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Wahl der Linkspartei-VorsitzendenZum ersten Mal zwei Spitzenfrauen

Die Linke hat eine neue Parteiführung. Die Delegierten wählten Susanne Hennig-Wellsow und Janine Wissler. Mit überraschendem Ergebnis.

Müssen nun den Laden zusammenhalten: Die neuen Linksparteichefinnen Susanne Hennig-Wellsow (l.) und Janine Wissler Foto: dpa

Berlin taz | Zum ersten Mal führen zwei Frauen die Linkspartei. Die rund 600 Delegierten wählten am Samstag auf einem Online-Parteitag Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow zu ihren neuen Vorsitzenden. Wissler ist Fraktionsvorsitzende in Hessen, Hennig-Wellsow führt die Thüringer Linken, und zwar Partei und Fraktion. Beide Ämter will sie allerdings aufgeben.

Janine Wissler kandidierte als einzige Kandidatin auf dem ersten Platz, auf dem nach den Regularien der Partei nur Frauen antreten dürfen. Die Delegierten wählten sie mit 84,2 Prozent ins Amt. Angesichts der Verhältnisse in der in Kritik geschulten Linken ist das ein sensationell gutes Wahlergebnis.

Hennig-Wellsows Ausgangsbasis war schwieriger. Sie trat auf der gemischten Liste gegen zwei männliche Gegenkandidaten an. 70,5 Prozent der Delegierten stimmten für sie. Das im Vergleich zu Wisslers Wahl schwächere Ergebnis hängt aber auch damit zusammen, dass Hennig-Wellsow offensiv für eine Regierungsbeteiligung im Bund wirbt und sich auch UN-Friedensmissionen mit deutscher Beteiligung vorstellen kann. Beides ist an der Basis höchst umstritten.

Einer ihrer Gegenkandidaten, Reimar Pflanz, präsentierte sich für die Skeptiker in der Linken in seiner Bewerbung als klare Alternative: Nein, zu Regierungsbeteiligungen, Nein zu Auslandseinsätzen. Fast 20 Prozent der Delegierten stimmten für ihn, was in etwa dem Anteil von Wäh­le­r:in­nen entspricht, die die Linke nicht in Regierungen sehen wollen. Eine Minderheit, wenn auch eine laute.

Soziale Sicherheit und Solidarität

In ihrer Bewerbungsrede prangerte Wissler vor allem die soziale Ungerechtigkeit im Lande an, das Brot-und-Butter-Thema der Linken. In der Coronapandemie säßen alle in einem Boot – doch die einen ruderten, während es sich die anderen in den Kajüten gut gehen ließen.

Außerdem erinnerte Wissler ihre Partei an etwas, das mal in der Linken als selbstverständlich galt, bevor es in der quälenden Auseinandersetzung zwischen dem Flügel um Sahra Wagenknecht und den ehemaligen Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger zum Zankapfel wurde: „Solidarität ist unteilbar und sie endet nicht an den Außengrenzen der EU“, rief Wissler ihren Ge­nos­s:in­nen zu. Damit setzte auch sie unter diese Debatte noch einmal einen Schlussstrich.

Zu den in der Partei heiß umstrittenen Fragen, nämlich zu UN-Blauhelm-Einsätzen und zur Regierungsbeteiligung, äußerte sie sich hingegen nicht.

Hennig-Wellsow trat erneut mit dem klaren Bekenntnis an, die Linke in eine Regierung zu führen. „Lasst uns CDU, CSU aus der Regierung vertreiben.“ Hennig-Wellsow erinnerte an die Erfolge der PDS im Osten in den 90er Jahren, die für die Menschen dort ansprechbar war, für sie kämpfte und sie nach der Wende in die neue Zeit begleitete. Diesen Anspruch müsse die Partei auch heute haben – nämlich für Veränderungen im Hier und Jetzt zu sorgen.

Sie zählte dabei konkrete Projekte auf: eine armutsfeste Mindestsicherung, die Stärkung des öffentlichen Gesundheitssystems und den Stopp von Rüstungsexporten. Alles Punkte, die in der Partei unumstritten sind. Auf mögliche Blauhelmeinsätze ging auch Hennig-Wellsow nicht ein, sondern appellierte stattdessen an ihre Partei: „Lasst uns das Gemeinsame sehen.“

Mit dem geglückten Wechsel an der Parteispitze gibt es zumindest die Chance, dass das gelingt.

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15 Kommentare

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  • Meine Tochter: "Die haben jetzt ZWEI FRAUEN als Chefs. Und EINE davon sieht gut aus!"

    So als O-Ton Bevölkerung.

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Wer waren die beiden männlichen Kandidaten?

  • Frau Lehmann: „Mit dem geglückten Wechsel an der Parteispitze gibt es zumindest die Chance, dass das gelingt.“



    Es wäre den Linken zu wünschen. Hoffe, die Linken finden zwischen Assimilation und Realpolitik einen Weg, der WählerInnen überzeugt. Die Grünen in BW haben leider keine bemerkbaren Spuren hinterlassen.

  • Das Ergebnis von Frau Wissler ist doch nicht so überraschend.

    Ich kenne sie seit den letzten Jahren schon aus Hessen und sie ist eine charismatische Person und auch rhetorisch schlagfertige Rednerin, vor allem im Landtag.

    Persönlich fand ich den Auftritt am Besten.

    m.facebook.com/pas...s/455047858479215/

    Antrag der Braunen im Landtag zum Thema Meinungsfreiheit, Deutsch kann da ja auch keiner fehlerfrei, Führsorge so geschrieben.

    Janine Wissler: "Fürsorge schreibt man nicht mit h. Mit Sorge um den Führer hat das nämlich nichts zu tun."

    Sie hat hier in Hessen teilweise einen sehr guten Instinkt gezeigt, bei FFF, bei der A49, die Aktion gegen Dumping bei den Busfahrern, Amazon Streik etc.

    Und da GRR bei uns nie geklappt hat, nicht die Schuld der Linken, musste die Linke hier auch noch nie unpopuläre Sachen durchsetzen.

  • 9G
    91655 (Profil gelöscht)

    Die LINKE steht in der Außenpolitik so weit außen (aber eben nicht links/demokratisch/menschenfreundlich), dass eine Regierungsbeteilung unmöglich ist.

    Jede Stimme für LINKE ist verloren, weil die Partei gar nicht anders will, als Oberlehrerhaft die Lebenslügen der Partei fortzusetzen und ihrem Hass gegen SPD und Grüne freien Lauf lässt.

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Ich wünsche meiner früheren Wegbegleiterin von Herzen viel Erfolg.

  • "Der Muff der CDU und CSU muss aus den Ministerien! Dringend!!! Es reicht sowas von!"

    Schauen Sie sich mal den Muff in Hessen oder BW an. Oder in HH und Berlin.



    Manche Parteien wirken wie ausgewechselt, wenn sie an der Macht sind. Zumal jene, die uns das Blaue vom Himmel versprechen.



    Wenn es sowas von reicht, dann ist es die Stagnation unserer Demokratie, die den Souverän zum Deppen macht, der nichts zu sagen hat.

    • @Rolf B.:

      War eigentlich als Antwort an @ROSA gedacht.

    • @Rolf B.:

      "Manche Psarteien" machen aber einen ganz guten Job, wenn die CDU/CSU nicht dabei ist.

      Komisch. Fast überall wo die was zu sagen haben, läuft ne Menge schief und es passieren die dicksten Klopper.



      Dort, wo sie nichts zu sagen haben, läuft es hingegen ziemlich überall ziemlich immer zumindest ganz passabel für den Anfang.

      Könnte es also sein, dass es tatsächlich nicht an Grünen oder SPD liegt - oder jedenfalls nicht mehr als an der Linkspartei in Thüringen oder beim Thema ostdeutsche Braunkohle (was ja auch nicht immer supi und blendend läuft, aber zumindest kein politischer GAU ist), sondern dass der Staats- und Geselllschaftszerfall in Deutschland uneinholbar weit vor allem und allen anderen am Regieren der "Union" liegt?

  • Wir brauchen definitiv die Linke in der nächsten Bundesregierung! Was nützen die menschenfreundlichste und solidarischste Grundhaltung und die besten Ideen, wenn sie nicht umgesetzt werden. Der Muff der CDU und CSU muss aus den Ministerien! Dringend!!! Es reicht sowas von!

