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Wie die Ampel Rot-Grün-Rot ausbremst (3)Für die Immobilienlobby

Berlin hat mietenpolitisch viel versucht, ist aber am Bund gescheitert. Nach gekipptem Mietendeckel und kaputtem Vorkaufsrecht bleibt nur Enteignung.

Mie­te­r*in­nen demonstrieren im Mai 2021 für einen effektiven Mietenstopp, der dank Ampel nie kam Foto: Christoph Soeder/dpa

Berlin taz | Vor Wahlkämpfen auch im Bund wird regelmäßig von der Wohnungsfrage als der wichtigsten sozialen Frage gesprochen. Große Versprechungen haben vor der Bundestagswahl SPD und Grüne gemacht, doch nach den Koalitionsverhandlungen mit der FDP warfen sie das Mietenmoratorium oder den Mietendeckel kurzerhand über Bord. Lediglich eine Senkung der Kappungsgrenzen wurde vereinbart sowie eine Verlängerung der Mietpreisbremse, die ohnehin seit Jahren nicht zieht.

In den Rettungspaketen im Zuge der Energiekrise war dann immerhin noch eine Ausweitung des Wohngelds drin, die allerdings letztlich auch nichts anderes ist als eine Umverteilung von unten nach oben. Soll heißen: Wirklich wirksame Regelungen zur Mietpreisbegrenzung gibt es auch weiter nicht, das hat sich mit der Ampel nicht geändert. Dabei wäre es so schwer nicht: Man könnte mietrechtliche Regelungen für Länderrecht öffnen und so lokal ermöglichen, wirksame Maßnahmen wie Mietendeckel oder Ähnliches zu verabschieden.

Besonders krass sind die wohnungspolitischen Versäumnisse der Ampel im Bereich Vorkaufsrecht: Die FDP blockiert seit Monaten eine einfache Wiederherstellung der seit einem Urteil schlichtweg ausgesetzten Notlösung von Kommunen, sich gegen einen spekulativen Ausverkauf zu wehren. Seitdem sind der Spekulation auch in besonders angespannten Wohnungsmärkten Tür und Tor geöffnet. Sogar sozialgerechte Abwendungsvereinbarungen werden nun von Ver­mie­te­r*in­nen angegriffen. Kurzum: Nicht mal das aufwändige und teure kommunale Vorkaufsrecht kann von Bezirken noch gezogen werden.

Letztlich bleibt Berlin damit nur die Vergesellschaftung großer privater Wohnungsbestände. Denn die könnte laut der Linken-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung tatsächlich eine dämpfende Wirkung auf die Rekordmieten haben. Und Vergesellschaftung auf Basis des Grundgesetzparagrafen ist eben noch nicht auf Bundesebene geregelt (anders als Mietpreisregelungen, weswegen der Mietendeckel scheiterte). Berlin dürfte deswegen die Kompetenz haben, erstmals ein Enteignungsgesetz zu verabschieden. Das müsste bloß endlich die SPD verstehen.

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12 Kommentare

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  • Die Mietinteressenten brauchen sich nicht zu wundern.



    Wer Wohnungen bauen will wird von den Behörden nach allen Regeln der Kunst mit Vorschriften und Verzögerung drangsaliert und wenn die Wohnung fertig ist greift ein völlig überzogener und immer weiter ausgedehnter Mieterschutz den die Justiz im azweifel immer zugunsten der Mieter auslegt.



    Klar wird dann woanders investiiet, Alternativen gibt es genug.

    • @Rechenfix:

      Bei ihrem Beitrag, der die Verhältnisse von den Füßen zurück auf den Kopf zu stllen versucht, bekommt man beinahe Mitleid mit dem Kapital:

      Immer dieser Staat, der ausser Steuerfreibeträgen, Steuerschlupflöchern, Steuerentlastungen, Abschreibungsmodellen, jahrzehntelangen Privatisierungswellen, Eigenheimzulagen und der Bereitstellung schlagkräftiger Gruppen zur Sicherung einer exklusiven Eigentumsordnung wirklich gar nichts für Wohlständige übrig hat!

      Und dann diese Justiz, die den Mietendeckel in Berlin und das geltende Vorkaufsrecht in der BRD wahrscheinlich nur deswegen gekippt hat, damit nicht gleich alle merken, dass sie eigentlich auf der Seite der Mieter steht.

      Tut mir leid, aber was Sie da so schreiben, besteht nicht mal einen oberflächlichen Faktencheck...

  • Einfach zu lustig, diese Serie. Die Berliner wollen Gesetze machen, für die der Bund zuständig wäre - und werden dann "ausgebremst", wenn der Bund nicht nach der Pfeife von Berlin tanzen will.



    Mietrecht ist Bundesrecht, das Vorkaufsrecht war nie dafür gedacht, wie Berlin es angewendet hat und auch das StGB - früherer Teil - gilt in ganz Deutschland einheitlich. Kommt morgen das BtmG? Da gilt das gleiche.

    • @Dr. McSchreck:

      Das Vorkaufsrecht wurde nicht nur in Berlin, sondern auch in München, Hamburg und anderen dt. Großstädten unter Wachstums- und Spekulationsdruck zum Schutz einkommensschwächerer Gruppen vor Verdrängung aus ihrem Zuhause angewendet. Bis zum Urteil der Bundesverwaltungsgerichts, das im Übrigen von allen Parteien mit einer gewissen Überraschung zur Kenntnis genommen wurde. Das und die bisherige Praxis zeigt: Es wurde wohl anders gedacht, als Sie denken.

      • @Pflasterstrand:

        Aber eigentlich ging es um die Zuständigkeit. Wäre jetzt Berlin ein Leuchtturm der Effizienz und einer funktionstüchtigen Stadt mit Vorbildcharakter, würde der Rest Deutschlands sicher gern Ratschläge annehmen, wie das Bundesrecht geändert werden soll, damit alles so gut klappt wie in Berlin. Aber ist das so?

      • @Pflasterstrand:

        Das mag irgendwann in Einzelfällen nach dem Vorbild von Berlin versucht worden zu sein - aber es ist kein Zufall, dass es in Berlin beendet wurde, weil solche Verfahren dauern und in Berlin damit angefangen wurde. Die Vorschriften waren eigentlich auch sehr klar formuliert und ob es dem Gemeinwohl nützt, einigen wenigen Bewohnern der Stadt ihre Häuser zu kaufen, kann man wohl in Frage stellen.

  • Oder man bekämpft die Ursachen und baut die fehlenden Wohnungen, wegen der die Preise so hoch sind.

    • @Ruediger:

      Die Preise sind in erster Linie nicht wegen der nicht gebauten Wohnungen so hoch, sondern wegen der privaten Verfügungs- und damit Verwertungsrechte auf Immobilieneigentum.



      Wie sie es drehen und wenden: Neubau ist schlicht und ergreifend teuer. Gesetzt den Fall, die wollen Wohnungen zur Kostenmiete (also ohne privaten Profitaufschlag) bewirtschaften: Wenn sie eine Wohnung in einem Gebäude vermieten, das, sagen wir, vor mindestens 30 Jahren errichtet wurde, dessen Planungs- und Erstellungskosten also inzwischen refinanziert sind, dann landen sie da bei etwa 8-10 Euro/qm nettokalt (großzügige Instandhaltungsrücklagen mit eingerechnet). Beim Neubau, der ja mit den Mieten erst mal über ca. 25-30 Jahre refinanziert werden muss, liegen sie da angesichts der explodiernden Baukosten und Bodenpreise inzwischen doppelt so hoch. Und das im Kostenmietenmodell. Das würde also riesige Fördersummen notwendig machen, die über Steuern aufgebracht werden müssen – und damit wären wir wieder bei Gareth Joswigs richtiger Diagnose einer "Umverteilung von unten nach oben".



