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Weniger SozialwohnungenKaum Raum für Arme

Die Zahl der Sozialwohnungen in Berlin sinkt auf 80.000. Dem Senat fehle die Idee, wie besonders Bedürftige versorgt werden können, kritisiert die Linke.

Es entstehen zu wenig neue Sozialwohnungen Foto: dpa

Berlin taz | Die Zahl der Sozialwohnungen für Menschen mit geringem Einkommen und Anrecht auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS) sinkt immer weiter. Ende Juli gab es nur noch etwa 80.000 derartige Wohnungen in der Stadt, davon etwa 36.000 bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU), 40.000 bei privaten Vermietern und 4.700 bei Genossenschaften. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Elif Eralp und Niklas Schenker hervor, die der taz exklusiv vorliegt.

Seit 2025 sind etwa 56.000 Wohnungen aus der meist 20-jährigen Bindungsfrist gefallen. Im selben Zeitraum wurden nur 12.600 neu geschaffen, viel weniger als die Zielvorgabe von jährlich 5.000. Das Angebot an günstigen Wohnraum wird damit immer kleiner, während mehr als die Hälfte der Haushalte Anspruch auf einen WBS hat, je nach Einkommen in einer von fünf möglichen Kategorien.

Der schwarz-rote Senat hatte vor zwei Jahren die Förderung für den sozialen Wohnungsbau verdoppelt – auf bis zu 300.000 Euro pro Wohnung. Seitdem ist zumindest die Zahl neu beantragter Sozialwohnungen gestiegen – 5.600 seit Anfang 2024.

Für über ein Drittel dieser Wohnungen soll der neu geschaffene WBS 220 gelten mit Einstiegsmieten von 11,50 Euro pro Quadratmeter. Besonders hoch ist der Anteil dieser neuen, teureren Sozialwohnungen bei den LWU. Für Eralp und Schenker ist das ein Fehler: „Kommunaler Wohnungsbau ist wichtig für alle Berliner*innen, aber muss gerade für die Ärmsten Zugang zu Wohnraum absichern, die auf dem freien Wohnungsmarkt gar keine Chancen haben“, sagen sie.

Wohnungen sind günstiger als Heime

Laut Kooperationsvereinbarung mit dem Senat sollen die LWU die Hälfte ihrer Neubauwohnungen an WBS-Berechtigte vergeben und zwei Drittel der wiedervermieteten. Die Nachfrage kann damit jedoch nicht befriedigt werden, wie etwa ein Blick auf den Bedarf von Geflüchteten zeigt, die ohne die Möglichkeit auf günstigen Wohnraum oft über Jahre in Sammelunterkünften verbleiben müssen. Sie gelten als besondere Bedarfsgruppe, ebenso wie Obdachlose und Transferleistungsbeziehende.

Die Linke fordert einen Solidarfonds, um für Geflüchtete die Möglichkeit zu schaffen, in neu gebaute Sozialwohnungen bei Genossenschaften zu ziehen. Mit dem Geld solle der Genossenschaftsanteil bezahlt werden. Doch der Senat sieht dafür keine Rechtsgrundlage, wie aus der Antwort hervorgeht. Schenker rund Eralp kritisieren, der Senat habe „keine Vision für Geflüchtete den Zugang zu Wohnungen zu verbessern, dabei ist die aktuelle Massenunterbringung absolut inhuman, sehr teuer und gar nicht nachhaltig“

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3 Kommentare

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  • Arme, Behinderte, Versehrte, Kranke - für die hatte man nur ein Herz, als es noch galt, Punkte für's Jenseits zu sammeln. Die Zeiten sind vorbei. Jetzt gelten nur noch Konliktlinien, die abgewogen werden. Aber die, die nicht mehr können, können auch keine Konfliktlinien verteidigen. So nähern wir uns Schritt für Schritt amerikanischen Verhältnissen und Gott ist nur noch für die Reichen zuständig, dem sie ihren Reichtum zu verdanken glauben. Aber es gibt keinen Gott für Reiche und einen Jesus schon gar nicht. Aber auch keinen Buddha, keinen Krishna oder wer sonst noch gerne herangezogen wird. Reichtum ist schon lange und noch immer systembedingt, so wie Armut. Und egobedingt, auch schon so wie immer. Insofern lasst alle Hoffnung fahren oder geht endlich auf die Barrikaden. Es gibt nichts geschenkt, man muss sich alles erkämpfen. So wie immer.

  • Städtische und Sozialwohnungen in (teuren) Innenstädten sollten grundsätzlich für arbeitende Menschen reserviert sein. Busfahrer, Pflegekräfte, Krankenschwestern usw. usw.



    Wer nicht arbeitet, sollte auch keinen Anspruch auf teuren und knappen Wohnraum in der City haben. Weiter draußen außerhalb der teuren Städte gibt es mehr als genug bezahlbaren Wohnraum.

  • Die Idee, wie besonders bedürftigen Menschen versorgt werden sollen und Wohnrecht bekommen sollen, gibt es nicht. Diese Menschen werden als Last angesehen, weil sie zu arm, zu behindert, zu ausländisch, zu alt sind.

    Berlin möchte eine hippe Stadt sein für junge Menschen mit großem Geldbeutel. Die Gentrifizierer wissen das auch. Und ohne immer noch mehr Profit aus den Menschen auszuquetschen geht Deutschland halt vor die Hunde.