußerungen unangenehm auffiel, war sie bekanntlich eine Schauspielerin und Sängerin – und wahrlich keine schlechte. Noch wichtiger aber war ihre Rolle als ein weltweit sichtbares Symbol für einen jugendlichen Aufbruch in die filmische Moderne gegen Ende der 1950er Jahre.
Exemplarisch zu sehen ist dies in „Et dieu creá la femme“ („…und immer lockt das Weib“, 1956), dem Debütfilm ihres damaligen Gatten Roger Vadim. Das Melodram um eine attraktive „Kindfrau“ zwischen mehreren Männern besticht mit einer ohne jede Entschuldigung offen zur Schau gestellten Sinnlichkeit, deren Natürlichkeit seinerzeit auch die späteren Regisseure der Nouvelle Vague beeindruckte, die in Vadim ein Vorbild erblickten.
Als Louis Malle („Vie privée, 1962) und Jean-Luc Godard („Le mépris“, 1963) dann später mit Bardot Filme drehten, reflektierten sie auf intelligente Weise bereits ein Image: Publikumsmagnet, Schlagzeilenlieferantin, vielfach kopiertes Sexsymbol. Auch immer sehr lustig: Louis Malles „Viva Maria!“ (1965), ein Genremix im Nouvelle Vague-Stil, in dem die Bardot als irische Anarchistin mit Jeanne Moreau ein wahrlich revolutionäres Duo bildet. Im Babylon Mitte läuft in der kommenden Woche eine siebenteilige Reihe mit einigen der besten Filme von Brigitte Bardot, die ein Wiedersehen auf großer Leinwand allemal wert sind (Bardot-Reihe: Et dieu… créa la femme, 8.6., 17.30 Uhr; Vie privée, 9.6., 22 Uhr; Le mépris, 5.6., 22.30 Uhr, 6.6., 17 Uhr, 9.6., 20 Uhr; Viva Maria!, 9.6., 21.45 Uhr, Babylon Mitte).
Eines konnte Roger Vadim zweifellos besonders gut: die erotischen Qualitäten seiner jeweiligen Lebensabschnittsgefährtinnen filmisch ins rechte Licht zu rücken. Das trifft natürlich auch auf Jane Fonda in „Barbarella“ (1968) zu, einer Comic-Verfilmung aus der Psychedelic-Blütezeit, in der sich eine naive 5-Sterne-Astronavigatrix auf einem fernen Planeten durch ein Land milder sadistischer Quälereien treiben lässt. Da kommt auch der „Orgasmotron“-Apparat zwischenzeitlich schon mal an den Rand der Leistungsfähigkeit.
Der Film ist reine Oberfläche, allemal mehr Stil als Inhalt: Alles wabert schön bunt vor sich hin, fotografiert mit verzerrten Perspektiven durch allerlei Plasikblasen und Plexiglasröhren. Als Jane Fonda wenig später zu ihrer Berufung als Politaktivistin fand, hatte sie mit dem „Barbarella“-Image doch ein wenig zu kämpfen – nicht zuletzt aufgrund der Striptease-im-Weltall-Titelsequenz. Aber hat das wirklich jemals jemand ernst genommen? (6.6., 22 Uhr, Babylon Mitte).
Hangezeichnet mit Hayashi
Der Computer und seine Rechenleistung haben die Arbeitsprozesse und die Ästhetik von Animationsfilmen seit vielen Jahren radikal verändert. Umso ungewöhnlicher ist es, wenn ein noch vergleichsweise junger Künstler in diesem Arbeitsfeld vor allem für seine Handzeichnungen bekannt ist. Der 41-jährige Kosuke Hayashi ist als Art Director und Hintergrundmaler tätig, in letzterer Funktion zuletzt beim Studio Ghibli für Hayao Miyazakis bislang jüngsten Film „Der Junge und der Reiher“ (2023), eine an einen Roman von Genzaburō Yoshino angelehnte Fantasy-Jugendgeschichte, die der Regisseur mit eigenen Erinnerungen an die Zeit des Zweiten Weltkriegs versetzte.
In der Ausstellung „Art for Animation: Kosuke Hayashi“ in der Riekeles Gallery in Potsdam sind bis zum 5. Oktober Kosuke Hayashis Arbeiten zum genannten Miyazaki-Film zu sehen, ebenso wie jene zu Sunao Katabuchis Film „In This Corner (and Other Corners) of the World“ (2016/19), einer Mangaverfilmung über das Leben einer jungen Frau in Hiroshima während des Zweiten Weltkriegs.
Im Anschluss an die Vorführung des Films von Sunao Katabuchi im Filmmuseum Potsdam ist Kosuke Hayashi für ein Gespräch mit Stefan Riekeles vor Ort, dem Kurator der gleichnamigen Galerie (Screenings: „In This Corner (and Other Corners) of the World“, 6.6., 18 Uhr, „Der Junge und der Reiher“, 7.6., 15 Uhr, Filmmuseum Potsdam; Ausstellung: „Art for Animation: Kosuke Hayashi“, Riekeles Gallery, Am Bassin 10, 14467 Potsdam, bis 5. 10., Öffnungszeiten: Do.–Sa., 12–18 Uhr, Eintritt frei).
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