Vorsichtige Schulöffung in Hamburg: Grundschullehrer werden geimpft
Nach den Kita-Beschäftigen soll ab 10. März auch ein Teil der Lehrkräfte geimpft werden. Gewerkschaft fordert Wechselunterricht für ältere Schüler.
Danach hatte es zuletzt ausgesehen. Der Senat will nun beide Bereiche nach den Frühjahrsferien vorsichtig öffnen. In die Kitas dürfen ab dem 15. März wieder alle Kinder, für 20 Wochenstunden. An den Grundschulen sollen die Klassen eins bis vier in den „Wechselunterricht“ mit geteilten Gruppen gehen, ebenso der Jahrgang sechs am Gymnasium und die Abschlussklassen.
Es scheint nun veränderte Rollen zu geben. Als Schulsenator Ties Rabe (SPD) die „behutsame Schulöffnung“ vor einer Woche ankündigte, sagte er, dies stehe nicht final fest und gelte nur, wenn sich die Infektionslage „nicht erheblich verändert“. Die Hamburger Lehrergewerkschaft GEW, bisher einer der schärfsten Kritiker von Rabes Kurs, begrüßte das Konzept des Unterrichts in halben Klassen. Dies sei bei einer Inzidenz von unter 100 „möglich und auch pädagogisch richtig“, so der Vize-Chef Sven Quiring. Jetzt sei genau der richtige Zeitpunkt, um die Pädagogen an Kitas und Schulen zu impfen, so wie es andere Länder auch täten.
Melanie Leonhard (SPD), Gesundheits- und Kita-Senatorin, preschte dann in dieser Woche vor: Die rund 27.500 Kita-Beschäftigten könnten sich ab sofort einen Impftermin holen. Die rund 7.000 Grundschullehrkräfte wären „aufgrund der Impfstoffverfügbarkeit“ noch nicht dran, „nach Möglichkeit“ aber noch in diesem Monat.
Märzferien wären guter Impftermin
Gefragt, warum die Kitas vorgezogen werden, erklärte Sprecherin Anja Segert, das ergebe sich aus dem „Maß an Kontakten und Nähe“. Kämen in der Kita körperliche Kontakte regelhaft vor, dürfte dies im Bereich Schule „eher die Ausnahme sein“.
Allerdings stellt die Impfverordnung des Bundes beide Berufsgruppen auf eine Stufe. Und auch die Lehrkräfte an Sonderschulen und Förderzentren sind impfberechtigt, mit den Grundschullehrern zusammen sind das rund 17.000 Personen. „Wir fordern, die Impfung gleich umzusetzen“, sagt GEW-Geschäftsführer Dirk Mescher. Da in diesen Märzferien ohnehin niemand wegfahren könne, sei dies ein guter Zeitpunkt.
Bei der GEW hätten sich außerdem Lehrkräfte gemeldet, die beim Impfzentrum anriefen und einen Termin bekamen, allerdings mit der Vorgabe, eine Bestätigung des Arbeitgebers vorzulegen. Die auszustellen sei die Schulbehörde nicht bereit. Danach gefragt, ob das zutrifft, nannte Schulbehördensprecherin Pittelkow der taz den besagten Impfstart im 10. März. Das Angebot gelte auch für alle Schulbeschäftigen der Sonderschulen, der Regionalen Beratungszentren (ReBBZ), für Beschäftigte der Ganztägigen Betreuung (GBS) und private Schulen dieser Schulformen.
Lieferung mit Astra-Zeneca blieb aus
Die Gesundheitsbehörde begründete ihre Rangfolge übrigens damit, dass einfach noch zu wenig Impfstoff verfügbar sei. Auch SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher beklagte, diese Woche seien Lieferungen des Bundes ausgefallen. Laut Segert erhielt Hamburg 24.000 Dosen Astra-Zeneca weniger als angekündigt. Allerdings rechnen laut Tschentscher alle Ministerpräsidenten mit deutlich mehr Impfstoff Ende März, Anfang April. Und laut Bundesgesundheitsministerium müsste Hamburg allein bis Ende März 217.800 Dosen der drei bekannten Hersteller erhalten, mehr als im Januar und Februar verimpft wurden.
Dirk Mescher, GEW
Dirk Mescher begrüßt die Impf-Ankündigung. „Besser spät als nie“, sagt er. Doch es gebe weitere Baustellen. Die GEW sorgt sich etwa um die älteren Schüler, die seit bald vier Monaten ununterbrochen zu Hause sind. „Wir brauchen auch für die fehlenden Jahrgänge eine Planung für den Wiedereinstieg in den Wechselunterricht“, so Mescher. Das gelte besonders für die Klassen fünf und sechs.
„Was Hamburg plant, ist nicht ausreichend. Man muss allen Kindern eine Teilbeschulung ermöglichen“, sagt auch der Jugendhilfeexperte und Soziologe Wolfgang Hammer. Die Versäumnisse der Kinder seien jetzt schon enorm. Doch Rabe bremst hier. Gefragt, warum nach den Ferien nicht alle Klassen Wechselunterricht bekommen, sagt seine Sprecherin, das sei „zu riskant“. Erst wenn zugleich geplante Testungen und Hygienekonzepte sich bewährten, bestehe „die große Hoffnung, schrittweise weitere Klassenstufen in der Schule zu unterrichten“.
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