Wahl in Bulgarien: Stabil instabil
Die Bulgar:innen sind nicht zu beneiden. Seit vier Jahren werden sie regelmäßig an die Wahlurne gerufen. Aber es ändert sich nichts.
E s ist schon erstaunlich, dass sich immerhin noch 38 Prozent der bulgarischen Wähler*innen dazu aufgerafft haben, bei der Parlamentswahl am vergangenen Sonntag ihre Stimme abzugeben. Doch auch dieser Urnengang, der siebte innerhalb von knapp vier Jahren, dürfte für den ärmsten Mitgliedstaat der Europäischen Union leider wieder nicht zum erhofften Befreiungsschlag werden.
Bojko Borissow, langjähriger Ministerpräsident und korrupter Machenschaften nicht unverdächtig, hat mit seiner Partei „Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens“ (GERB) zwar erneut die meisten Stimmen eingefahren. Doch diese auch in eine stabile Regierungsmehrheit umzumünzen, dürfte mangels williger Koalitionspartner nicht einfach werden.
Denn das zweitplatzierte prowestliche Reformbündnis aus „Wir setzen die Veränderungen fort“ (PP) und Demokratisches Bulgarien (DB) hat da so seine Vorbehalte. Zu Recht. Stein des Anstoßes ist der Oligarch und Medienmogul Deljan Peewski, den die USA und Großbritannien wegen Korruptionsvorwürfen mit Sanktionen belegt haben. Eine gewisse Nähe zwischen Peewski und Borissow ist unübersehbar. Warum Letzterer nicht endlich die Strippen zieht, ist vielen Bulgar*innen ein Rätsel. Sie machen vor allem Peewski für die Dauerkrise verantwortlich.
A propos Borissow: Für ihn kommt eine Zusammenarbeit mit der rechtsextremen Partei Wasraschdane nicht infrage. Diese klare Aussage sowie der Umstand, dass Wasraschdane ihren Stimmenanteil von 14 Prozent nicht steigern konnte, ist hingegen mal eine gute Nachricht.
Unterm Strich bleibt: Die politische Hängepartie dürfte weitergehen – mit allen negativen Konsequenzen. Schon jetzt droht Sofia mehrere Milliarden Euro von der EU an dringend benötigten Coronahilfen zu verlieren. Weitere Zahlungen aus Brüssel verzögern sich, weil Reformen auf sich warten lassen. Das Gleiche gilt für Bulgariens Beitritt zur Eurozone und zum Schengenraum. So lautet das ernüchternde Fazit: Nach der Wahl ist vor der Wahl. Die Bulgar*innen sind wahrlich nicht zu beneiden.
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