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Wechsel zu den DopingspielenAuf der dunklen Seite

Der US-Sprinter Fred Kerley hat ein mieses Jahr hinter sich. Die Dopingspiele in Las Vegas kommen da wie gerufen.

Mit allen Mitteln: Fred Kerley will den Weltrekord über 100 Meter brechen Foto: Matthias Schrader/ap

A uf einem Schwarz-Weiß-Foto präsentieren die Macher der Enhanced Games dieser Tage ihren neuen Posterboy Fred Kerley. Viel Licht und viel Schatten waren auf dem Foto zu sehen. Das ist gewiss aus künstlerischen Gründen so gewollt, aber der US-Sprinter ist damit generell ganz gut getroffen.

Der Vorzeigeathlet soll er nächstes Jahr im Mai in Las Vegas bei den Enhanced Games werden. Diese von amerikanischen Tech-Milliardären protegierte Sportveranstaltung, bei der Doping ausdrücklich erwünscht ist und die im Mai 2026 in Las Vegas erstmals ausgetragen werden soll.

Bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio gewann Kerley im 100-Meter-Finale die Silbermedaille. Doch ihn beschäftigte in diesem Moment vor allem, was er verloren hatte: „Ich war so dicht dran an Gold, so dicht. Ich habe etwas erreicht, aber Silber ist nicht genug – ich wollte Gold.“

Es hätte der lichte Höhepunkt seiner Karriere sein sollen, die angesichts seiner beschwerlichen Startbedingungen einst höchst unwahrscheinlich erschien. Als er zwei Jahre alt war, saß sein Vater im Gefängnis, die Mutter habe ebenfalls „ein paar falsche Abzweigungen“ genommen, wie Kerley einmal berichtete. So wuchs er unter den Fittichen seiner Tante auf – in ärmlichen Verhältnissen.

Suspendiert vom Weltverband

Jenseits vom verpassten Olympiagold hat der mittlerweile 30-jährige Kerley einiges vorzuweisen. Weltmeister wurde er 2022 über seine Spezialdistanz. Bei den Olympischen Spielen in Paris 2024 durfte er nach dem 100-Meter-Sprint als Dritter erneut das Podest besteigen. Doch seither lief einiges schief.

Anfang des Jahres wurde ihm von der Polizei bei einem Einsatz in Miami aggressives und gewaltsames Verhalten vorgeworfen, Kerleys Anwalt sprach von einer Überreaktion der Polizei. Im Mai wurde er vom Grand-Slam-Track-Meeting in Miami ausgeschlossen, weil er im Hotel zuvor seine Ex-Freundin ins Gesicht geschlagen haben soll. Im August folgte die Suspendierung von allen Wettbewerben durch die unabhängige Integritätskommission (AIU) des Leichtathletik-Weltverbandes. Begründet wurde dies mit einem Verstoß der Meldepflichten, die in den Antidopingbestimmungen festgelegt sind.

Eine Teilnahme an der gerade zu Ende gegangenen Leichtathletik-WM in Tokio blieb ihm damit versagt. Reichlich schattig war das Jahr 2025 für Fred Kerley.

Und just zu dieser Zeit gab er seinen Start bei den Enhanced Games bekannt: „Der Weltrekord war schon immer das ultimative Ziel meiner Karriere. Jetzt habe ich die Möglichkeit, meine ganze Energie darauf zu verwenden, meine Grenzen zu überschreiten und der schnellste Mensch aller Zeiten zu werden.“ Den 16 Jahre alten Weltrekord von Usian Bolt hat er nun also im Visier. Unterbietet er ihn, erhält er von den Veranstaltern der Dopingspiele eine Million US-Dollar.

Diese haben ohnehin auf Leistungssportler ein Auge geworfen, die nicht mehr im Licht stehen. Maximilian Martin, der Geschäftsführer der Enhanced Games, frohlockte: „Freds Entscheidung, bei uns anzutreten, unterstreicht nicht nur unser Ziel, die spannendsten Leichtathletikwettkämpfe überhaupt zu veranstalten, sondern festigt auch die wachsende Attraktivität der Enhanced Games als Zukunft des Spitzensports.“

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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