      Abgesehen davon: Wo wollen sie denn 200.000 Wohnungen in kürzester Zeit bauen lassen? Erst dann könnten sie ja (wenn sie sehr optimistisch sind) aufgrund des Mengeneffektes auf einen Preisverfall spekulieren? Und wer soll diese Wohnungen alle bauen? Die Privaten? Die sich davon Profite versprechen? Das ist doch eine total artifizielle Betrachtungsweise – tausend Widersprüche in einem einzigen gut gemeinten Ratschlag...

      • @Pflasterstrand:

        wenn man nicht anfängt, wird die Zeit immer knapper.



        Weiter würden natürlich neue Wohnungen entlasten, weil es mit Sicherheit Berliner gibt, die genug Geld haben, sich zu verbessern und zum Beispiel auch Wert darauf legen würden, eine energieeffiziente Wohnung zu nutzen (Umwelt), das kostet aber - damit wird dann aber eine günstigere Wohnung mit schlechterem Standard frei.

        • @Dr. McSchreck:

          Schauen Sie mal nach Hamburg. Da ist in den letzten 15 Jahren enorm viel gebaut worden und die Mieten sind dennoch kontinuierlich gestiegen. Auch im Bestand, weil nämlich aus jeder frei gewordenen günstigeren Wohnung in mit schlechterem Standard, die sich in Privatbesitz befindet, bei Neuvermietung eine teurere Wohnung mit schlechterem Standard wird.

          Es gibt einfach keine 100.000 bis 200.000 Berliner (so viele sind für ihre Rechnung nämlich mindestens erforderlich) mit ausgeprägtem Umweltbewusstsein, die sich "verbessern" wollen, indem sie in einem möglichst kurzen Zeitraum (auch das setzt ihr 'Modell' voraus) ihre 'Stadt der kurzen Wege' aufgeben, an den Stadtrand in ein Neubaugebiet ziehen, wo die Wohnung mehr kostet und sie dann noch mehr Zeit im Pendelverkehr verbringen (im Auto, btw.) werden, um zu Arbeit zu kommen oder ihre Freunde zu besuchen.

          Sie präsentieren eine Fiktion, ein rein mathematisches Rechenmodell, ohne Bezug zur sozialen Wirklichkeit. Dieser technokratische Blick auf menschliche Lebenszusammenhänge und Beziehungsweisen ist wirklich befremdlich.

          • @Pflasterstrand:

            Ich würde eher sagen, dass Sie eine Fiktion präsentieren, denn die Folge der derzeitigen Politik ist, dass jeder seine günstige Wohnung behält und so mancher mit Gewinn untervermietet, wenn er wegzieht. Sozial gerecht ist das nicht unbedingt.

      • @Pflasterstrand:

        Tja, dann hätte frau mal früher anfangen sollen zu bauen. War nur nicht politisch gern gesehen. Ich sehe nicht, wie eine öffentliche Hand billiger Vermieten soll. Die Bestandmieten (Altbau)liegen ja zwischen den von Ihnen beschriebenen 8-10 € und lassen sich auch nicht einfach exorbitant anheben (Mietpreisbremse).Wohin sind denn die ganzen Gelder für den Sozialen Wohnungsbau verschwunden, die der Bund bereitgestellt hat, in den Bau neuer Sozialwohnungen wohl nicht. Mit dem Geld, daß zum Vorkauf (widerrechtlich) genutzt wurde, hätte frau ein vielfaches an Wohnungen bauen können, wenn es denn gewollt wäre. Wenn allerdings zwischen Idee und Ausführung, selbst auf Landesflächen, 7 Jahre vergehen und auch dann nur gute Absichtserklärungen und schöne Bilder herauskommen (Dragoner Areal), muß frau sich nicht wundern.