Vorwürfe gegen Wolfgang Fellner: „Dieser Mann hat mich zerstört“
Moderatorin Nora Kahn wirft dem österreichischen Medienunternehmer Fellner sexuelle Belästigung vor. Vier Jahre danach hofft sie auf Gerechtigkeit.
Sie solle keine „sauren Heulvorträge“ halten. Eine Gehaltsaufbesserung als Ressortleiterin sei für den folgenden September zugesagt. Eine Einladung in sein Haus auf der Insel Ibiza ergänzte der heute 67-jährige Herausgeber laut Kahn mit der unzweideutigen Bemerkung: „Du gehörst eh einmal ordentlich durchgebumst!“
Die Szene vom Juli 2018 steht im Zentrum einer eidesstattlichen Aussage der Journalistin, die 2016 bei Fellners Privatsender oe24.tv als Content-Managerin anheuerte und bald auf den Bildschirm drängte. Im September 2017 bekam sie die Moderation einer Society-Sendung.
Dem Karrieresprung waren mehrere private Abendessen mit dem Chef vorausgegangen. In der Redaktion hat Fellner nie Zeit. Arbeitsgespräche – vor allem mit attraktiven jungen Frauen – führt er bevorzugt im Gourmetrestaurant. Auch die private Einladung auf seine Villa auf Ibiza gehört allem Anschein nach zum Standardrepertoire der Geschäftstermine.
Unerwünschtes Grapschen
Fellners Gratiszeitung Österreich bezahlen alle Steuerpflichtigen über fette Inserate, die Ministerien und andere öffentliche Stellen großzügig im auflagenstarken Boulevardblatt schalten. Mindestanforderungen an journalistische Qualität werden da nicht gestellt. So wenig wie beim werbeabhängigen TV-Kanal oe24.tv.
Fellner ist aber seit Jahren wegen seiner notorischen Anzüglichkeiten im Umgang mit Mitarbeiterinnen im Gespräch. Zweimal wurde er gerichtlich der üblen Nachrede überführt, weil er entsprechende Vorwürfe von Frauen als Lüge zurückgewiesen hatte. Da ging es um anzügliche Bemerkungen über Busen und „super Popsch“, über unerwünschtes Grapschen und Kussversuche. Der Ex-Mitarbeiterin Katia Wagner musste er nach einem Vergleich 60.000 Euro Schadenersatz zahlen.
Nora Kahn warf nach zwei Jahren als Moderatorin das Handtuch. Fellner soll sie immer wieder angeschrien, bedrängt und sexuell belästigt haben. Die Bootsfahrt auf dem Schliersee sei der Gipfel gewesen. „Dieser Mann hat mich zerstört“, so zitiert der Standard die ehemalige Fellner-Angestellte.
Sie könne erst vier Jahre nach ihrer Kündigung offen über ihre Erlebnisse sprechen: „Ich will, dass die Wahrheit ans Licht kommt.“ Fellner dementiert entrüstet alle Vorwürfe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja