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Weltweite Panne bei FacebookSechs Stunden Stille

Dienste des Tech-Giganten Facebook waren nicht zu erreichen. Der Fall macht die fatale Machtkonzentration des US-Konzerns sichtbar.

Das große Schluchzen: Sechs Stunden ohne Facebook, Instagram und Whatsapp Foto: Peter Dazeley/getty images

Innerhalb weniger Minuten verschwanden Facebook, Whatsapp und Instagram, es dauerte Stunden bis die Dienste wieder verfügbar waren. Offenbar mussten sogar Mit­ar­bei­te­r:in­nen des Tech-Giganten Facebook draußen bleiben. Sowohl virtuell, da sie nicht an ihre Emails oder interne Kommunikationsplattformen rankamen, als auch ganz analog vor den Firmentüren im kalifornischen Menlo Park: Ihre digitalen Zugangskarten zu Bürogebäuden funktionierten nicht mehr.

Rund sechs Stunden dauerte der Komplettausfall diverser Facebook-Dienste am Montagabend. Was war passiert? Laut Facebook handelte es sich um fehlerhafte Konfigurationsänderungen an Routern. Diese koordinieren den Netzwerkverkehr zwischen den Rechenzentren. Die Kommunikation sei unterbrochen gewesen, schrieb Santosh Janardhan, Vizepräsident für Infrastruktur, in einem Blogpost.

Ex­per­t:in­nen beschreiben den Fehler genauer: Wenn man sich auf Facebook oder Instagram einloggen will, leitet das Border Gateway Protocol (BGP) diese Anweisung an die entsprechende IP-Adresse weiter. Das BGP ist eine Art Navi, so etwas wie ein Wegweiser. Sind die Einträge dort falsch oder fehlen, funktioniert auch kein Wegweiser.

Übersetzt und verkürzt hieße das: Auf der Landkarte des Internets waren die Ortsschilder zu Facebook, Whatsapp und Instagram verschwunden. Auch die interne Kommunikationsplattform der Facebook-Mitarbeiter:innen war nicht nutzbar. „Workplace war für nahezu den kompletten Arbeitstag down“, hieß es anonym von Ex­per­t:in­nen aus dem Unternehmen, die angehalten wurden, sich nicht öffentlich zu äußern.

3,5 Milliarden betroffen

Auch auf Alternativen wie die Kommunikationsplattform Slack konnte laut Washington Post nicht ausgewichen werden. Die internen Facebook-Strukturen erlaubten kein Einloggen. Derzeit scheint ein Hackerangriff nicht in Betracht zu kommen und es lag tatsächlich ein von Facebook selbst verschuldetes technisches Problem vor. Mittlerweile laufen die Dienste wieder.

Doch rund 3,5 Milliarden Menschen weltweit – laut Konzernangaben – hatten über Stunden keinen Zugang zu den Kommunikationskanälen. Etliche wichen auf schnöde SMS oder gar Anrufe für die Kommunikation aus. Wie Telefónica (O2) mitteilte, wurden am Montagabend zwischen 19 Uhr und 20 Uhr in Deutschland zusammengerechnet Telefonate von etwa 680.000 Stunden geführt. 36 Prozent mehr als im selben Zeitraum ohne Ausfall. Und es wurden dreimal so viele SMS versendet. Auch die Messengerdienste Telegram und Signal bekamen jede Menge neue Kundschaft.

Mit etwas Schadenfreude reagierte Twitter umgehend auf den Ausfall. „Hallo buchstäblich alle“, twitterte das Unternehmen von Jack Dorsey auf seinem eigenen Kanal. Tatsächlich verzeichnete der Kurznachrichtendienst die höchsten Zugriffszahlen seit dem Start. Die Hashtags #facebookdown und #instagramdown trendeten über Stunden. Vor allem, weil etliche Twitter-Nutzer:innen sich lustig machten über den Ausfall von Facebook und dessen Marktmacht heftigst kritisierten.

Aber der „Blackout“ zog rasendschnell auch An­hän­ge­r:in­nen von Verschwörungsphantasien an. Mit den Schlagworten „Great Reset“ befeuerten die Jün­ge­r:in­nen die Chiffre vom Tag X, vom Weltuntergang, vom militärischen Einmarsch, der unmittelbar auf den „Blackout“ folgen soll. Die Reaktionen zeigen, welche Folgen der Ausfall allein in der Welt der Nut­ze­r:in­nen von Social Media hat.

Während Use­r:in­nen sich in Deutschland und Europa über weniger Social-Media-Stress freuten, ist die Bedeutung eines solchen Ausfalls im Globalen Süden weit existenzieller. In Lateinamerika und auf dem afrikanischen Kontinent gehören Facebook und Whatsapp zu den Hauptkommunikationsmitteln. Fallen diese aus, ist schnell die Rede vom kompletten Ende des Internets. In Indien wird via Whatsapp bezahlt. Zudem kommunizieren viele Geflüchtete weltweit via Whatsapp mit ihren Verwandten. Bestes Beispiel ist derzeit Afghanistan. Dort harren noch immer etliche Menschen aus Angst vor den Taliban in ihren Verstecken aus.

Sowohl Instagram als auch Facebook sind wichtige Werbeplattformen für viele Unternehmen. Ein Ausfall über mehrere Stunden kann viel Geld kosten. Nicht auszuschließen, dass sich Un­ter­neh­me­r:in­nen nach Alternativen umschauen – oder zumindest mehrgleisig fahren.

Immer wieder Stress

Die Panne ist der blamable Höhepunkt einer nicht enden wollenden Kette von Ärger für Facebook. Im März und Juli gab es schon einmal größere Ausfälle. Immer wieder gibt es Stress mit den zuständigen Kartellbehörden, die die Marktkonzentration des Konzerns anprangern. Auch der unregulierte Austausch von Daten der Nut­ze­r:in­nen sorgt für Streit mit den jeweiligen Behörden.

Die Panne bescherte Konzernchef Mark Zuckerberg laut Bloomberg einen Verlust von mehr als sechs Milliarden US-Dollar. Mit einem Gesamtvermögen von 121,6 Milliarden US-Dollar, ist das wohl noch immer ein Fall für die Portokasse. Auch an der Börse machte sich der Ausfall nur kurzfristig bemerkbar.

Gewohnt demütig meldete sich Zuckerberg nachdem die Dienste wieder zu erreichen waren – und bat um Entschuldigung. „Wir wissen wie sehr ihr auf unsere Dienste angewiesen seid, um in Kontakt mit euren Liebsten zu sein.“ Der Fall zeigt einmal mehr, wie fragil kritische Infrastruktur ist und wie gefährlich der Fokus auf einen Anbieter sein kann.

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5 Kommentare

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  • Das Problem ist nicht die Marktmacht, sondern dass so viele Menschen sich von Dingen wie FB, Instagram, WhatsUp abhängig machen und gefühlt nicht mehr lebensfähig sind, wenn das Zeug mal für ein paar Stunden ausfällt.



    Problematisch finde ich die Tendenz, dass immer mehr nur noch mit Apps funktioniert und Menschen ohne "Smart"phone in die Röhre schauen.

    • @Grummelpummel:

      Diese Dinge arbeiten aktiv und sehr effizient genau daran, die Leute abhängig zu machen, da ihnen das mehr Werbeeinnahmen bringt.

      Die Menschen werden sie von heute auf morgen nicht komplett umpolen können, um sie "Algorithmus-resistent" zu machen, eine Regulierung von facebook wäre dagegen sehr einfach. Die Politik müsste nur den mit zig Millionen alimentierten Lobbyisten täglich mehrfach und bestimmt Nein sagen.

      "Problematisch finde ich die Tendenz, dass immer mehr nur noch mit Apps funktioniert und Menschen ohne "Smart"phone in die Röhre schauen."

      Bei den Messaging Apps hat eigentlich hauptsächlich WhatsApp dieses Problem. Die meisten anderen Apps können weiter verwendet werden, wenn das Smartphone nicht mehr funktioniert, Signal, Telegram, Threema, ... geht alles auch noch, wenn das Smartphone mal nicht online ist. Nur mit WhatsApp ist man dann komplett aufgeschmissen.

  • Naja..."Der Fall zeigt einmal mehr, wie fragil kritische Infrastruktur ist und wie gefährlich der Fokus auf einen Anbieter sein kann." für "...rund 3,5 Milliarden Menschen weltweit, die über Stunden keinen Zugang zu den Kommunikationskanälen hatten".



    Ich hatte auch keinen Zugang ...und habs gar nicht bemerkt. Ich halte fb eh für so überflüssig wie nen Kropf - und umso gefährlicher. Siehe die neusten Offenbarungen. Und das ist doch seit Begin klar mit welchen Brachialmethoden Mark fb ins Leben gerufen hat. Ich muss nicht wissen, wer wann und wie lange pubst. Oh Gott, die Leute haben telefoniert und mal wieder miteinander gesprochen. Sorgen macht mir nur Frances Haugen, hoffe, die hat nicht plötzlich einen Unfall...Und warum macht sie das überhaupt. Bin gespannt.

  • Kann ich was darsuf einbilden, dass ich das erst heute aus der Zeitung erfahren habe? Im besagten Zeitfenster war meine Welt in Ordnung und ja, ich komme noch immer ohne diese drei Plttformen klar…

    • @Nexus6:

      Ich war bis 2014 bei WhatsApp und bis 2015 bei facebook... ohne ist es doch deutlich besser.

      Mittlerweile hat auch quasi jeder entweder Signal oder Telegram.