Wahl in Katalonien: Ein Ja für die Unabhängigkeit
Als stärkste Partei geht die spanientreue Sozialistische Partei hervor. Dennoch könnte der Unabhängigkeitsblock erneut die Regionalregierung bilden.
Stärkste Einzelpartei wurde allerdings die Sozialistische Partei Kataloniens (PSC), der regionale Ableger der PSOE von Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez, unter dessen bisherigem Gesundheitsminister Salvador Illa. Sie erzielten 23 Prozent und 33 Sitze, 16 mehr als vor dreieinhalb Jahren. Auch 2017 wurde mit den rechtsliberalen Ciudadanos (Bürger-Cs) eine spanientreue Formation stärkste Kraft. Jedoch bildete damals der Unabhängigkeitsblock eine Regierung. Auch dieses Mal gilt dies wieder als die wahrscheinlichste Option.
Die Wahlbeteiligung war mit 53,6 Prozent der 5,6 Millionen Wahlberechtigten knapp 24 Prozent niedriger als beim letzten Urnengang. Viele Menschen blieben aus Angst vor einer Covid-Infektion zu Hause. Die Wahlen fanden unter starken sanitären Sicherheitsmaßnahmen statt. Mancherorts waren die ausgelosten Wahlhelfer nicht erschienen. Die Stellvertreter mussten verpflichtet werden.
Cs sind die Verlierer des Wahlabends. Statt wie bisher mit 36 Sitze, werden sie nur noch mit sechs Abgeordneten vertreten sein. Ein Teil ihrer Stimmen ging zu den Sozialisten, ein anderer Teil zur rechtsextremen Vox, die mit 7,68 Prozent und 11 Abgeordneten erstmals ins katalanische Parlament einzieht. Die wichtigste Oppositionspartei in Spanien, die konservative Partido Popular (PP) büßte einen ihrer vier Abgeordneten ein.
Schwierige Mehrheitssuche für Illa
„Katalonien liebt Spanien und Spanien liebt Katalonien“, erklärte Sozialist Illa bei seiner Siegesrede. Er wolle in Barcelona, wie in Madrid auch, eine Koaliton der Sozialisten mit den Linksalternativen von En Comú Podem („Gemeinsam können wir“), die 6,9 Prozent erzielten und weiterhin acht Abgeordnete haben. Doch die beiden summieren nur 41 Abgeordnete.
Um zu regieren, bräuchte Illa die Unterstützung der Unabhängigkeitspartei Republikanische Linke Kataloniens (ERC) des bisher regierenden Pere Aragonès. Doch dieser wird sich einen solchen Schwenk hin zu einem lagerübergreifenden Regierungsbündnis, angesichts des sehr guten Abschneidens der Unabhängigkeitsbefürworter insgesamt, kaum leisten können.
Aragonès kündigte selbst Anspruch auf das Amt des katalanischen Regierungschefs an. Seine ERC erzielte wie die Sozialisten 33 Abgeordnete, hat allerdings mit 21,3 Prozent deutlich weniger Stimmen. Aragonès verlangte von Madrid einen Dialog und beteuerte, Katalonien befinde sich nun in „einer neuen Phase, um das Referendum, die Amnestie der Gefangenen und der katalanischen Republik zu erreichen“.
Unter den Gefangenen in Zusammenhang mit der Abhaltung eines Unabhängigkeitsreferendums im Oktober 2017 befindet sich fast die gesamte damalige Regierung, unter anderem der ERC-Parteichef und ehemalige Vize-Regierungschef Oriol Junqueras, der eine 13-jährige Haftstrafe absitzt.
Der ehemalige katalanische Regierungschef und derzeitige Europaabgeordnete Carles Puigdemont befindet sich zusammen mit anderen im Brüsseler Exil. Seine JuntsxCat („Gemeinsam für Katalonien“) liegt mit 20,1 Prozent und 32 Abgeordneten erstmals hinter ERC. Während ERC einen Sitz hinzugewann, verlor JuntsxCat zwei Abgeordnete. Dritte im Bunde der Unabhängigkeitsbefürworter ist die antikapitalistische CUP, die künftig neun statt vier Abgeordnete hat.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott