WM-Kolumne Russia Today: In den Farben der Saison

Fußballrussland dreht in diesen Tagen völlig frei: Wer nicht kicken kann, wird zur Livestyle-Ikone und muss auf dem Titelbild posen.

Besser auf dem Platz: Abschlusstraining Russlands vor dem ersten Spiel am Donnerstag   Foto: dpa

Fußball spielen können sie vielleicht nicht so gut. Dafür sind sie gut angezogen, die Männer der russischen Nationalmannschaft. Das findet jedenfalls die russische TV-Moderatorin und weithin anerkannte Stilexpertin Tascha Strogaja.

Für den YouTube-Kanal der russischen Nationalmannschaft hat sie sich die Instagram-Auftritte der Spieler angesehen. Sie sagt, was man eben so sagt als Fashion-Fachfrau. Rot und Weiß, das seien die Farben der Saison und deshalb sei Alexej Mirantschuk ganz weit vorne. Rote Jacke, weiße Turnschuhe, der junge Mann vom Meister Lokomotive Moskau hat wirklich alles richtig gemacht.

Es sind solche Themen, mit denen sich Fußballrussland vor der Frage zu drücken scheint, was die Mannschaft sportlich taugt. Von Weltranglistenplatz 70 aus geht die russische Auswahl in ihr Heimturnier. Auch wenn das Fifa-Ranking nicht wirklich das Maß aller Fußballdinge ist, so dürfte sich manch Fan in Russland fast schon schämen, dass das Team hinter Finnland oder den Kapverdischen Inseln eingestuft ist.

Auch die russischen Medien wollen die Fußballfreunde mit derart deprimierendem Zeug nicht behelligen. Und wenn die Spieler schon nicht zu Sportstars taugen, dann kann man sie ja immer noch zu Livestyle-Ikonen machen.

Hingucker Smolov

So schaut einen von beinahe jedem Zeitschriftencover Fjodor Smolow an. Der galt mal als herausragender Stürmer, ist sicher noch immer kein schlechter Fußballer, aber er sieht doch wesentlich besser aus, als er spielen kann. Außerdem scheint er mit seinem Tätowierer sehr zufrieden zu sein. Viel Platz hat er ihm jedenfalls nicht gelassen für neue Stiche. Smolow ist der Hingucker der Vor-WM-Zeit in Russland.

Der Angreifer vom FC Krasnodar durfte nicht nur (abwechselnd mit dem deutschen Parfüminfluencer Julian Draxler und dem brasilianischen Altmeister Dani Alves) für die russische Vogue am russischen Supermodel Natalija Wodianowa herumfingern und dabei seinen gepflegten Oberkörper zeigen. Er ist auch auf dem Titelbild der aktuellen russischen Ausgabe des Männeraufbrezelblatts Men’s Health zu sehen.

Die Stadien der WM

Dort beginnt und endet alles: Im Luschniki-Stadion in Moskau finden das Eröffnungsspiel am 14. Juni, weitere fünf Spiele und das Finale am 15. Juli statt. Im Jahr 1956 gebaut und seither mehrfach umgestaltet, ist es mit gut 81.000 Plätzen das größte aller russischen WM-Stadien.   AP

Einmal Stadion rot-weiß, bitte. Nochmal Moskau, diesmal das Spartak-Stadion. Dort spielt der russische Rekordmeister. Mehr als 45.000 Zuschauer fasst das Gebäude, das eine ähnliche Planungszeit hatte wie der Berliner BER und dessen Fertigstellung sich mehrfach verschob – bis ins Jahr 2014. Für fünf Spiele muss es herhalten.   dpa

Sechsmal werden die rund 48.000 Plätze während der WM voll besetzt sein: Das Olympiastadion in Sotschi, auch „Fischt“ genannt, hat schon die Eröffnungs- und Schlussfeier der olympischen Winter- und Dopingspiele 2014 erlebt und wurde dann nochmal umgebaut. Meistens steht es leer, weil es in Sotschi keinen großen Fußballverein gibt.   dpa