    • @rosa :

      „Die Delegierten wählten sie mit 84,2 Prozent ins Amt. Angesichts der Verhältnisse in der in Kritik geschulten Linken ist das ein sensationell gutes Wahlergebnis.“

      Nicht angesichts der Verhältnisse in der Partei, sondern nur angesichts der gängigen Wahrnehmungsroutinen in den meisten Medien - einschließlich der taz.

    • @rosa :

      Einverstanden.. CDU/CSU Muff muss raus.



      Hardcore Linke Wissler ( warum nicht! ) rein und SED Resterampe Hennig-Wellsow..die braucht keiner ( warum auch nur ? )



      Das alte Führungsduo war schon problematisch und im Westen kaum vermittelbar... das Neue ? Warten wir Baden Württemberg und Rheinland Pfalz ab... mir schwant nichts Gutes .



      Und an Alle aus dem Osten... Ohne den Westen wird es nichts mit einer Regierungsbeteiligung im Bund. Und die wäre von grundsätzlicher Bedeutung für ein Aufbruch in Sache Menschenrechte und sozialer Gerechtigkeit. Wie gesagt Wissler.. lol ( die hat's drauf und ist lernfähig )



      Hennig-Wellsow ... nein Danke ( muss nicht sein... SED Charme hat sich überlebt)

      • @Pace#:

        Wissler hat in Hessen jetzt auch keine Bäume ausgerissen, das Niveau gehalten bei einer untergehenden SPD, mehr aber auch nicht. Das migrantisch prekäre Millieu hat sie auch nicht erreicht. Wellsow hat die Linke mit zur stärksten Kraft in einem Bundesland geformt.

      • @Pace#:

        Hennig-Wellsow, keine Ahnung, vielleicht ein Zugeständnuis an die Wagenknechtianer. Gute alte Antiimp-Nostalgie.

        Wissler mag eine "Hardcore-Linke" sein, aber sie ist nicht bescheuert oder ne Freidreherin, und ich kann mich SVEN GÜNTHER oben nur anschließen.

        Riexinger was evtl etwas zu blass, aber nicht angreifbar und konnte in Ruhe seinen Job machen, und den hat er gemacht. Die Partei ist konsolidiert. Kipping war besser als ich erwartet hatte (und ich hatte viel erwartet), von der wird man noch hören, es ist gut dass sie den Job nicht mehr am Hals hat.

        Was die Wahlen BW und RP angeht - sie wird die 5% kläglich versemmeln, so what, je nachdem wie weit sie über die unterirdischen 2,9/2,8 vom letzten Mal kommt, kann es ein kleiner bis mittelgroßer Sieg sein, eine gute Startposition für die BTW.

        Aber selbst sieht es bei der Bundestagswahl mau aus momentan. Ist zwar noch viele virale Replikationszyklen hin, aber die Linkspartei muss massiv Nichtwähler*innen mobilisieren, 2-3% mit den Grünen hin- und herzuschieben wird nichts bringen. Die SPD sollte versuchen den sozialen Teil der CDU zu sich zu ziehen. Die Grünen können sich auf dem Polster das sie haben ausruhen, brauchen nicht mehr wirklich mobilisieren oder um CDU-StammwählerInnen zu balzen, sondern können sich damit begnügen, die Krümel aufzusammeln, die den anderen danebenfallen; vom Nichtwähler*innenpool können sie das meiste der Linken überlassen.

    • @rosa :

      Die Antwort finden Sie zum Teil schon im Beitrag: Die Linken sind sich selbst nicht einig, ob sie regieren wollen oder nicht:



      Das JA-Lager begründet, dass von den anderen Parteien nicht zu erwarten ist, dass sie Linkspartei-Politik machen.



      Das NEIN-Lager begründet, dass „richtige“ linke Politik unter den Bedingungen des Kapitalismus gar nicht möglich ist.



      Ansonsten haben die Wähler das letzte Wort, die die Linkspartei bisher jedenfalls nicht in die Nähe einer Regierungsbeteiligung (geschweige denn Alleinregierung) gebracht haben!