Wahlkampf in Schleswig-Holstein: Die Grünen machen den Unterschied

Die meisten Parteien im schleswig-holsteinischen Landtag setzen irgendwie doch weiter aufs Auto. Nachhaltig ist nur die Verkehrspolitik der Grünen.

Zwei Radler in Regenmänteln auf einem Deich

Ein bisschen was abkönnen muss schon, wer in Schleswig-Holstein radeln will: auf dem Deich im Regen Foto: Angelika Warmuth/dpa

HAMBURG taz | Klimafreundlichen Verkehr wollen sie alle. Doch den Autoverkehr an die zweite Stelle zu setzen – das trauen sich unter all den im schleswig-holsteinischen Landtag vertretenen Parteien nur die Grünen.

Den Wahlprogrammen von SPD, CDU, SSW und FDP fehlt der Schwerpunkt. Sie versprechen alles gleichzeitig: Straßen zu bauen, den öffentlichen Nahverkehr zu verbessern und das Radfahren attraktiv zu machen. Sie wollen zwar mehr Menschen dazu bringen, auf Bus und Bahn oder das Rad umzusteigen, es finden sich aber wenige konkrete Vorschläge und vor allem nicht der Wille zur strukturellen Veränderung.

Das beginnt schon auf der Bekenntnisebene. Zwar räumt die CDU ein, der Verkehr befinde sich „in einer großen Phase der Transformation“, sie sagt aber zugleich: „Für uns sind alle Verkehrsträger gleichberechtigt.“ Die SPD erklärt, die Bedürfnisse des Radverkehrs gleichberechtigt mit den Bedürfnissen des Kraftverkehrs berücksichtigen zu wollen und die FDP will die Verkehrsträger nicht gegeneinander ausspielen.

Was das für den Haushaltsplan bedeutet, ist ungewiss. Die CDU versichert: „Der motorisierte Individualverkehr bleibt Teil unserer Mobilitätsstrategie“ – als ob daran Zweifel beständen. „Problematisch sind für uns nicht neue Straßen, sondern die Antriebe der Fahrzeuge, die darauf unterwegs sind“, formuliert die SPD. Und die FDP bekennt sich „ausdrücklich zum motorisierten Individualverkehr (MIV)“.

Die Autofahrer sollen nicht eingeschränkt werden

Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) fordert eine Verkehrswende, ohne den Autoverkehr einzuschränken und behauptet: „Das ist nicht die Quadratur des Kreises, sondern eine Frage des politischen Willens und Handelns.“ Nur die Grünen formulieren ausdrücklich das Ziel, „dass der motorisierte Individualverkehr künftig eine geringere Rolle im Mobilitätsmix als zurzeit noch spielt“.

Nur die Grünen „möchten bei der Finanzierung Priorität auf den öffentlichen Verkehr und die Schiene legen“. Folgerichtigerweise schlagen die Grünen nicht wie SPD und FDP eine bessere Ausstattung des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr (LBV) vor, sondern einen Landesbetrieb Mobilitätswende.

Die Grünen wollen Tempo 30 in der Stadt. Das würde Sprit sparen

Konkret wünschen sich die Grünen keine neuen Bundesfernstraßen und betonen ihre Kritik an der geplanten Fortführung der A20 über die Anbindung an die A7 hinaus und den Ausbau der A23. Alle anderen Parteien dagegen wollen die Fortführung der A20 und darüber hinaus den Bau oder Ausbau weiterer Straßen.

Um Leute vom Auto wegzulocken, versprechen CDU und FDP, die Radstrategie der gegenwärtigen Landesregierung konsequent fortzusetzen, dito der SSW. Ziel der Strategie ist es, den Anteil des Radverkehrs auf allen Wegen bis 2030 auf 30 Prozent zu erhöhen. Die FDP schlägt vor, die Radwege mit den Landstraßen gleich mit zu sanieren. Die SPD will 1.000 Kilometer Radwege herrichten und die überregionalen Radwege künftig vom Land statt den Kommunen bauen lassen.

Die Grünen verbinden das mit einem Qualitätsanspruch: Sie fordern höhere Mindeststandards für Rad- und Fußwege und sehen das als Voraussetzung für eine finanzielle Förderung durch das Land.

Grüne wollen Strecken reaktivieren

Alle Parteien versprechen, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen, ihn zugänglicher und durch Digitalisierung intelligenter zu machen, die Takte zu verdichten und besser aufeinander abzustimmen sowie Bahnstrecken auszubauen und zu reaktivieren. Letzteres machen CDU und FDP im Gegensatz zu den Grünen davon abhängig, dass dies wirtschaftlich tragfähig sei.

Die CDU will das Schienennetz nur erweitern, wenn das „von einem breiten kommunalen Konsens getragen“ ist. Das führt dazu, dass im Programm zwischen Radwegen und Velorouten ein Bahnprojekt aufgeführt ist, das die CDU explizit nicht will: „Eine Reaktivierung der problembehafteten Strecke Flensburg-Niebüll lehnen wir ab“, heißt es darin.

Die Grünen wollen Bahnstrecken mit Geld aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz reaktivieren. Geht es nach ihnen, soll keine Bahnstrecke mehr entwidmet werden. Kurgäste sollen, wie in Skigebieten üblich, Busse und Bahnen kostenlos nutzen können. Die Bahncard 50 soll auch im Schleswig-Holstein-Tarif gelten. Die SPD will, „dass die nächste Bahnstation überall in Schleswig-Holstein nicht weiter als 20 Kilometer vom Wohnort entfernt ist“.

Beim Straßenverkehr setzen die Parteien auf CO2-neutrale Antriebe. Sie wollen deshalb ein Netz an E-Ladesäulen aufbauen, der SSW ein Netz an Wasserstoff-Tankstellen und auch CDU und FDP betonen, dass synthetischen Kraftstoffen aus erneuerbarer Energie (E-Fuels) eine Chance gegeben werden müsse. Aus heutiger Sicht ergeben Wasserstoff oder E-Fuels nur in Nischen einen Sinn.

Der SSW fordert Tempo 130 auf Autobahnen, die Grünen schlagen Tempo 80 auf Landstraßen vor und Tempo 30 innerorts. Das würde Sprit sparen und der kostbare Öko-Treibstoff könnte anderweitig verwendet werden.

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