Waldbrände in Bosnien und Herzegowina: Dem Feuer hilflos ausgeliefert
In Bosnien und Herzegowina brennt der Urwald – und das Krisenmanagement klappt nicht. Die Behörden sind mit dem Löschen überfordert.
Hier brennt einer der wenigen europäischen Urwälder mit jahrhundertealten Bäumen, ein unwegsames Gebiet, das wegen der dünnen Besiedelung trotz des verbreiteten Holzklaus bisher naturnah erhalten ist.
In Sutjeska brannte der Wald schon einmal. 1943 besiegten die multinationalen Partisanen hier die verbündeten Armeen der deutschen Wehrmacht, der italienischen Truppen und Einheiten der rechtsradikalen serbischen und kroatischen Ustaschen und Tschetniks. Hier griffen deutsche Stukas die im Wald Schutz suchenden jugoslawischen Partisanen an. Es gelang ihnen jedoch nicht, das Versteck der Partisanen abzubrennen.
Mit dem Klimawandel ist das heute anders. Angesichts immer häufigerer Hitzewellen von über 40 Grad braucht es nur einen Funken, eine Glasscherbe, um Großfeuer auszulösen.
Wasserbomben bringen wenig
Der serbische Hubschrauber, der Wasserbomben auf die Brandherde wirft, entfaltet nur geringe Wirkung. Die Feuerwehren aus der Region kommen in dem unwegsamen Gelände nicht weiter. Die Brände in Sutjeska, Bileća, bei Gacko und Tjentište können so nicht gelöscht werden.
Die Behörden des serbisch kontrollierten Teils in Bosnien und Herzegowina sind total überfordert, fast stündlich werden neue Brände entlang der Grenze zu Montenegro und Serbien gemeldet. Immerhin gelang es den Beamten, eine Genehmigung des gesamtstaatlichen Ministerrates für den Einsatz von Helikoptern und Löschflugzeugen aus Serbien einzuholen.
Ob diese Hilfe wirksam ist, hängt von ihrer Intensität ab. Denn Sutjeska und die drei anderen aktuellen Großbrände der Region brauchen mehr Unterstützung aus ganz Bosnien, aus Südosteuropa und von der EU.
Das Problem: Die serbischen Nationalisten unter ihrem Führer Milorad Dodik haben den Ausbau von gesamtstaatlichen Strukturen verhindert. Im vergangenen Jahr etwa konnten deshalb keine Helikopter und Löschflugzeuge angekauft werden, die Behörden kooperieren nicht. Und sie weigern sich, bei der Brandbekämpfung zusammenzuarbeiten. Während die serbische Seite blockiert, gibt es auf der anderen nicht nur kaum Planung, sondern eine korrumptive Schlamperei.
So trifft die aktuelle Hitzewelle in Bosnien und Herzegowina auf einen Staat, der gegenüber dem Ausmaß der Katastrophe hilflos ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind