Wahlkampf, Nord Stream 2, Alfred Biolek: Mit etwas Fortune
Obwohl sich in der zurückliegenden Woche rechte Aufreger aufdrängten, gab es mit Flut und Klima wichtigere Themen. Und: Abschied von Sir Alfred.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Sommerloch geflutet.
Und was wird in dieser besser?
Scholz bei Kanzlerfrage vor Laschet und Baerbock.
Die Nachrichtenlage zuletzt war ziemlich braun: Höcke versuchte Thüringens Ministerpräsidenten Ramelow zu stürzen, ein AfD-Mann wurde in den baden-württembergischen Verfassungsgerichtshof gewählt, „Querdenker“ treten als Fluthelfer:innen auf, Amthor ließ sich mit Neonazis fotografieren. Normaler deutscher Alltag?
Mit etwas Fortune geht es über Corona, Flut, Klima und noch irgendein Thema im September an die Urne, ohne dass ein genuin „rechter“ Aufreger noch mal hochkocht. Beunruhigende Lagen schaffen beruhigende Wahlergebnisse, viele werden dann „Stabilität“ wählen. Im Ergebnis: „Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen.“ Selbst ein positionsgerechter Wechsel – Laschet für Merkel, Grün für Rot – ist für viele schon sportlich. Also darf man die Erregungsvorschläge von rechts – Höckes destruktives Misstrauensvotum, Amthors frivole Kindereien – als solche schnell wegatmen. Oder dem Staatsanwalt überlassen: Wenn Sektenführer Elsässer und „Querdenker“ Schiffmann Spenden sammeln, wüsste man gern, was davon wo landet.
Während CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet sich beim Besuch im Flutkatastrophengebiet daneben benahm, legten Kanzlerin Angela Merkel und Malu Dreyer einen berührenden Auftritt hin. Was kann Laschet davon lernen?
Dass Frau Dreyer manchmal beeinträchtigt und hilfsbedürftig wirkt, hat damit zu tun, dass sie es manchmal ist. Laschet eilt vor die Kameras, und indem er sagt, dass man mit Katastrophen keine Wahlkampfbilder erzeugen sollte, tut er es. Das ist nicht entwirrbar; Merkel und die MP können nicht gekünstelt rotzig auftreten und der MP kann sich nicht verstecken. Signifikanter schon, dass Laschet sich in seiner TV-Ansprache länger bei „Plünderern in Eschweiler“ und „alle schon in U-Haft“ aufhält als mit dem Klimathema. Den Law-and-Order-Mann kauft man ihm eher ab als Söder den Grünen.
Nach der Flutkatastrophe fordern Politiker:innen Konsequenzen. Die Versicherungspflicht für alle Immobilienbesitzer:innen ist im Gespräch. Eine gute Idee?
Das kann ich Ihnen versichern. Jetzt zahlen Mieter in Garmisch für Hauseigentümer in Ahrweiler. Denn die Notprogramme des Staats kommen aus Steuern. Bei einer Versicherung zahlt der lawinenbedrohte Almbauer für die flutumtoste Küstenkate. Das hebt sich so sicher auf wie der Klimawandel mehr Extremwetter bringt. Schon jetzt gelten manche Immobilien als „unversicherbar“. Also wird der Staat die Versicherer rückversichern, wie heute in Frankreich oder bis 1991 in Baden-Württemberg. Wir werden Keller kacheln, Friesen fliesen und hoffen, dass es vorbeizieht.
Jahrelang haben sich Deutschland und die USA über die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 gestritten. Nun haben die Streithähne eine Vereinbarung geschlossen. Ein Anlass zum Gratulieren?
CDU-Merkel rettet ein Projekt, bevor die Grünen drankommen und SPD-Ostpolitik ruinieren. Das hat Charme. Es gibt eh Nord Stream 1, Turkstream, die Jamal-Europa-Pipeline, und nun kann das Thema in Ruhe entpopanzt werden. Da auch Garantien für die Ukraine vereinbart wurden, wird man nun genauer schauen, ob man alle Klimaprobleme beim bösen Ivan abliefert oder alle dringend handeln müssen.
Jeff Bezos machte diese Woche seinen ersten Ausflug ins All. Wären Sie gern mitgeflogen?
Wer Visionen hat, soll zum Arzt fliegen. Den Wettbewerb zwischen Bezos und Branson, der eine Woche vorher flog, gewinnt Musk, der eine umfassende Business-Strategie dahinter hat und noch nicht flog. Eine neue Dimension von „wer hat den längsten“, Parabelflug diesmal.
Alfred Biolek, Pionier der Talk- und Kochshows, ist im Alter von 87 Jahren gestorben. Was ist Ihr liebster Biolek-Fernsehmoment?
Bio, recht eigentlich vielmehr Sir Alfred, hatte viel zu viel Stil, um diese Frage selbst zu beantworten. Er hat mir 96 entscheidend geholfen, meine Firma zu gründen, und die Anteile später ebenso großzügig entwirrt. Also ich bin Partei. Seine.
Und was machen die Borussen?
Das „Adieu“-Video von Jadon Sancho auf dem Weg nach Manchester enthält so viele erlesene Übersteiger und Tricks gegen Schalker, dass ich fast glaube: Er weiß, wo er die vier Jahre gespielt hat.
Fragen: Carolina Schwarz , Emeli Glaser
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