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Wie die neue Grundrente funktioniertKleinrentner, zückt die Taschenrechner

Mehr Geld, aber nicht für alle. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Grundrentenkonzept von Arbeitsminister Hubertus Heil.

Damit kommt man nicht weit Foto: dpa

Wer hätte nach dem Konzept von Hubertus Heil Anspruch auf eine Grundrente?

Voraussetzung ist, dass man 35 Jahre lang Pflichtbeiträge in die Rentenkasse eingezahlt hat. Dazu zählen Beschäftigungszeiten mit Sozialversicherungspflicht, aber auch Kindererziehungszeiten und Zeiten der Pflege von Angehörigen. Für die Erziehung eines Kindes werden bisher schon bis zu drei Jahre lang Rentenbeiträge angerechnet.

Wie berechnen sich die künftigen Grundrenten?

Es ist eine Rechnung um zwei Ecken. Die Rentenkasse ermittelt alljährlich das Durchschnittseinkommen in Deutschland, im Jahr 2019 sind das 38.901 Euro brutto im Jahr, also 3.241 Euro im Monat. Wer genau diesen Verdienst hat, bekommt in der Rentenkasse einen Entgeltpunkt für dieses Jahr gutgeschrieben. Wer 80 Prozent davon verdient, erhält nur 0,8 Entgeltpunkte dafür in der Rentenkasse. Wer nur 60 Prozent davon verdient, bekommt in der Rentenkasse nur 0,61 Entgeltpunkte gutgeschrieben und so weiter.

Wer Anspruch auf eine Grundrente hat, muss im Durchschnitt seiner Versicherungszeit pro Jahr weniger als 0,8 Entgeltpunkte erwirtschaftet haben, muss also im Schnitt immer weniger verdient haben als 80 Prozent des jeweils geltenden Durchschnittsverdienstes (im Jahr 2019 liegt diese Grenze bei 2.593 Euro). Nur dann werden die Entgeltpunkte höher gewichtet, dabei werden sie verdoppelt, maximal aber auf nur 0,8 Entgeltpunkte pro Jahr für einen Zeitraum von maximal 35 Jahren.

Wie viel zusätzliche Rente ergäbe dies?

Wer beispielsweise 35 Jahre lang immer nur im Schnitt 60 Prozent des jeweiligen Durchschnittsverdienstes gehabt hätte (derzeit etwas über 2.000 Euro), hätte 21 Entgeltpunkte am Ende des Arbeitslebens. Beim aktuellen Rentenwert von 32 Euro (Westen) pro Entgeltpunkt ergäbe dies am Ende 672 Euro Rente. Laut Grundrentenkonzept bekäme diese Person dann aber insgesamt 28 Entgeltpunkte gutgeschrieben, das wären 896 Euro Rente, von der aber noch rund zehn Prozent Krankenkassen- und Pflegebeiträge abgehen.

Wie viel Rente mehr bekommen Leute, die lange den Mindestlohn erhielten?

Heil nennt in seinem Papier das Beispiel einer Friseurin, die 40 Jahre auf dem Niveau des Mindestlohns in Vollzeit gearbeitet und daher immer nur 0,4 Prozent des Durchschnitts verdient hat. Sie kommt laut Minister Heil auf eine Rente von 514 Euro, mit dem Zuschlag erhielte sie 448 Euro mehr, also 961 Euro.

Spielt es eine Rolle bei der Grundrente, ob die Person Voll- oder Teilzeit gearbeitet hat?

Nein. Das spielt keine Rolle. Wichtig sind nur die Dauer der Beitragszeiten und die am Ende des Arbeitslebens erreichten Entgeltpunkte.

Wird das Vermögen angerechnet oder auch das Einkommen des Partners?

Nein. Der Zuschlag soll „ohne eine Bedürftigkeitsprüfung“ gezahlt werden, so steht es zumindest im Papier von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zur Grundrente. Dies würde bedeuten, auch wenn der Partner ein hohes Alters­einkommen und jemand all die Jahre nur in Teilzeit gearbeitet hat, erhält er oder sie die Grundrente. Dies gilt auch, wenn man Vermögen hat.

Ist das nicht ungerechnet, wenn beispielsweise eine über viele Jahre nur Teilzeit arbeitende Arztgattin, vielleicht noch Erbin, am Ende auch die Grundrente bekommt?

Diese Gefahr von Mitnahmeeffekten besteht, ist aber schwer zu bannen. Technisch ist beispielsweise eine Differenzierung nach Arbeitszeiten nur schwer möglich, denn die Rentenkasse erfasst die Arbeitszeiten nicht, dort zählen immer nur der erreichte Verdienst und die entsprechend abgeführten Rentenbeiträge. Annelie Buntenbach vom Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), die das Vorhaben begrüßt, sagt dazu, eine gewisse ­„Streuwirkung“ des Gesetzes müsse man hinnehmen.

Zum „großen Teil trifft das Gesetz die Richtigen“. Auch Samuel Beuttler-Bohn, Renten­experte des Sozialverbandes VdK, freut sich über das Papier. Er weist aber darauf hin, dass unter den Teilzeit­arbeiterInnen „viele alleinerziehende Mütter sind, die ­wegen der Kinderbetreuung nur reduziert arbeiten können“.

Was ist mit künftigen RentnerInnen, die sehr hohe Wohnkosten haben und trotz einer Grundrente unter das Grundsicherungsniveau rutschen würden?

Wer 35 Jahre lang in der gesetzlichen Rentenkasse versichert war und trotz Grundrente ein Fall für die aufstockende Grundsicherung wird, der soll zumindest einen Freibetrag behalten dürfen. Das sieht das Heil-Papier derzeit vor. Der Freibetrag soll 25 Prozent der gesetzlichen Rente betragen, „maximal aber 106 Euro“, heißt es dort. Hier eine schematische Rechnung: Eine Rentnerin, die beispielsweise 480 Euro Wohnkosten zahlen muss und nur rund 600 Euro gesetzliche Rente hat, erhielte dann die Wohnkosten plus den Regelsatz von 424 Euro vom Grundsicherungsamt.

Ihre Rente würde angerechnet, aber es würde ihr dann ein Freibetrag von 106 Euro aus der gesetzlichen Rente gelassen. Wohnkosten, Regelsatz sowie Freibeitrag machen dann zusammen ein Einkommen von 1.010 Euro aus. Bei der Grundsicherung soll aber die Bedürftigkeitsprüfung nicht abgeschafft werden.

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8 Kommentare

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  • AHA! Die neue Grundrente ist also schon beschlossen und unter Dach und Fach! Hat das die Redakteurin so entschieden? Da bin ich aber froh, dass die Hardliner der C-Parteien ihr zugestimmt haben.

    Lindner hat glücklicherweise in dieser Legislaturperiode nichts zu melden. In der vorherigen war es so schön, von denen im Bundestag nichts zu hören.

    Aber zum Thema: Kann man dies nicht so vorstellen, dass gleich klar ist, dass so nur die Pläne von Heil und der SPD sind? Und dass es nicht allzu wahrscheinlich ist, dass einige wenig sozial eingestellte Elemente der CDU und insbesondere der CSU da nicht zustimmen werden.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Als Freund der Sprache würde mich interessieren, was ein 'Kleinrentner' ist. Oder soll dies der Taz-Beitrag zum diesjährigen Karneval sein?

    Zum Inhaltlichen: dass niemand den Taschenrechner herauszuholen braucht, hat die umgehende gestrige Reposte von Herrn Weiß (CDU) gezeigt. Btw: Selten einen derart unpassenden Namen gehört.

    Ich bin ein Träumer. Die baldige Einführung einer Grundrente, wie von Herrn Heil angedacht, halte ich für ebenso wahrscheinlich wie Ostern und Weihnachten an einem Tag.

    Aber vielleicht erleben wir ja noch die Spezielle Koalition der Freiheitlichen: CDU/CSU, FDP, AfD. Mein Vermögen (1 Cent) würde ich nicht dagegen setzen.

  • Mir fehlt die Regelung für Ost-Renten. Die haben zwar nicht "eingezahlt" werden aber meistens gleichgestellt. Und da wir bald Wahlen im Osten haben sehe ich das als reine Wahlaktion. Aus Angst vor der AfD!

  • 900€? das ist doch n Witz.



    Hier im Speckgürtel von Stuttgart bekommt man für 6-700€ Miete kleine, dunkle, feuchte, alte Löcher (und da stehen die Leute beim Besichtigungstermin Schlange, ach und nebenbei... das ist inzw. 13 Jahre her!).



    Ich hatte mal Glück und habe von privat ohne Gewinnabsicht für 730€ ne Wohnung bekommen, wegen schlechter Isolierung aber hohe Heizkosten.

    Wie soll jemand mit 900€ in diesem Land zurecht kommen? Wir brauchen Zahlen wie 1500€ - was schon extrem wenig ist!

    Außerdem, warum sollen jetzt wieder die klein und Mittelverdiener die Niedriglöhner bezahlen, nur das die Reichen nicht endlich den Menschen gescheite Löhne zahlen?

    SPD: wir brauchen keine Rentengeschenke, sondern wir müssen den Mindestlohnsektor abschaffen! DAS wäre soziale Politik.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @danny schneider:

      Es geht auch hier nicht um ALLES ODER NICHTS.

      So sehr ich dem Kern Ihrer Aussagen zustimme, so sehr widerspreche ich ihnen im Detail: für manche Armutsrentner auf dem platten Land wären 900 € eine erhebliche Verbesserung ihrer finanziell desolaten Lebenssituation. Dass damit ALLES möglich wäre, was für Andere selbstverständlich ist, hat niemand behauptet.

      Für den Anfang jedoch würde ich diese 900 € einer endlosen Debatte ohne praktische Änderungen vorzuziehen. Herr Heil wenigstens scheint dies - endlich - begriffen zu haben.

      Dafür gebührt ihm Anerkennung. Es wird dadurch niemand gehindert, seine Energien für eine höhere Grundrente einzusetzen.

  • Hmm, das heißt, wer 30 Jahre lang prekär gearbeitet hat, bekommt im Alter immer noch nur dasselbe wie jemand, der noch nie einen Finger gerührt hat? Danke, der nächste Vorschlag bitte!

    (Mein Vorschlag (passt sogar auf einen Bierdeckel): Für jeden Monat, den jemand SV-Beiträge gezahlt hat, gibt es einen Euro im Monat mehr als die Grundsicherung, also als H4. Nach 30 Jahren SV-pflichtiger Arbeit bekäme man also 30x12 = 360 Euro mehr als jemand, der noch nie gearbeitet hat. Finanziert würde das über eine jährlich angepasste Vermögenssteuer, die immer so hoch veranschlagt wird, dass man das damit bezahlen kann. Wenn den Vermögenden das nicht passt, müssen sie einfach nur dafür sorgen, dass genug gut bezahlte Arbeit da ist, dann schrumpft das ja wieder auf Null. Damit wäre der Regelkreis geschlossen.)

    • @Mustardman:

      "Für jeden Monat, den jemand SV-Beiträge gezahlt hat, gibt es einen Euro im Monat mehr als die Grundsicherung"

      40 Jahre z.B. im öff. Dienst = 480 Euro extra +Zusatzversorgung?

      • @agerwiese:

        als Angesteller oder verbeamtet?