Wald im Kongo schrumpft langsamer: Kupfer und Kobalt statt Kakao
Die gute Nachricht ist, dass der Regenwald im Kongobecken langsamer schrumpft. Die schlechte: das liegt an einem neuen Umweltskandal.
BERLIN taz | 2.000 Quadratkilometer hat der Regenwald im Kongobecken seit dem Jahr 2000 jährlich an Fläche verloren, ein Drittel weniger als in den 1990er Jahren. Das zeigen Satellitenbilder, die ein Team internationaler Wissenschaftler unter Leitung von Simon Lewis von der University of Leeds im Wissenschaftsmagazin Philosophical Transactions of the Royal Society B ausgewertet hat. Das verlangsamte Schrumpfen führen die Forscher nur zum Teil auf neue Schutzgebiete zurück. „Entscheidend ist die geringere Ausweitung der Landwirtschaft“, sagt Lewis.
Im Kongobecken wächst der nach dem Amazonasgebiet zweitgrößte zusammenhängende Regenwald der Erde. Auf knapp zwei Millionen Quadratkilometern leben beispielsweise Silberrückengorillas, Schimpansen, Bonobos, Waldelefanten und -giraffen. Die Wälder sind aber auch Lebensgrundlage für Millionen von Menschen – und sie tragen wesentlich zur Stabilisierung des Klimas bei, indem sie riesige Mengen des Treibhausgases CO2 speichern.
Als größte Bedrohung gelten die Landwirtschaft, die Anbaufläche für Kaffee und Kakao braucht, und die Holzwirtschaft: Nur zehn Prozent des Gebiets sind geschützt, mehr als die Hälfte ist zur Abholzung freigegeben.
Nach Ansicht der Forscher haben die Staaten ihre wirtschaftspolitische Schwerpunktsetzung in den nuller Jahren verändert. „Die Länder sind abhängig von Rohstoffen wie Kupfer und Coltan“, sagt Lewis. „Deshalb investieren sie mehr in den Bergbau.“ Selbst ein – kontrollierter – Abbau in Waldgebieten zerstöre diese jedoch deutlich weniger als direkter Holzeinschlag.
Allerdings hat auch der kongolesische Bergbau keinen guten Ruf, nicht nur weil er vielerorts ohne Rücksichtnahme auf die Umwelt stattfindet: Das Vorkommen von Kobalt war eine der Ursachen für den Kongokonflikt. Auch die Arbeitsbedingungen sind oft ausbeuterisch, in den Kupferminen sollen Menschenrechtsgruppen zufolge bis zu 40 Prozent der Beschäftigten Kinder sein.
Umweltschützer sehen deshalb keine echte Verbesserung der Situation im Kongobecken. „Außerdem“, sagt Alexandra Pardal von Global Witness, sei jeder Verlust an Regenwald zu viel. „Erst recht, wenn er jährlich das 34-Fache der Fläche Manhattans beträgt.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen