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Wahlkampf mit und ohne DodikDas große kleine Puppentheater

Erich Rathfelder

Kommentar von

Erich Rathfelder

Der kleine Führer der serbischen Minderheit in Bosnien-Herzegowina ist das Role Model für alle autoritären Herrscher unserer Tage. Auch für Trump.

Nach seiner Wahl: Sinisa Karan (Mitte), Kandidat der SNSD für das Amt des Präsidenten der Republika Srpska, am23.11.2025 Foto: Nidal Saljic/epa

D er groß gewachsene Spitzenkandidat der Regierungspartei SNSD, Sinisa Karan, steht auf dem Wahlplakat zwar deutlich im Vordergrund. Doch hinter ihm steht der ebenfalls groß gebaute Ex-Präsident der serbischen Entität in Bosnien und Herzegowina, Milorad Dodik. Das Wahlplakat sollte wohl zunächst den Nachfolger-Kandidaten Sinisa Karan im Wahlkampf gegen den Spitzenkandidaten der Opposition, Branko Blanusa, stützen.

Das Plakat zeigt offen die Machtverhältnisse in diesem Teil Bosniens und Herzegowinas, der Republika Srpska, an. Wie eine Art Drohung an Freund und Feind: Ihr seid mich noch nicht los, denkt nicht daran, mich zu verraten, denkt nicht einmal daran, dass meine Politik gescheitert ist, ganz gleich, ob ich nicht selbst gewählt werden kann. „Ich habe immer noch die Zügel in der Hand“, Sinisa Karan ist für ihn nichts mehr als eine Puppe, ein nützlicher Idiot.

Dodik wütet wie eh und je und weiß sich mit seinen großen Freunden Donald Trump und Wladimir Putin, den er oft besuchen durfte, verbunden. Er war es ja, der noch vor Trump den Ton für Autokraten aller Arten gesetzt hat, indem er Gegner beschimpfte und bedrohte, die Lüge und die Leugnung von Kriegsverbrechen zur Wahrheit erhob, ganz so wie Trump dies später tat. Seine kürzlichen Tiraden gegen das „nach Cevapcici stinkende“ schmutzige Sarajevo oder den für die internationale Gemeinschaft agierenden Hohen Repräsentanten Christian Schmidt, den er als Nazi beschimpfte, ihn mit einem SS-Helm aus dem 2. Weltkrieg in Verbindung setzte, zeigt aber auch, dass er blind um sich schlägt.

Der „Führer“ von gerade einmal 200.000 Anhängern in der Republika Srpska wurde zwar mit Hilfe Europas abgesetzt, doch durfte er auf Geheiß der USA und Trumps alle von ihm und seiner Familie zusammengerafften Besitztümer behalten. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Doch ausgerechnet in Serbien und dem serbischen Teilstaat wächst der Unmut gegen ihn. Nächstes Jahr kommen aber die richtigen Wahlen.

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Erich Rathfelder
Auslandskorrespondent Balkanstaaten
Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.
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1 Kommentar

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  • Etwas übertrieben formuliert jetzt aber schon, oder? Als ob der komische Dodikvogel außerhalb seines Halbstaats ernstgenommen würde, als ob Autokraten nicht schon andere Vorbilder hätten, geschichtlich wie aktuell.