Vorstandswechsel bei Thyssenkrupp: Mächtigste Frau der Industrie
Im Februar wurde Martina Merz Aufsichtsratschefin von Thyssenkrupp. Nun ist sie Vorstandschefin – und will radikal umbauen.
Die 56-jährige Managerin denkt deshalb offenbar über die Abspaltung und den Verkauf weiterer Konzernsparten nach: Zur Disposition stünden die Komponentenfertigung, also etwa Federn und Stabilisatoren für Autos, aber auch der Anlagenbau mit Kundschaft in der Chemie- und Zementindustrie wie im Bergbau, berichtet das Handelsblatt.
„Zur Wahrheit gehört, dass es in einigen Bereichen nicht ohne signifikanten Stellenabbau gehen wird“, schrieb Merz in einem am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Brief des Vorstands an die Mitarbeiter. Konkrete Zahlen nannte sie nicht. Bei dem geplanten Konzernumbau gehe es darum, die Geschäfte zu stärken. „Es geht nicht um einen Ausverkauf“, betonte Merz.
Die 1963 im nicht einmal 1.000 Einwohner*innen zählenden Durchhausen in Nähe der Schweizer Grenze geborene Merz hatte bereits bei ihrem Amtsantritt vor zehn Tagen verkündet, sie werde „mit der erforderlichen Konsequenz die strukturellen Entscheidungen treffen, die jetzt anstehen“. Treffen könnte ihr Konzernumbau aber auch mindestens ein Drittel der weltweit rund 158.000 Mitarbeiter*innen.
Schon Merz’ Vorgänger als Vorstandschef, der nach nur 14 Monaten mit sechs Millionen Euro Abfindung geschasste Guido Kerkhoff, hatte mit der Konzernsparte „Elevator“ den Aufzugbau und damit die Ertragsperle der Essener zum Verkauf gestellt – und den Abbau von 6.000 Arbeitsplätzen angekündigt, davon 4.000 in Deutschland.
Maximal zwölf Monate
Merz, die an der praxisorientierten Berufsakademie Stuttgart Maschinenbau studiert hat, war erst im Februar Aufsichtsratschefin von Thyssenkrupp geworden. Zwar galt die Baden-Württembergerin schon damit als mächtigste Frau in der deutschen Industrie. Doch ein hektischer Wechsel von der Chefkontrolleurin zur Vorstandschefin ist absolut ungewöhnlich.
Deutlich wird so der Einfluss von Finanzinvestoren wie dem schwedischen Hedgefonds Cevian, der mittlerweile 18 Prozent an Thyssenkrupp hält. Merz gilt als Favoritin von Cevian-Gründungspartner Lars Förberg, der seit Jahren auf eine Zerschlagung des Konzerns drängt.
Analyst*innen schätzen den Wert der Aufzugssparte allein auf 12 bis 17 Milliarden Euro. „Elevator“ allein wäre damit zwei bis drei Mal mehr wert als der Gesamtkonzern – was zeigt, wie negativ Investoren die Zukunft von Geschäften wie Stahl oder Schiffbau einschätzen.
Merz, die als Vorstandschefin von Thyssenkrupp nur maximal zwölf Monate amtieren soll, gilt dagegen als Fachfrau für Verkäufe und Stellenabbau: Während ihrer Zeit beim Automobilzulieferer Bosch wurden gleich zwei Mal von ihr geführte Unternehmensbereiche versilbert. „Ich lasse es gern auch mal krachen“, sagte sie später der Stuttgarter Zeitung: „Ich kann auch rustikal werden.“
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