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Vorstellung des JahreswirtschaftsberichtsAuch Habeck setzt auf Wachstum

Im Jahreswirtschaftsbericht finden sich neue Indikatoren für Wohlstand. Doch im Mittelpunkt steht weiterhin das Wachstum. Das liegt bei 3,6 Prozent.

BIP rauf, CO₂-Ausstoß runter: Robert Habeck bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts Foto: Bernd von Jutrczenka / dpa

Berlin taz | Die Erwartungen waren durchaus hoch, als Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch den neuen Jahreswirtschaftsbericht vorstellte. Normalerweise ist dies Dokument nicht sonderlich aufregend: Die Regierung lobt darin die eigene Arbeit und gibt darin eine Prognose für die wirtschaftliche Entwicklung im nächsten Jahr. Doch das Ministerium hatte Teile des Dokuments schon im Vorfeld bekannt gemacht – und darin hatte es geheißen, dass künftig nicht mehr allein das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Maßstab für die wirtschaftliche Entwicklung dienen soll, sondern dass weitere Indikatoren, die auch Gerechtigkeits- und Umweltaspekte berücksichtigen, diesen Wert ergänzen sollen.

Bei der offiziellen Vorstellung am Mittwoch war davon zunächst aber nicht viel zu hören: Wie sein CDU-Vorgänger Peter Altmaier referierte Habeck zunächst die BIP-Prognose (mit 3,6 Prozent etwas schlechter als im Herbst erwartet), die Entwicklung des privaten Konsums (der um 3 Prozent zunimmt) und des Handelsbilanzüberschusses (der hoch bleibt) – und freute sich, dass die „Auftragsbücher prall gefüllt“ sind und die Autobranche „gute Produktionszahlen“ verzeichnet.

Erst gegen Ende seines Vortrags ging der Wirtschaftsminister auf die neuen Indikatoren ein, die in der zweiten Hälfte des 126-seitigen Berichts (hier als pdf) aufgeführt sind und die teilweise durchaus eine erfreuliche Entwicklung zeigen: So geht die Treibhausgasintensität des BIP zurück, pro Einheit wird also weniger CO2 freigesetzt. Der Lohnabstand zwischen Männern und Frauen nimmt langsam ab, der Anteil von Frauen in Führungspositionen dagegen – auf niedrigem Niveau – zu. Und die Siedlungs- und Verkehrsfläche wächst zwar weiter, aber das Wachstum nimmt seit Jahren kontinuierlich ab.

Entwurf klang noch ganz anders

Unklar bleibt, welche Rolle diese neuen Indikatoren künftig spielen sollen. Denn in Konkurrenz zum Wirtschaftswachstum selbst wollte Habeck sie ausdrücklich nicht sehen; vielmehr solle das Wachstum mit positiven Entwicklungen in anderen Bereichen kombiniert werden. Das hatte im Entwurf des Berichts noch ganz anders geklungen.

Dort war ein „weiterer und stetiger Zuwachs des materiellen Pro-Kopf-Konsums“ noch explizit infrage gestellt worden und der Kapitalismus war wegen fehlender Nachhaltigkeit kritisiert worden. Doch diese und viele weitere kritische Textstellen wurden aus dem Bericht, dem das gesamte Bundeskabinett zustimmen musste, gestrichen. Eine Begründung dafür nannte Habeck nicht. Er bestritt vielmehr die Existenz der ursprünglichen Fassung – obwohl diese der taz aus seinem Haus vorab offiziell zur Verfügung gestellt worden war.

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6 Kommentare

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  • Ja, Habeck glaubt an die Segnungen des Kapitalismus, der nur noch eine soziale Komponente und um den Klimaschutz erweitert werden muss und er glaubt daran, (nationaler) Parlamentarismus könne das Raubtier zähmen. Er verwechselt Ursache und Wirkung und verkennt, das das Kapital sich ja nicht um regionale Befindlichkeiten kümmert. Wenn hierzulande klimaschonende Auflagen erteilt werden, werden die Profite halt an anderer Stelle gemacht, wo sie in Verkennung der Gefahr für unser Überleben noch Arbeit bieten können (falls nicht Roboter zur *Wertschöpfung* eingesetzt werden können). So bleiben den Menschen in den 'zivilisierten' Communities nur noch die Rolle der Forschung und der Konsumenten, falls sie sich das überhaupt noch leisten können.Mit Habeck als Ökonomie-Guru und einer 'wiederbelebten' SPD bei Arbeitsvermittlung und Gewerkschaften (Als Folge mangelnder 'Volksfürsorge' erleben wir ja den Auftand der Quertreiber) kann es nur weiter bergab -zumindest für die Mehrheit- gehen.

  • Es mag etwas verräterisch sein, was da abgeht. Aber in erster Linie sind wir, das Volk, die Ursache, dass kein anderer Weg beschritten wird. Keine Partei gewinnt ein Wahl mit klaren Ansage: wir müssen verzichten.



