Wahlkampfauftakt der Berliner Linke: Linke läuft sich warm

Die Berliner Linke freut sich über Rückenwind in der Vergesellschaftungsfrage. Spitzenkandidat Lederer greift Grüne für verschleppte Verkehrswende an.

Bild mit dem Linke-Spitzenkandidat Lederer, Linke-Landeschefin Schubert, und den linken Senatorinnen Katja Kipping und Lena Kreck

Spitzenkandidat Lederer, Landeschefin Schubert (2. v. l.), Senatorinnen Katja Kipping und Lena Kreck Foto: Lena Lachnit / dpa

BERLIN taz | Das Mietenthema ist zurück im Schon-wieder-Wahlkampf ums Berliner Abgeordnetenhaus. Und eine Partei in der rot-grün-roten Koalition freut das merklich am meisten: die Linke. „Wir machen die Wiederholungswahl zur Mietenwahl!“, rief ein sichtlich gut gelaunter Spitzenkandidat Klaus Lederer am Freitagabend auf der Bühne des Festsaals Kreuzberg. Parteivorstand und Landesausschuss hatten zum Kleinen Parteitag geladen: offizieller Wahlkampfauftakt. Oder, wie Sozialsenatorin Katja Kipping sagte: „Klaus, the floor is yours.“

Wenige Stunden zuvor war ein vorläufiger Entwurf des Zwischenberichts der Ex­per­t*in­nen­kom­mis­si­on zur Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne bekannt geworden – offiziell vorgestellt werden soll das Papier am Donnerstag. Es ist die erste inhaltliche Schwerpunktsetzung, die dieser Wahlkampf erfährt:

Der Streit um den Termin für das erfolgreiche Klima-Volksbegehren war bisher, wenn überhaupt, eher eine Debatte über direkte Demokratie als über die Klimaziele einer künftigen Koalition. „Zum Fremdschämen“ sei es im Übrigen, wetterte Schubert, dass die zuständige Innensenatorin Iris Spranger (SPD) es nicht geschafft habe, organisatorisch so vorzusorgen, dass man die Abstimmung über „Berlin 2030 klimaneutral“ auf den Wahltag am 12. Februar legen könne.

Beim Thema Vergesellschaftung wird der Zwischenbericht der Ex­per­t*in­nen­kom­mis­si­on wohl zwei Punkte stark machen, wie auch Linken-Landesvorsitzende Katina Schubert am Freitag zufrieden feststellte: „Das Land Berlin hat die Gesetzgebungskompetenz. Und es muss auch nicht zu Mondpreisen enteignet werden.“

Die Berliner CDU und ihr Spitzenkandidat Kai Wegner können nach einer Umfrage auf einen Sieg bei der Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl am 12. Februar hoffen. Demnach kämen die Christdemokraten auf 25 Prozent der Stimmen. Sie würden die mit 21 Prozent der Stimmen zweitplatzierten Grünen und die bei 18 Prozent liegende SPD deutlich hinter sich lassen, wie die Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Tagesspiegel ergab.

Die Linkspartei würde der Umfrage zufolge bei 13 Prozent stagnieren und auf dem vierten Platz landen. Die zuletzt teils deutlich besser bewertete AfD käme nur auf acht Prozent der Stimmen. Die FDP liegt laut Umfrage bei fünf Prozent und müsste um den Wiedereinzug ins Abgeordnetenhaus bangen. Die größte Mehrheit brächte auch weiterhin das derzeit regierende Bündnis aus SPD, Grünen und Linke (52 Prozent) zusammen. (dpa, taz)

Bund hat noch nichts geregelt

Ob Berlin überhaupt Grundstücke vergesellschaften kann oder der Bund nicht eigentlich zuständig ist, war eine der Fragen, die eine von rot-grün-rot eingesetzte Kommission klären sollte, nachdem ein Volksentscheid für die Enteignung großer Wohnkonzerne 2021 erfolgreich gewesen war.

Ja, Berlin kann das selbst regeln. Und zwar einfach deshalb, weil der Bund vom Vergesellschaftungsparagraphen bisher in diesem Bereich noch gar keinen Gebrauch gemacht hat, also noch gar nichts geregelt hat. Außerdem geht die Expertenkommission, wie übrigens auch Grünen-Finanzsenator Daniel Wesener, inzwischen davon aus, dass die Entschädigung der Konzerne unter dem Marktwert ihrer Immobilien erfolgen könnte – weil man spekulationsbasierte Gewinne herausrechnen würde.

Schubert machte es denn auch sichtlich Freude, den Koalitionspartner an ein Versprechen zu erinnern: „Die SPD hat gesagt: Die Vergesellschaftung wird vollzogen, wenn es rechtlich möglich ist“, sagte die Linken-Landeschefin. „Na, da sind wir jetzt ja ein gutes Stück weiter.“

Spitzenkandidat Lederer versuchte dann zu vermitteln, warum man sich auf dem Erreichten nicht ausruhen dürfe: Nur die Linke sei „der Garant dafür, dass es am Ende auch einen Gesetzentwurf für die Vergesellschaftung gibt, der im Abgeordnetenhaus beschlossen werden kann.“

Will heißen: Dass Berlin nach Meinung der Ex­per­t*in­nen die Gesetzgebungskompetenz für die Vergesellschaftung hat, ist zwar schön, aber ob es tatsächlich ein Gesetz geben wird, ist vor allem mit der SPD noch längst nicht ausgemacht.

1 Milliarde für sozialen Wohnungsbau

Für die Berliner Linke ist ein Bündnis mit SPD und Grünen weit und breit die einzige Machtoption – eine Koalition, die auch in Umfragen weiterhin eine Mehrheit bei den Ber­li­ne­r*in­nen hat. Entsprechend angriffslustig versucht man offenbar nun, das eigene Profil innerhalb des Regierungsbündnisses zu schärfen: Im Januar werde man ein 1-Milliarde-Euro schweres Konzept für sozialen Wohnungsneubau vorlegen, versprach Lederer. Denn auch die Linke wolle „natürlich“ neu bauen, aber eben sozial, hieß es in Richtung der neubaufixierten SPD-Regierungschefin Franziska Giffey (SPD).

Katina Schubert, Linke-Landesvorsitzende, zur Vergesellschaftung von Wohnungskonzernen

„Na, da sind wir jetzt ja ein gutes Stück weiter.“

Bei den Grünen machte Lederer offenbar die auf Berliner Straßen bisher eher schleppend vorangekommene Verkehrswende als größte Angriffsfläche aus. „Die jüngste Hängepartie um das Semesterticket war da auch nicht hilfreich“, rügte Lederer Grünen-Verkehrssenatorin Bettina Jarasch. „Hilfreich ist mehr Bus, mehr Bahn, mehr Tram.“ Hilfreich seien auch mehr Leihfahrräder, und zwar nicht nur in den Innenstadtkiezen, sondern „auch in Schmöckwitz und Lichtenrade“.

An Landeschefin Schubert war es dann, den Ge­nos­s*in­nen noch ein paar ganz praktische Tipps mit in den winterlichen Straßenwahlkampf zu geben: „In die Füße kriecht die Kälte besonders eklig an den Ständen. Nehmt euch Thermosohlen mit!“

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