Wahlen in Togo: Opposition fürchtet Manipulationen
Bei den Parlamentswahlen drängen Regimegegner an die Urnen, aber sie fürchten Gewalt und Manipulation. Seit 50 Jahren ist dieselbe Familie an der Macht.
BERLIN taz | So manche Oppositionelle in Togo waren sich schon vor Öffnung der Wahllokale sicher, wie die Parlamentswahl ausgehen wird: 46 von 91 Sitzen für die Regierungspartei, also eine knappe absolute Mehrheit, die angesichts der weithin erwarteten Fälschungen in Wahrheit eine Wahlniederlage darstelle. Der westafrikanische Kleinstaat, jahrzehntelang eine der brutalsten Diktaturen der Region, nutzt Wahlen traditionell zu einem auch außerhalb der Institutionen ausgetragenen Kräftemessen.
Eigentlich hätte schon im Oktober 2012 gewählt werden sollen. Massenproteste in der Hauptstadt Lomé für Reformen vor Wahlen sorgten für mehrfache Verschiebungen. Erst Anfang dieses Monats wurden sich Regierung und Opposition einig.
Togo wird seit fünfzig Jahren von derselben Familie regiert – auf den langjährigen Militärdiktator Gnassingbé Eyadema folgte nach seinem Tod 2005 sein Sohn Faure Gnassingbé, der zweimal unter höchst umstrittenen Umständen zum Präsidenten gewählt worden ist. Gnassingbé integrierte immerhin den historischen Oppositionsführer Gilchrist Olympio – Sohn des 1963 weggeputschten ersten Präsidenten des unabhängigen Togo – in seine Regierung.
Aber die Opposition hat sich ohne Olympio verjüngt und tritt jetzt unter dem Kürzel ANC (Nationale Allianz für Wandel) an, das auch zivilgesellschaftliche Bewegungen vereint. Die Opposition ruft zur massiven Wahlbeteiligung auf, um Fälschungsversuche seitens der Regierung zu vereiteln.
„Keine Stimme zu verlieren“
Bei den letzten Parlamentswahlen 2007 hatte Gnassingbés Regierungspartei, die damals noch RPT hieß (Sammlung des togoischen Volkes) und heute Unir (Union für die Republik), 50 von 81 Sitzen erhalten. Jetzt will die Opposition die absolute Mehrheit der Regierung knacken, um sich eine gute Ausgangslage für die Präsidentschaftswahl 2015 zu verschaffen.
„Wir ziehen in diese Wahl wie in einen Krieg“, erklärte ANC-Chef Jean-Pierre Fabre. „Wir haben keine einzige Stimme zu verlieren.“
Ersten Berichten zufolge zeichnete sich eine hohe Wahlbeteiligung ab. Oppositionelle fürchten aber, dass in Oppositionshochburgen fiktive Wahllokale und fiktive Wahlurnen organisiert worden sind, um bei der Auszählung die realen Stimmen gegen fiktive auswechseln zu können.
Am frühen Nachmittag wurde berichtet, Gardisten aus Gnassingbés Heimatstadt Kara im Norden Togos seien ausgeschwärmt und in den oppositionellen Radiosender „Légende“ von Lomé seien schwerbewaffnete Sicherheitskräfte eingedrungen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern