piwik no script img

Wahlprogramme der ParteienDie Qual der Klimawahl

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Wirklich konsequente Klimaprogramme hat keine der großen Parteien im Angebot. Die Pläne der Grünen sind da noch am konkretesten.

Die Grünen werden beim Thema Klimaschutz konkreter als die anderen Parteien Foto: Ronny Hartmann/dpa

E s ist Wahljahr in Deutschland, aber Klimagerechtigkeit kann man nicht wählen. Ein konsequentes Klima-Programm hat keine Partei im Angebot. Da sind sich die verschiedenen klimapolitischen „Wahl-o-Mate“ und Wahlprogramm-Analysen eigentlich einig. Klimagerechtigkeit würde ja auch heißen, dass Deutschland nicht mehr vom CO²-Budget der Menschheit aufbraucht als fair ist. Was fair ist – da kann man sich natürlich streiten.

Sollte man zum Beispiel die Unmengen an Emissionen einrechnen, die Deutschland seit der Industrialisierung in die Atmosphäre gepustet hat und beispielsweise Venezuela nicht? Dann dürfte Deutschland im Prinzip schon keine Treibhausgase mehr emittieren, sofern sich das Budget an dem Ziel ausrichtet, dass die Erde am Ende des Jahrhunderts höchstens 1,5 Grad wärmer ist als zu Beginn der Indus­trialisierung.

So etwas hat keine Partei in ihrem Programm. Oder sollte man sagen: Jetzt bekommt einfach jeder Mensch auf der Erde denselben Anteil am gemeinsamen CO2-Budget? Dafür müsste Deutschland seine CO2-Emissionen bis Mitte 2027 linear auf null absenken. Dann wäre der Anteil an der CO2-Menge aufgebraucht, die noch die Atmosphäre erreichen darf, wenn es eine halbwegs gute Chance von zwei Dritteln auf die Einhaltung des 1,5-Grad-Limits geben soll.

Damit kämen uns Länder wie Benin, Kiribas oder Indien schon entgegen, es käme einem ökologischen Schuldenschnitt gleich. Auch das bietet keine Partei an, obwohl das 1,5-Grad-Ziel mittlerweile fast alle irgendwie im Munde führen.

Und nun? Trotzdem gibt es massive Unterschiede zwischen den Parteien. Am konkretesten sind die klimapolitischen Maßnahmen der Grünen. Zu befürchten ist leider, dass die Union für einen gemeinsamen Koalitionsvertrag weite Teile davon schwärzen würde.

Und die FDP würde bestimmt keinen ganzen gelben Marker aufbrauchen, um gemeinsame Punkte anzustreichen. Zumindest auf der Ebene der Klimaziele ist übrigens die Linke – also der Rotstift – am ambitioniertesten, wenn auch in der Umsetzung teilweise etwas vage. Klimagerechtigkeit ist nicht wählbar, aber eine Wahl gibt es doch.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Liebe Frau Schwarz,



    verabschieden Sie sich doch endlich von der Illusion, die Parteien und damit der Staat könnten wesentliche Impulse für den Klimaschutz geben. Das müssen Haushalte und Unternehmen schon selbst tun. Und zwar im Rahmen einer intelligenten staatlichen Steuerung, die auf Anreizsysteme und marktwirtschaftliche Steuerungselemente setzt - und nicht auf Regulierung und Verbote. Es gibt nur eine Partei in Deutschland, die nicht den Irrweg des Brachialetatismus zum Erreichen politischer Ziele anstrebt: die FDP. Und die sollte dann auch jeder einsichtige Mensch wählen.

    • @OutbackerAS:

      nicht schlecht, fast hätte ich geglaubt, das wäre ernst gemeint

  • Was ist denn mit den diversen Kleinparteien?



    Klimaliste, ÖDP, Piratenpartei, die PARTEI, Tierschutzpartei etc.



    Alternativlos sind die Bundestagsparteien ja keineswegs.

    • @Eric Manneschmidt:

      Wer sich gar nicht für das kleinste Übel mit einer der über 5% Hürde etablierten Parteien entscheiden mag, kann natürlich mit Kleinstparteien ein Zeichen zu setzen versuchen.



      Falls sich jedoch in den kommenden Wochen noch die Chance für eine rot-grüne Koalition heraus kristallisieren sollte, fällt pragmatischen und strategisch überlegenden Wählern die Entscheidung nicht wirklich schwer: mehr Reformen für sozial-ökologische Transformation, eine Verkehrs- und Energie-Wende mit zumindest ernsthaft erkennbarem Willen zum Klimaschutz als damit, sind nämlich für die nächsten 4 Jahre auf keinen Fall zu haben...



      siehe:



      KlimaWahlCheck ➭ twitter.com/klimawahlcheckwww.klimawahlcheck.org

    • @Eric Manneschmidt:

      Tja in unserem amerikanischen Wahlsystem (die 6 großen Parteien und irgendwo der Rest) vermeidet es die 4.Gewalt jenen 40+ Parteien genug Plattform zu bieten um einen fairen Wahlkampf zu ermöglichen. Wir wollen ja nicht das noch irgendwer anderes vielleicht in den Bundestag einzieht, der womöglich noch wirklich Politik machen will.

      eben auch Team Todenhöfer oder viele andere.