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Vorschlag des Verkehrsministers ScheuerMehr Daten gleich weniger Stau

Die Straßen sind voll von Autos. Um das Verkehrschaos in den Griff zu bekommen, will Minister Andreas Scheuer möglichst viel über die Fahrer wissen.

Nimmt private Daten mit offenen Armen: Verkehrsminister Andreas Scheuer Foto: dpa

Berlin taz | Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer will keine Limits, weder beim Tempo auf der Autobahn noch beim Einsatz von Mobildaten. In einem Bericht der Bild am Sonntag schlug der CSU-Politiker nun vor, sich des Kampfes gegen Staus in Städten anzunehmen und dafür die persönlichen Bewegungsdaten der Autofahrer*innen zu nutzen.

„Wenn viele Nutzer ihre persönlichen, anonymisierten Mobilitätsdaten zur Verfügung stellen würden, könnten Städte die Verkehrspolitik besser planen, sodass die Menschen weniger im Stau stehen. Die Bürger müssen dem Staat dabei vertrauen.“ Sein Ziel: bessere Mobilität und saubere Luft.

Der Verkehrsminister ist nicht der Erste, der auf die Idee kommt, mithilfe etlicher persönlicher Daten der Autofahrer*innen ein Verkehrschaos zu verhindern. Experimentiert hat damit bereits das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation gemeinsam mit der Stadt Stuttgart. Dafür hat das Institut mit Telefónica Deutschland zusammengearbeitet.

Das Unternehmen hat für die Erhebung anonymisierte Mobilfunkdaten zur Verfügung gestellt. Diese Daten entstehen, wenn die Nutzer*innen telefonieren oder im Netz surfen und die Geräte mit den Mobilfunkzellen kommunizieren. Aus diesen Informationen können dann Bewegungsprofile erstellt werden. Dass es sich dabei um anonyme Daten handelt, hat für die Fraunhofer-Studie der TÜV Saarland sichergestellt. Es sollten keine Bezüge zu Einzelpersonen hergestellt werden können.

Einen weiteren ähnlichen Vorstoß gab es zudem im vergangenen Jahr vom Städte- und Gemeindebund. Damals forderte deren Hauptgeschäftsführer, Gerd Landsberg, die Kommunen auf, in den Handel mit Daten einzusteigen. Ihm ging es weniger um Bewegungsprofile als vielmehr um Lärmwerte, Messergebnisse zur Feinstaubbelastung und um demografische Informationen. Die Kommunen sollten diese Daten für sich nutzen und damit die Bedürfnisse der Bevölkerung stillen. Aber sie sollten die Daten auch an Privatfirmen verkaufen, zum Beispiel an Immobilienanbieter oder Transportunternehmen.

Die Datenverkaufsidee der Kommunen ist vor allem bei Daten­schützer*innen auf harte Kritik gestoßen. Denn über Bewegungsdaten lassen sich leicht Rückschlüsse auf konkrete Personen ziehen und damit auch eindeutig zuordenbare Profile erstellen. Die Reaktionen der Datenschützer*innen sind also auch jetzt im Fall Scheuer erwartbar. Allerdings geht seine Anti-Stau-Idee derzeit im Wirbel um Tempolimits und die Kritik von Lungenärzten an den Stickoxid-Werten beinahe unter.

Stau hin oder her: Nimmt die Mobildatenabfrage Form an, wird Scheuer erklären müssen, wie er den Schutz persönlicher Daten der Autofahrer*innen gewährleisten kann. Gute Argumente könnte die Datenschutzgrundverordnung ­(DSGVO) liefern. Sie sieht klare ­Grenzen bei der Speicherung von Daten vor.

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7 Kommentare

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  • Herr Scheuer, ich zitiere mal die taz:



    "Zu viele Autos sind zu viele Autos."



    Ob sie nun irgendwo rumstehen oder fahren. Es ist wirklich so einfach.

    Ich halte den Vorschlag für eine Hinhaltetaktik.



    Andere Länder und Kommunen haben schon längst die Verkehrswende eingeleitet, es gibt unzählige Dinge, die erprobt sind.

    Ob man nun Daten erfasst oder nicht, es gibt genügend Massnahmen, mit denen man jetzt schon anfangen könnte.

  • Scheuer will also mit einer besseren Lenkung bessere Städte bauen für die Autos: Strassenoptimierung statt Senkung der Fahrzeugzahlen.

    Prima...astreine Verschiebungspolitik zugunsten seines Nachfolgers? Das Problem wird dadurch nur grösser und die Städte gewinnen NIEMALS; denn wo Verkehrswege entstehen oder optimiert werden, tauchen auch mehr Fahrzeuge auf.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...erklärt doch mal jemand Herrn Scheuer, wie ein Stau enststeht.

  • Das zielt doch, von der Datenerhebung abgesehen, sowieso nur auf eine Verkehrspolitik der sechziger Jahre nach dem Motto: "Die Stätdte den Autos!"



    Das dürfte seinem "gesunden Menschenverstand" entsprechen.

  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Raffiniert, dieser Scheuer. Das bayerische Polizeigesetz wollte ja ohnehin viel weniger Datenschutz, als die SPD erlaubt hatte.



    Ich glaube nur, daß das Abfotografieren von Köpfen und Nummernschildern auf den Strassen fast nur Unions-Symphatisanten auf die Festplatten spülen werden, denn wer kann sich sonst schon die SUVs mit 220 km/h leisten.



    Aber, dann kann er eines baldigen Tages sagen, daß mit einer großen Löschaktion die persönlichen Daten um des Datenschutzes willen, gelöscht wurden. In Wirklichkeit wurden nur die CDU/CSU-Köpfe und die ihrer Spender gelöscht. Die Linken bleiben drin.

  • Interessant gedacht: Kaum ist das bisherige Dauerargument "Terrorbekämpfung" verbrannt, folgt unmittelbar darauf noch mehr Ausforschung der Bürger/Bügergerinnen als Gegenmittel gegen das Chaos des Straßenverkehrs!

    Gewißhheit haben wir vor allem daran, daß Politikern niemals die Pseudoargumente ausgehen, um die Bürger/Bürgerinnen immer mehr auszuforschen und sie zu Robotern umzumanipulieren.

    Doch die Parteien sollten sich darüber freuen, daß ihnen aus solchen Gründen die Wählerschaft scharenweise wegläuft. Denn genau das dient dem Erhalt der Demokratie und sorgt dafür, daß am Ende doch noch einiges der verbliebenen Reste an Freiheit übrig bleibt.

  • b.scheuer.t