Weiter Weg in die Privatschule: Kein Ticket ins Privilegien-Land
Eltern, denen die staatliche Schule nicht gut genug ist, müssen die Fahrt zur Privatschule selbst zahlen. So urteilte ein Sozialgericht.
Ein Vater aus dem niedersächsischen Landkreis Wesermarsch hatte sich durch zwei Instanzen geklagt, weil er es seinem Sohn ersparen wollte, im nächstgelegenen Gymnasium auf „Schüler mit niedrigem Sozialstatus und nichtdeutscher Herkunftssprache“ zu treffen, wie er es ausdrückt.
Das Landesozialgericht setzte sich ausführlich mit den Begründungen des Mannes für sein Anliegen auseinander. Der Mann versuchte geltend zu machen, dass das staatliche Gymnasium keineswegs gleichwertig sei, weil es ja zunehmend ausgehöhlt werde durch „bildungsferne Bevölkerungsschichten“, „Willkommenskultur und Familiennachzug“. Die Familie schickte ihr Kind deshalb auf eine 25 Kilometer entfernte Privatschule – und wollte die Fahrtkosten von 95 Euro monatlich dann vom Landkreis erstattet bekommen.
Das Gericht fand deutliche Worte
Diese Haltung lehnte das LSG mit deutlichen Worten ab: „Zweck von Bildungs- und Teilhabeleistungen ist die Verwirklichung der Chancengleichheit von Kindern aus einkommensschwachen Familien, nicht jedoch der Besuch von Privatschulen mit Kindern aus besser situierten Familien, welche die pluralistische Zusammensetzung der Gesellschaft nicht abbilden.“
Schülerbeförderungskosten werden grundsätzlich nur für die nächstgelegene Schule übernommen, so das Gericht. Ausnahmen gelten für besondere Förderschwerpunkte, zum Beispiel sportlicher oder musischer Art. Auf ethnische oder soziale Unterschiede der Schülerschaft komme es jedoch nicht an. Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Die Wahrheit
Der erste Schnee