    Und es könnte auch nur gekoppelt mit einer völligen Umverteilung der Lasten passieren, denn die unteren Schichten haben kaum etwas auf das sie verzichten könnten.



    Ich weiss, dass ist hier schon x-mal geschrieben worden. Nur ist mir das zu platt einfach zu unterstellen, die da oben verbocken es wieder. Wir beschimpfen sie und freuen uns klammheimlich über die kleinen lindgrünen materiellen Vorteile in unserem Leben.

  • Eine meiner Lieblingsbands (Chumbawamba) begrüßte die Amtseinführung des Labour - Premierministers Tony Blair dem folgenden Spruch: "The same piss in a nicer bottle". Dem schließe ich mich gerne an, allerdings immer noch in der leisen Hoffnung, mich irren zu können.

  • War etwas anderes zu erwarten, als dass die Kennzahlen des BIP von einem "grünen" Wirtschaftsminister mit ein paar zusätzlichen Indikatoren aufgehübscht wurden? Über die jeweils im Einzelnen, in ihren gegenseitigen Wechselwirkungen und Ausschlüssen und im Kontext mit dem über Allem thronenden Wachstumsdogma lang, breit und hoch zur Ablenkung diskutiert werden kann, soll und wird?



    Neue Begriffe braucht das Land, für die alte Politik des Weiter-so! Diese Indikatoren vernebeln und lenken davon ab, dass der Klimawandel eine Folge des wirtschaftlichen Wachstums ist. CO2 ist nur dessen Abfallprodukt.



    Die Nachfolgepartei der Grünen propagiert aus machtpolitischen Gründen schon lange, dass auf einem begrenzten Planeten unbegrenztes Wachstum möglich ist, wenn es nur mit der richtigen Parteifarbe vermarktet und vertreten wird. Und ich unterstelle einmal, dass sie dies wieder besseren Wissens tut, so ganz werden sie ihre Wurzeln schließlich nicht vergessen haben.



    Dass für unseren designierten und wachsenden Wohlstandsmüll nicht nur EE für deren Herstellung, Betrieb und Gebrauch benötigt wird, sondern auch endliche, knappe und kritische Rohstoffe erforderlich sind, muss aus Sorge um unseren Wirtschaftsstandort, der globalen Konkurrenz und aus rein ökonomischen nationalem Interesse ignoriert werden. In trauter Gemeinsamkeit mit sämtlichen Parteien im Bundestag, Wirtschaftsverbänden und der überwiegenden Mehrheit der Journalisten und Medien.



    Änderungen in der Ausgestaltung des Jahreswirtschaftsberichts sind keine Veränderungen der Ziele einer Wirtschaftspolitik, die 50 Jahre nach den Grenzen des Wachstums zwingend notwendig gewesen wären!



    Für die anderen Parteien wird es in Kürze ein Leichtes sein, den/die Schuldigen zu benennen, die weder den Klimawandel gebremst noch die Plünderung unseres Planeten verhindert haben, obwohl sie sich doch gerade aus diesen Gründen gegründet haben.

  • "Doch diese und viele weitere kritische Textstellen wurden aus dem Bericht, dem das gesamte Bundeskabinett zustimmen musste, gestrichen. Eine Begründung dafür nannte Habeck nicht. Er bestritt vielmehr die Existenz der ursprünglichen Fassung – obwohl diese der taz aus seinem Haus vorab offiziell zur Verfügung gestellt worden war."

    Das wird schon.

    Das nächste Mal macht man das dann eleganter und bald kräht kein Hahn mehr danach.

  • 4G
    49197 (Profil gelöscht)

    Und was ist jetzt mit sozialer Gerechtigkeit?

    Warum können E-Autofahrer theoretisch erzielbare passive CO2-Einsparungen, die sich erst nach tausenden von gefahrenen Kilometern und nur bei Elektrizität aus Erneuerbaren rechnen, sofort zertifizieren und für viel Geld verkaufen, Radfahrer und Fußgänger, die tatsächlich einen Beitrag zur Reduktion von CO2-Emisionen leisten, aber nicht? Weil Grüne mehr E-Autos kaufen, aber nicht zu Fuß gehen?

    Soziale Gerechtigkeit ist ein Modewort aus dem Wahlkampf. Selbst in der Taz findet sich kein einziger Artikel zu dem Thema.



    Putin hat im Januar ganz nebenbei und pragmatisch in der Einleitung zur einer Sitzung die Renten für alle um 8,6% erhöht, bevor er zur Tagesordnung übergegangen ist. Hier werden Renten und Sozialleistungen nur durch abstraktes, solidarisches Gefasel als Alibi für eine angebliche Wahlkampfpositionierung in der politischen Landschaft benutzt.