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Vorschlag von Innenministerin FaeserFrüher in Rente bei Ehrenamt

Bundesinnenministerin Faeser hat angeregt, langjähriges Ehrenamt mit früherer Rente zu belohnen. Ähnliche Ideen kamen schon von Hilfsorganisationen.

Früher in Rente wegen Ehrenamt zum Beispiel bei der Feuerwehr: Freiwilliger Einsatz in Bad Schandau Foto: Robert Michael/dpa

Berlin epd | Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat vorgeschlagen, langjähriges ehrenamtliches Engagement in besonderen Bereichen wie Feuerwehr und Rettungsdienst mit einem früheren Renteneintritt zu belohnen. So könne der Staat Anreize für freiwilliges gesellschaftliches Engagement schaffen, sagte Faeser am Dienstagabend in der Talk-Reihe „RND vor Ort“ des „Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND)“ in Potsdam. Ihr Vorstoß löste sowohl Lob als auch Kritik aus.

Wegen der Zunahme von Naturkatastrophen wie Hochwasser, Waldbrände und schwere Stürme wachse der Bedarf an Ehrenamtlern, begründete Faeser ihren Vorstoß. Für besonders wertvolle Tätigkeiten wie das „herausragende Ehrenamt bei der Feuerwehr oder auch bei Rettungsdiensten“ müsse man über solche Modelle nachdenken. Denkbar wäre zum Beispiel, dass die Engagierten ein Jahr früher in Rente gehen.

Die Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) begrüßte Faesers Vorschlag. „Wir sprechen uns schon länger dafür aus, für ehrenamtliches Engagement bestimmte gesellschaftliche Vorteile, zum Beispiel Rabatte für öffentlichen Einrichtungen oder zusätzliche Rentenpunkte zu gewähren“, sagte Jörg Lüssem, Mitglied des Bundesvorstands der Hilfsorganisation, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der von Faeser vorgeschlagene Bonus müsse aber neben Rettungsdienst und Bevölkerungsschutz alle soziale Bereiche umfassen.

Der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) hat nach den Worten seines Präsidenten Karl-Heinz Banse bereits zuvor eine frühere Rente für ehrenamtliche Feuerwehrleute angeregt. Dem Vorschlag zufolge sollten die Kommunen als Träger der Feuerwehren auf die individuellen Rentenkonten ihrer Feuerwehrleute einzahlen und ihnen dadurch einen früheren Renteneintritt mit weniger Abschlägen ermöglichen. „Wenn der Bund anstelle der oft klammen Kommunen dies übernähme, wäre uns das noch lieber“, sagte Banse dem epd.

Ein früherer Ruhestandseintritt wäre auch für Hauptamtliche im Rettungsdienst zu begrüßen, ähnlich wie bei Berufsfeuerwehrleuten, sagten sowohl Lüssem als auch Banse. Beamte bei der Berufsfeuerwehr gehen – abhängig vom jeweiligen Bundesland – zwischen dem 60. und dem 62. Lebensjahr in Pension.

Die Rentenpolitik sei nicht dafür zuständig, mehr Engagement für die Gesellschaft zu erzeugen, sagte hingegen der Sozialexperte Jochen Pimpertz vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln dem epd. Der demografische Wandel verlange eine höhere Erwerbsbeteiligung und eine längere Lebensarbeitszeit, um die Sozialsysteme nicht zu überfordern. Vielmehr müssten die Institutionen, die Ehrenämter anbieten, überlegen, ob und wie sie höhere Aufwandsentschädigungen zahlen können.

Kritisch äußerte sich auch Niedersachsens Diakonie-Vorstandssprecher Hans-Joachim Lenke. Der Schlüssel, um Ehrenamt attraktiver zu machen, seien die Rahmenbedingungen, sagte er. Dies könnten etwa vergünstigte Bahntickets oder ein steuerlicher Freibetrag zum Beispiel für die Kinderbetreuung sein.

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8 Kommentare

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  • Für alle Menschen in Deutschland sollte es ein Grundeinkommen geben, das das Überleben sichert. Finanzierung geht auf jeden Fall. Wo ein Wille ist, ist auch ein Gebüsch. Aber wenn sich niemand mehr ausbeuten lassen müsste, funktioniert der Kapitalismus nicht mehr. Wäre doch schade (oder die Rettung der Welt)?

  • Ich bin ja eher für ein "Punkte" System.

    Das alte hat gute Ansätze und bescheidene Umsetzungen. Ausbildungen und Studium sollten honoriert werden, aber nur eine bestimmte Zeit. zB 5 Jahre. Das reicht locker für 3 Ausbildungen (2x testen, 1x durchziehen) oder 10 Semester Studium!

    Wer Vollzeit einzahlt sollte dafür honoriert werden! Wer dies nicht tut und keine Ausrede vom Arzt zur Hand hat… naja der darf dann nicht belohnt werden wie einer der 40h plus Überstunden auf dem Bau oder in Pflege arbeitet!



    Genau so könnte man verschiedene Berufsgruppen interessant machen. 1 Jahr als Handwerker, Pflegekraft oder Berufsfeuerwehrmenschi = 1,5 Punkte. Gegenüber jenen Jobs die eben im Büro von Statten gehen und regulär einen Punkt bekommen.

    Sagt man dann, dass man 45 Punkte braucht um in Rente zu gehen bei vollen Bezügen, dann kann der Handwerker vor dem Bürohengst gehen. Einfach aus dem Grund, dass jene im Büro deutlich weniger Körperlichen Verschleiß erleiden als im Außendienst auf Bau. Außerdem würde es die jetzt ungeliebten Berufe interessanter machen.

    Sagen wir man fängt mit 20 an und Studium/Ausbildung werden voll gewertet.



    Der im Büro arbeitet bis 65 Jahre.



    Der im Handwerk arbeitet bis 50 Jahren.

    Da kann man dann auch das Ehrenamt mit reinbringen. 4 Jahre Ehrenamt 1 Punkt oder irgendwie so. Nicht im Übermaß, denn Ehrenamt ist nicht honoriert, aber man könnte ein Mini Goody hinzufügen. Einmal um das Ausnutzen abzuwehren und andererseits um jede die eben doch was tun etwas zu belohnen für ihr selbstständiges Engagement.

    Dafür muss die Politik nur Eier haben und mal ein Konzept neu überdenken. Meins ist auch nicht perfekt, aber in einer Gesellschaft die Arbeitnehmer benötigt besser als der Mist den wir jetzt haben!

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Ich hätte mir diesen Artikel weit kritischer gewünscht.



    Die Idee, Ehrenamt - und dazu noch kritische Infrastruktur - über die Rente querzufinanzieren, hat mehrere "Haken".



    Zum Einen auf der Einzahlungsseite:



    Da zahlen in die umlagefinanzierte gesetzliche Rente nur Lohnabhänge mit rentenversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen und die sie beschäftigenden Unternehmen und Ämter ein.



    Dass heißt, dass weder pensionsberechtigte Verbeamtete noch Soloselbstständige oder Unternehmer:innen für die die Finanzierung des Ehrenamtes zahlen müssen. Menschen mit Löhnen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze tragen außerdem einen geringeren Teil ihres Lohnes bei. Unternehmen müssen für Geringbeschäftigte und pseudoselbständige "Subunternehmer" auch keine Rentenbeiträge zahlen.



    Zum Anderen gibt es auch auf der Auszahlungsseite Probleme mit dem Vorschlag, ein Jahr eher in Rente gehen zu können. Bei einer solchen Pauschallösung werden Besserverdienende klar bevorteilt.



    Aber auch die Einzahlung von Festbeträgen auf die Rentenkonten schafft zusätzliche soziale Ungleichheit. Wer ohnehin im Alter auf Grundsicherung angewiesen ist, dem bringt eine solche Zahlung tendenziell (fast) gar nichts.



    Last but not least gibt es auch noch eine (ohnehin existente) Umverteilung dadurch, dass Menschen mit höheren Einkommen tendenziell länger leben und damit auch länger Renten beziehen als Menschen mit geringen Einkommen.



    Eher in Rente gehen zu können, wird mehr von Menschen mit höheren Einkommen genutzt werden. Menschen mit geringeren Einkommen werden tendenziell länger arbeiten (müssen), für eine höhere Rente.



    Bei einem mittleren Rentenbezug würden sich beide Effekte ausgleichen. Ein Jahr länger die gleiche Rente zu beziehen, wäre äquivalent dazu, über die gesamte Bezugszeit eine höhere Rente zu bekommen.



    Wegen der tendenziell geringeren Lebenserwartung wiegt aber eine höhere Rente bei Geringverdiener:innen weniger stark als ein zusätzliches Bezugsjahr bei mittleren Einkommen.

  • Damit Tante Faeser nicht auf den Gedanken kommt die Idee käme von ihr sei der Hinweis erlaubt, dass das Merzilein doch schon von vor irgendwas um die zehn Jahre dieses Programm "Engagierte Rente" auflegen liess.



    Das gibt es doch noch, oder ?

  • Zur Erinnerung "Sozialexperte Jochen Pimpertz vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln" wird von der Arbeitgeberseite bezahlt.

  • 4G
    44733 (Profil gelöscht)

    Vorschläge sind die Theorie. Noch fehlen Details. Die Praxis sind gängelnde Bürokratie für die Personen im Ehrenamt. Dafür gibt es jede Menge Details.

  • Nancy Faeser ist für mich eine der engagiertesten Mitglieder der Regierung.



    Ein guter Vorschlag!



    Die Alternativvorschläge, wie Rabatte in öffentlichen Einrichtungen, gibt es ja bereits.



    Je nach Kommune sind diese Möglichkeiten ja auch begrenzt, bzw. begrenzt attraktiv.



    Es erscheint mir auch richtig, dass die Gesellschaft derartiges durch die Rentenbeiträge mitfinanziert, schließlich wollen ja auch Alle, egal wo sie verunglücken, o.ä., versorgt werden.



    Wir haben bereits eine längere Lebensarbeitszeit und sicher gibt es Gründe, warum das Renteneintrittsalter bei der Berufsfeuerwehr deutlich niedriger ist.



    Der andere Vorschlag, die Träger und Kommunen sollten eine höhere Ehrenamtspauschsle zahlen, halte ich für völlig verfehlt.



    Der Haushalt vieler Kommunen wird schwerpunktmäßig durch die Personalkosten bestimmt.



    Es kann nicht sein, dass klamme Kommunen und soziale Träger hier nochmal draufzahlen sollen.



    Durch den Rückzug der Kirchen aus vielen Kindergärten etc. ist die Zahlungslast in den letzten Jahrzehnten sowieso schon stark angestiegen.



    Fazit: die "Besserwisser", sind das Gegenteil,



    offensichtlich handelt es sich um bloße Parteinahme/ Parteipolitik.

  • "Denkbar wäre zum Beispiel, dass die Engagierten ein Jahr früher in Rente gehen."

    Und das lässt sich denkbar einfach finanzieren: Als Grundlage der Berechnung dient der (theoretische) Eckrentner, 45 Rentenpunkte. Er darf ein Jahr früher in Rente, d.h. er erwirbt nur 44 Punkte. Von denen wird ihm außerdem 3,6% dauerhaft abgezogen, weil er ja früher in Rente geht, das sind 1,584 Punkte. Zusammen verliert er 2,584 Punkte.



    Jetzt muss man nur noch definieren, was "langjähriges Ehrenamt" bedeutet. z.B. 20 Jahre. Und gesetzlich festlegen, dass die Träger von solchen ehrenamtlichen Stellen für die betreffenden Personen nach 20 jahren Ehrenamt, quasie als "Prämie" den Beitragswert an die Rentenkasse zu überweisen haben, der 2,584 Punkten entspricht. Aktuell würde das knapp 19.000 Euro kosten. Und die Punkte werden dem Rentenkonto des/der Ehrenamtlichen zugeschrieben.



    Oder man legt fest, dass Träger für jeden beschäftigten Ehrenamtlichen jährlich 0,125 Rentenpunkte erwerben müssen, die dem betreffenden Rentenkonto gutgeschrieben werden, das würde aktuell 900 Euro/Jahr kosten. Dann klappt es auch mit den nötigen Beitragsjahren für den vorzeitigen Renteneintritt.Und ob jemand dann vorzeitig in Rente geht oder die Zusatzrente nimmt, kann er/sie selbst entscheiden.



    Jeder andere Finanzierungsweg wäre eine weitere Ausplünderung der Rentenkasse zulasten der Rentenversicherten.