WM-Kolumne B-Note: Mehr Mumm und Meinung, bitte!
Wie der DFB aus kritischen Individuen eine Ansammlung von Mauerblümchen macht. Dabei kann man auch mit kritischen Geistern erfolgreich sein.
I m Team der USA gibt es Charakterköpfe. Das sind Profis, die etwas darstellen. Und die Deutschen? Nun ja, die sind brav, angepasst, die trauen sich nichts. Aus denen werden nie Stars werden. Es ist nicht die erste Weltmeisterschaft, die ein deutsches Team mit dem Image einer biederen Truppe verlässt. Als solche galt das deutsche Auswahlteam auch dann, wenn es ein Turnier gewonnen hatte. Und das war ja nicht allzu selten der Fall. Diesmal nach dem Aus im Viertelfinale war es wie immer. Die deutschen Frauen sind als graue Mäuse abgereist.
Angereist waren sie als selbstbewusste Profis. Der berühmt gewordenen Werbespot einer deutschen Großbank war es, der unter anderem dafür verantwortlich war. Auch ein Interview mit der deutschen Torhüterin Almuth Schult hatte in den Wochen vor der WM für Aufsehen gesorgt. „Wie sollen wir denn draußen Vorurteile und Vorbehalte gegenüber dem Frauenfußball abbauen, wenn wir im eigenen Verband noch damit zu kämpfen haben?“, sagte sie in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Außerdem glaube sie nicht, dass der DFB für mehr Gleichberechtigung im Verband sorgen werde. Das war im Kleinen schon so etwas wie der juristische Kampf der US-Nationalspielerinnen gegen den eigenen Verband um bessere Bezahlung im Großen.
Melanie Leupolz vom FC Bayern München sagte auf einem Medientag kurz vor der WM dann noch, dass die Bundesliga aufpassen müsse, den Anschluss nicht zu verlieren. Auch sie präsentierte sich als mündige Profifußballerin, die das Recht hat, Warnrufe abzusetzen, die den DFB, der ja auch die Liga verantwortet, in der Pflicht sehen, den Frauenfußball endlich nachhaltig zu fördern. Dann hat die WM begonnen und aus den kritischen Individuen wurde eine angepasste Meute.
Erfolgreich, ohne den Verband zu verklagen
Es ist der Verband selbst, der dafür sorgt, dass die Gruppe selbstbewusster Frauen, welche die Nationalmannschaft bildet, bisweilen wie eine Ansammlung von Mauerblümchen wirkt. Das Medienmagazin Journalist hat einen Fall dokumentiert, in dem es nicht einmal dem Hauptsponsor des Verbands, dem Automobilkonzern Volkswagen, gelungen ist, ein halbwegs pointiertes Gespräch mit Kapitänin Alexandra Popp wiederzugeben.
Beim Autorisierungsprozess sei aus dem Satz „Wir wollen echte Augenhöhe und Gleichbehandlung“ das Sätzchen „Wäre schön, wenn wir etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen könnten“ gemacht worden. Dass Schults klare Worte erscheinen konnten, lag letztlich daran, dass die Torhüterin das Gespräch selbst autorisiert hat. Zuvor hatte der Verband so darin herumfuhrwerkt, dass es mit den tatsächlich gesprochenen Worten nicht mehr viel zu tun hatte.
Beim DFB scheint man zu glauben, dass sportlicher Erfolg nur durch totale Gleichschaltung zu erreichen ist. Dass dem keineswegs so ist, zeigen die USA. Die sind erfolgreich, obwohl sie gegen den eigenen Verband klagen. Die gewinnen, obwohl Megan Rapinoe ihren Protest gegen die politische Stimmung in den USA vor jeden Spiel zum Ausdruck birgt, indem sie die Hymne nicht mitsingt. Und sie scheitern nicht daran, dass sich im gleichen Team die gläubigen Spielerinnen vor dem Match zum Gebet versammeln. Da bilden Individuen eine Mannschaft. Der DFB sollte sich ruhig ein Beispiel daran nehmen und seine Spielerinnen von der Leine lassen.
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