Ist das Rote da ... Blut? Ach was, alles harmlos, auch wenn das Mordowia-Stadion in Saransk in der russischen Region Mordwinien liegt. Die Farbe soll an die rote Sonne in der Flagge Mordwiniens erinnern. Das Ding ist nagelneu, bietet mehr als 44.000 Sitzplätze, beherbergt vier Vorrundenspiele und wird nach der WM sofort verkleinert.   AP

Gerade erst fertig geworden. Die Kosmos-Arena oder, weniger protzig, das Stadion in Samara hat knapp 45.000 Sitzplätze, beansprucht aber mehr als 150.000 Quadratmeter an Platz. Es ist das Stadion mit der größten Fläche und blieb lange, wie rusische Medien spotteten, auch „das Stadion mit den größten Problemen“. Sechs Spiele finden in Samara statt.   dpa

Gleich sieben Spiele werden im Sankt-Petersburg-Stadion zu sehen sein. Mehr als 68.000 Zuschauer finden Platz im 2017 pünktlich zum Federations-Cup eröffneten Gebäude. Mindestens 800 Millonen Euro kostete der Bau, ganz dicht soll das Dach immer noch nicht sein.   dpa

Hier baut der Präsident noch selbst. In der Kasan-Arena legte Wladimir Putin den Grundstein, damals als Ministerpäsident. Gut 45.000 Zuschauer passen seit 2013 auf die Ränge. Vier Gruppenspiele (darunter Deutschland gegen Südkorea), ein Achtel- und ein Viertelfinale werden in Kasan ausgetragen.

Nagelneu und schon beschädigt? Die Spezialisten der Datenbank StadiumDB.com schreiben von Rissen im Beton der Wolgograd-Arena, in der erst im März 2018 der Spielbetrieb freigegeben wurde. Mehr als 45.000 Zuschauer werden vier Vorrundenspiele zu sehen bekommen und dabei hoffentlich nicht abstürzen.   dpa

Wie ein Whirlpool kommt das Stadion in Nischni Nowgorod daher. Es ist ein Neubau, der knapp 45.000 Zuschauern Platz bietet. Die tatsächlichen Baukosten sollen die geplanten Baukosten nur um 20 Millionen Euro überschritten haben, heißt es. Ein Klacks! Zur Belohnung gibt es vier Gruppenspiele, ein Achtel- und ein Viertelfinale.   dpa

Noch so ein Stadion, das extra zur WM gebaut wurde: Die Rostow-Arena in Rostow am Don. Flusslage, sehr schön, Fans von Werder Bremen kennen das. Mehr als 45.000 Zuschauer werden vier Gruppenspiele und ein Achtelfinale zu sehen bekommen.   dpa

Als Stalin starb, entstand dieses Bauwerk. Das Zentralstadion in Jekaterinenburg gibt es seit dem Jahr 1953. Nach zahlreichen Aus- und Umbauten fasst es mittlerweile knapp 36.000 Zuschauer. Die Stahltribüne auf einer Seite ragt aus dem Stadion ins Freie heraus. In Jekaterinenburg werden vier Gruppenspiele zu sehen sein.   dpa

Klein, kleiner, Kaliningrad: Das auch Arena Baltika genannte Stadion hat 35.000 Plätze, ist erst im April fertig gestellt worden und trägt vier Vorrundenspiele aus. „Das westlichste Stadion der WM“, urteilte das Branchenportal „Stadionwelt.de“   dpa

Die Konkurrenz von GQ vermittelt derweil exklusiv die Botschaft, die Smolow seinem Schuhausrüster ebenso exklusiv aufs Werbevideo gesprochen hat: Höre auf niemand anderen als auf dich selbst. Der russische Trainer Stanislaw Tschertschesow wird’s vernommen haben.

Die ganze Posiererei auf die Spitze getrieben hat indes der Sportsender Match.TV. Er setzt nicht auf durchtrainierte Männerkörper und schon gar nicht auf die russische Nationalmannschaft, um auf die teuer erworbenen WM-Bilder hinzuweisen. Er hat seine Sportmoderatorinnen zum Playboy geschickt. Dort haben die Ansagerinnen in schwarzen Dessous posiert. Die elf männlichen Kommentatoren hat der Sender nicht zum Aktfotografen geschickt. In dem Clip, in dem sie vorgestellt werden, sind sie vollständig bekleidet zu sehen. Natürlich.