piwik no script img

WM-Teil XVKulinarischer Terror!

Abgefüllt in ein deutlich schlandaffines Behältnis, ist der „WM Bier Mix Caipirinha“ eine echte Geschmacksverirrung. Die Zutaten sind allerdings bemerkenswert.

Der „WM Bier Mix Caipirinha“ – eine Spitzenleistung deutscher Lebensmitteltechnologie. Bild: taz

Unterhose, Kondom, Kartoffelsalat – irgendwann meint man alles gesehen zu haben, was irgendwie schlandifiziert werden könnte. Nur um dann vom „WM Bier Mix Caipirinha“ eines Besseren belehrt zu werden, das im Kühlschrank an der Supermarktkasse steht. Satte zwei Volumenprozent Alkohol enthält diese Mixtur, für die zwei Euro fällig werden.

Der halbe Liter Dosenbier im Regal nebenan kostet nicht mal halb soviel. Vielleicht liegt es an der Vielzahl erlesener Zutaten:. Fruktosesirup, Zitronensaftkonzentrat, Färberdistel-Extrakt(!), Gummi arabicum, Glycerin-Ester aus Wurzelharz, Johannisbrotkernmehl und kupferhaltige Komplexe der Chlorophylle und Chlorophylline zeichnen dieses Getränk aus.

Bier ist übrigens auch drin, vierzig Prozent. Was das soll, Bier gemischt mit Caipi? Ein Caipi-Radler also, oder ein Caipi-Alster? Wobei: Von einer echten Caipirinha ist dieses Getränk genauso weit entfernt, wie von einem schmackhaften Pils. Beide Getränke müssen mit Ruhe und Konzentration zubereitet beziehungsweise gezapft werden, Limetten wollen geviertelt und gestampft sein, der braune Zucker muss klug dosiert werden, genauso wie der Cachaça; serviert auf Crushed-Eis. Sonst wird aus dem brasilianischen Kult-Cocktail ein widerliches Gesöff. Caipi in der Dose? Stillos. Caipi auf Bier? Kulinarischer Terror!

Doch zur Ehrenrettung des „WM Bier Mix Caipirinha“ muss eine Zutat hervorgehoben werden, die es so in einem Kaltgetränk wohl noch nie gab: Die Färberdistel (Carthamus tinctorius). Das Öl aus den Samen dieses Gewächses gilt als besonders gesund und wird im Bioladen zu Höchstpreisen angeboten. In der traditionellen chinesischen Medizin ist die Färberdistel für Teeaufgüsse bekannt. Kosmetik- und Süßwarenindustrie gewinnen aus den Blütenblättern die Farbstoffe Carthamin und Carthamidin.

Und glaubt man Wikipedia, dann wurde die Pflanze früher in Moldawien bei Abtreibungen eingesetzt. Was diese Distel ausgerechnet im Caipi-Radler zu suchen hat, wird wohl auf ewig das Geheimnis der Lebensmitteltechniker bleiben.

Fairplay fürs freie Netz

Auf taz.de finden Sie unabhängigen Journalismus – für Politik, Kultur, Gesellschaft und eben auch für den Sport. Frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Alle Inhalte auf unserer Webseite sind kostenlos verfügbar. Wer es sich leisten kann, darf gerne einen kleinen Beitrag leisten. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Kommentar entfernt. Bitte beachten Sie Ihre Wortwahl.