Wieder Raketen auf Gaza: Israel beschießt Krankenhaus
Die Al Ahli-Klinik gilt als die wichtigste in Gaza. Israels Armee bestätigt den Angriff vom Wochenende, Ziel sei eine Hamas-Zentrale gewesen.

Tote wurden zunächst nicht gemeldet. Laut der anglikanischen Kirche in Jerusalem, die die Klinik betreibt, starb infolge der „überstürzten Evakuierung“ ein Kind, das wegen einer Kopfverletzung behandelt worden war.
Zwischen der Warnung der Armee und dem Einschlag lagen der Kirche und der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa zufolge knapp 20 Minuten. Zahlreiche Videos in sozialen Medien zeigen Menschen, die in der Nacht in Rollstühlen und Krankenhausbetten auf die Straße geschoben wurden. Von den zwölf noch teilweise betriebenen Krankenhäusern in Gaza-Stadt war das Al-Ahli-Hospital laut dem UN-Nothilfebüro Ocha eines der am besten funktionierenden.
Die Armee teilte mit, ein „Kommando- und Kontrollzentrum“ der Hamas auf dem Klinikgelände angegriffen zu haben. Seit Kriegsbeginn hat Israel wiederholt nach humanitärem Völkerrecht geschützte Kliniken im gesamten Gazastreifen angegriffen und das Gesundheitssystem weitgehend zerstört. Israel wirft der Hamas vor, Krankenhäuser militärisch zu nutzen, was die radikal islamistische Miliz bestreitet.
Auch im übrigen Küstenstreifen rückte die Armee in mehreren Gebieten vor, stieß dabei aber laut mehreren Berichten in hebräischen Medien kaum auf Widerstand. Am Wochenende wurden weitere Evakuierungsbefehle erlassen, unter anderem nach dem Abschuss von Raketen aus Nuseirat und Chan Junis im Zentrum Gazas. Die rund zwei Millionen palästinensischen Bewohner drängen sich auf immer engerem Raum zusammen.
Was soll der militärische Nutzen sein?
Der militärische Nutzen ist fraglich: Armeechef Eyal Zamir forderte die Soldaten bei einem Besuch im Süden Gazas vergangene Woche auf, „die Rafah-Brigade der Hamas zu besiegen“, die die Armee bereits im vergangenen August für zerstört erklärt hatte.
Verteidigungsminister Israel Katz deutete am Samstag an, die Maßnahmen sollten die gesamte Bevölkerung des Küstenstreifens unter Druck setzen. Von den Palästinensern in Gaza forderte er, „die Hamas zu entfernen und alle Geiseln freizulassen“, andernfalls würden weitere Gebiete eingenommen.
Die seit eineinhalb Monaten andauernde vollständige Blockade von Nahrungsmitteln, Treibstoff und Hilfsgütern hat laut den Vereinten Nationen die Vorräte an Essen, Wasser und Medikamenten aufgezehrt. Israels Angabe, während der zweimonatigen Waffenruhe seien ausreichend Hilfsgüter in den Küstenstreifen gelangt, weisen Hilfsorganisationen entschieden zurück.
Am Samstag schnitt die Armee durch den sogenannten Morag-Korridor die Stadt Rafah in Süd-Gaza vollständig vom Rest des Küstenstreifens ab. Israel kontrolliert mehr als die Hälfte des Gebietes. Das weitgehend zerstörte Rafah, rund ein Fünftel der Fläche Gazas, soll einer israelischen „Pufferzone“ hinzugefügt werden.
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