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Wahl zur Bundestags-VizepräsidentinAfD-Kandidatin durchgefallen

Eigentlich darf auch die AfD einen Posten als Bundestags-Vize besetzen. Erneut ist jedoch mit Harder-Kühnel ein*e Kandidat*in der Partei durchgefallen.

Harder-Kühnel gilt als gemäßigt Foto: dpa

Berlin dpa | Die AfD-Abgeordnete Mariana Harder-Kühnel hat bei der Wahl zur Bundestags-Vizepräsidentin in einem ersten Wahlgang nicht die erforderliche Mehrheit erhalten. Die 44-Jährige bekam am Donnerstag nur 223 von 654 abgegeben Stimmen. 387 Abgeordnete votierten gegen sie. Die SPD hatte zuvor angekündigt, gegen Harder-Kühnel zu stimmen. Die CSU hatte ihren Abgeordneten die Abstimmung freigegeben. Ein zweiter Wahlgang soll im Dezember stattfinden.

Damit ist auch mehr als ein Jahr nach der Bundestagswahl der sechste Stellvertreter von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) noch nicht gewählt. In Albrecht Glaser war ein erster AfD-Kandidat bereits vor längerer Zeit in drei Wahlgängen durchgefallen.

Glaser war vor allem wegen Äußerungen zum Islam kritisiert worden. Er hatte den Muslimen in Deutschland das im Grundgesetz verbriefte Recht auf Religionsfreiheit abgesprochen, weil seiner Auffassung nach der Islam selbst keine Religionsfreiheit kennt.

Der Bundestag hatte in seiner konstituierenden Sitzung am 24. Oktober 2017 beschlossen, dass jede Fraktion einen Bundestagsvizepräsidenten oder eine Bundestagsvizepräsidentin stellen kann.

Harder-Kühnel gehört zu den eher gemäßigten Mitgliedern der AfD-Fraktion. Die Rechtsanwältin war auf dem Spitzenplatz der hessischen Landesliste in den Bundestag eingezogen. Sie ist bisher eine der Schriftführerinnen im Bundestag und ordentliches Mitglied im Familien-Ausschuss. Stellvertretendes Mitglied ist sie bisher zudem im Ausschuss für Inneres und Heimat.

Nach ihrer Niederlage steht die Harder-Kühnel für weitere Wahlgänge zur Verfügung. „Es hat jetzt im ersten Wahlgang nicht ganz gereicht, aber wir haben ja noch mindestens zwei Wahlgänge vor uns“, sagte sie am Donnerstag. „Ich denke, dass ich letztendlich auch gewählt werde.“

Ein zweiter Wahlgang solle im Dezember sein, einen dritten dürfte es gegebenenfalls im Januar geben, kündigte AfD-Chef Alexander Gauland an. „Gegen meine Person wurden im Vorfeld der Wahl keinerlei Bedenken geltend gemacht“, sagte Harder-Kühnel. Es gehe viel mehr darum, dass man überhaupt niemanden aus der AfD wählen wolle. Sie bot den anderen Parteien direkte Gespräche an, um Zweifel aus dem Weg zu räumen.

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10 Kommentare

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  • Das macht aus meiner Sicht gar keinen Sinn. Schlimmer noch, man verschwendet wertvolle Zeit um wirklich etwas Effektives in der "Wahlzeit" auf die Beine zu stellen. Wenn es nur um die pauschale Ablehung geht, obwohl der Posten zusteht, dann hat das auch nichts mit echter Demokratie zu tun.

  • Die Mehrheit der Bevölkerung versteht, dass man in einer Demokratie die Wählenden von sich überzeugen muss, und Wahlergebnisse nicht per Dekret oder Tradition festgelegt werden. Dieser Vorgang ist demokratisch. Und wer Mitglied einer Partei ist, die Nazis und Rassisten eine Heimstatt bietet, dem fällt es natürlich schwer zu überzeugen. Es wird noch viel zu samt mit dieser verfassungsfeindlichen Organisation umgegangen, die Lügen, Diffamieren und Beschimpfen kennzeichnet.

    Es geht darum, den Auftrag des GG ernst zu nehmen und sich gegen Antidemokraten zur Wehr zu setzen, die bewusst und gewollt Neonazis in ihren Reihen haben und diese auch noch schützen.



    Die AfD tut sich einfach nur selber gerne leid. Ich persönlich könnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren die AfD zu wählen oder auch nur mit ihr zusammenzuarbeiten und das sollten Abgeordneten auch nicht tun, egal wie die bisherigen Gepflogenheiten waren.

  • Haben die Parteien, die gegen die Dame gestimmt haben, dafür auch Argumente (oder zumindest fadenscheinige Vorwände) genannt?



    Oder hat man "einfach aus Prinzip" gegen entgegen demokratischer Gepflogenheiten gehandelt?

    • @Franz Georg:

      Oi. Da prasselt es wieder "man wird das ja wohl mal..."

      Also: ich habe ein wenig recherchiert. Ich hätte auch bei dieser Dame mit "nö" gestimmt.

      Warum? Recherchieren Sie doch selber.

      Im übrigen ist es an der AfD eine*n Kandidat*in aufzustellen, die im Haus genug Zustimmung findet.

  • Ist Harder-Kühnel durch irgend etwas negativer aufgefallen als der Durchschnitt der AfD? Wenn nicht, hilft die Nichtwahl nur der AfD, sich als Opfer darzustellen. Wenn der AfD lt. Geschäftsordnung ein Posten zusteht, muss sie ihn bekommen. Auch wenn es bitter ist.

    PS: Ist sich die TAZ bei Mariana Harder-Kühnel nicht sicher, ob es sich um eine Frau handelt? Oder was sollen die Sternchen? :-)

  • es ist wie in der DDR, heute heisst es Haltung zeigen, früher nannte man es Klassenbewusstsein, ehemalige DDR Bürger werden sich erinnern, Andersdenkende ausschliessen. Blockparteien plus Gewerkschaften plus Massenorganisation Kirchen bilden die Nationale Front.

    • 9G
      970 (Profil gelöscht)
      @schoenerrhein:

      Ihr armen Opfer von der AfD... könnt mir mal gerne die Demokratie erklären. Glauben werde ich euch kein Wort.

    • @schoenerrhein:

      Na, das ist natürlich auch eine Variante die DDR zu verharmlosen.

      • @LesMankov:

        Ich kann in SchoenerRheins Kommentar keine Verharmlosung sehen, könnten Sie mir auf die Sprünge helfen?



        Er/Sie kritisiert Diskriminierung und Ausgrenzung. Nach der Erklärung in meinem Duden ist "Kritisieren" ziemlich genau ein Gegenteil von "Verharmlosen".

  • Ich finde das sehr unklug.

    Bei Glaser hat man gesagt, er sei unwählbar wegen seinen Positionen zur Religionsfreiheit, was völlig richtig war.

    Nur solche Gründe liegen hier nicht vor. So macht man sich selber unglaubwürdig, wenn man seine eigenen Argumente hinterher ad absurdum führt.