Wahlwiederholung ohne Volksentscheid: Sabotage am Volksentscheid
Innensenatorin Spranger (SPD) will den Klima-Volksentscheid wohl nicht am Wahltag 12. Februar abhalten. Initiative sieht Schaden für die Demokratie.
Die Initiative Klimaneustart Berlin hatte am Dienstag bekannt gegeben, dass sie rund 260.000 Unterschriften für ihren Volksentscheid gesammelt habe. Am Mittwoch hatte das Berliner Verfassungsgericht die Wahl zum Abgeordnetenhaus von 2021 für ungültig erklärt. Sie wird nun am 12. Februar 2023 wiederholt.
Da dieser Termin bereits vor der Entscheidung im Raum stand und laut Berliner Verfassung nach einem erfolgreichen Volksbegehren „innerhalb von vier Monaten ein Volksentscheid herbeigeführt werden muss“, waren Klimaneustart Berlin und viele andere davon ausgegangen, dass Wahl und Entscheid zusammen stattfinden werden. Auch Landeswahlleiter Stephan Bröchler hatte dies so gesehen: Auf taz-Nachfrage erklärte er Mitte Oktober, was passiere, wenn das Volksbegehren erfolgreich sei: „Dieser Entscheid wird dann auch am Wahltag abgestimmt. Darauf müssen wir uns einstellen.“
Das versucht die Innenverwaltung nun offenbar zu verhindern, mit Verweis auf die schwierige Vorbereitung einer weiteren Abstimmung, für die etwa noch keine Unterlagen gedruckt sind. „Die zusätzliche Organisation des Volksentscheids wäre in der Kürze eine enorme Herausforderung, allein wenn man an Lieferketten für die Stimmzettel denkt“, so Cablitz weiter.
Vertrauensverlust für die Demokratie
Der Senat ist laut Gesetz nicht verpflichtet, Abstimmung und Wahl auf einen Tag zu legen. Eine Abstimmung an einem Tag ohne weitere Wahl reduziert die Beteiligung deutlich; die Gefahr steigt, dass der Volksentscheid am Quorum scheitert: Ein Viertel der Berliner*innen muss mindestens zustimmen. Sind beide Termine getrennt, muss es – voraussichtlich bis Ende März – einen weiteren Abstimmungstermin zusätzlich zum 12. Februar geben.
Jessamine Davis, Sprecherin von Klimaneustart Berlin, sagte zur taz: „Wir erwarten ganz klar, dass beide Termine zusammengelegt werden.“ Die Trennung von Wahl und Abstimmung würden doppelte Arbeit, höhere Kosten und mehr Aufwand für die Bürger:innen bedeuten. „Das wäre eine Behinderung der direkten Demokratie, die das Vertrauen in die Demokratie beschädigt und eine unnötige finanzielle Belastung der Steuerzahler:innen“, so Davis. Eine entsprechende Entscheidung wäre ihr zufolge politisch motiviert: „Der Senat will keine vorgezogenen Klimaziele.“
Der Verband Mehr Demokratie kritisierte die geplante Entkopplung als demokratisch fahrlässig. Im Hinblick auf die auch noch anstehende teilweise Wahlwiederholung der Bundestagswahl in Berlin sagt Landesvorstandssprecher Oliver Wiedmann: „Zwei Wahlen werden voraussichtlich an zwei verschiedenen Terminen wiederholt und dann käme noch ein weiterer Termin für den Volksentscheid hinzu: Das ist gegenüber den Wählerinnen und Wählern nicht vermittelbar.“ Er forderte die Verwaltung auf, „alles in ihrer Macht stehende zu tun, um Nachwahl und Volksentscheid zusammenzulegen und das Demokratie-Vertrauen in Berlin nicht weiter zu beschädigen“.
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