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Vorgeschichte des Angriffs auf IsraelWie Gaza zu Gaza wurde

Der Küstenstreifen und Israel haben eine wechselvolle Geschichte. Von weitgehend friedlichem Grenzverkehr in den Achtzigern zu Terror und Blockade.

Zeit der Besatzung: Israelische Soldaten durchsuchen palästinensiche Jugendliche 1993 in Gaza-Satdt Foto: Jim Hollander/reuters

Ein Autounfall, bei dem vier Palästinenser zu Tode kamen, gab im Dezember 1987 den Anstoß zur Ersten Intifada. Der Ort des Unglücks war nicht weit vom Grenzübergang Erez entfernt. Irgendwann baute das israelische Militär dort eine Schranke auf, mehr nicht. SoldatInnen prüften Papiere. Wer über die entsprechende Genehmigung verfügte, konnte sogar mit dem Auto ein- und ausreisen. Zigtausende palästinensische Männer fuhren täglich zur Arbeit nach Israel, in die naheliegenden Kibbuzim, nach Sderot, Aschkelon und Tel Aviv.

Viele Palästinenser fanden Arbeit in den Siedlungen, bauten Häuser, pflanzten und ernteten Gemüse. Umgekehrt kamen Israelis zum Einkaufen. Die überwiegend friedliche Koexistenz funktionierte, auch wenn der Unmut der PalästinenserInnen über die Besatzung groß war. Die Intifada belastete zwar das Zusammenleben der beiden Völker im Gazastreifen, doch der Widerstand der Steinewerfer zielte in erster Linie auf das israelische Militär.

Die Osloer Prinzipienerklärung, die Israel und die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) im September 1993 unterzeichneten, trieb die Abkopplung Israels vom Gazastreifen entscheidend voran. Gaza sollte unabhängiger werden. Sogar der Bau eines Flughafens war vorgesehen. Im Dezember 1998 kam es schließlich im Beisein des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton zur feierlichen Eröffnung des Gaza International Airport. Schon im November war von dort aus eine erste Maschine gestartet. Viel mehr sollten es nicht werden.

wochentaz

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Entlang der israelischen Grenze begann der Bau von Trennanlagen, die über die Jahre immer massiver wurden. Palästinensische Arbeiter verbringen, wenn sie überhaupt noch einreisen dürfen, Stunden: an den Kontrollen auf palästinensischer Seite, dann in dem rund einen Kilometer langen Weg durch eine Art Betonschlauch und schließlich auf israelischer Seite an den Sicherheitsanlagen und -prozeduren­. Terroristen fernzuhalten war die Hoffnung in Israel. Das führte dazu, dass sich der Terror, der mit Beginn der Zweiten Intifada im Herbst 2000 ­massiv zunahm, verstärkt gegen die Sied­lerInnen im Gazastreifen richtete.

Ein hoher Blutzoll für die Siedlungen

Der hohe Blutzoll unter den Sicherheitskräften, die die Siedlungen bewachen mussten, war schließlich zentraler Grund für den früheren Ministerpräsidenten Ariel Scharon, die Siedlungen im August 2005 aufzulösen und die Besatzung in Gaza zu beenden. Trotz vehementer Proteste der eigenen nationalreligiösen Landsleute.

Hamas-Kämpfer bei einer Trauerfeier in Gaza-Stadt 2004

Wohnhäuser wurden von der Armee zerstört, Gewächshäuser ließ man stehen, nachdem Privatleute aus den USA rund 15 Millionen Dollar Spenden gesammelt hatten, um sie Israel abzukaufen. James Wolfensohn, damals Weltbank-Chef, gab eine halbe Million aus eigener Tasche dazu, damit den PalästinenerInnen diese Wirtschaftsquelle erhalten bliebe. Innerhalb von Tagen waren die Gewächshäuser allerdings von Plünderern so zugerichtet worden, dass sich niemand die Mühe machte, sie wiederaufzubauen.

Kaum sechs Monate nach dem Abzug der Israelis bescherten die PalästinenserInnen der Hamas den Wahlsieg. Die Fatah im Westjordanland ignorierte das Ergebnis, für den Gazastreifen war es fatal. Israel und Hamas boykottieren ein­ander, was vor allem den Grenzverkehr enorm erschwert. Die Einnahmen aus Arbeit in Israel blieben über viele Jahre nahezu komplett aus. Israel unterband infolge von Terror den Export palästinensischer Güter.

Dazu kam, dass die Hamas den Menschen in Gaza hohe Steuern abverlangt. Die als hermetisch geltenden Trennanlagen führten die Hamas erneut zur veränderten Strategie. Weil Terroristen nicht mehr nach Israel kamen und die SiedlerInnen abgezogen waren, konzentrierte man sich fortan auf Raketen- und Tunnelbau. Die Kibbuzim und die Ortschaften im Umfeld vom Gazastreifen wurden zur neuen Front.

Jede militärische Konfrontation verschärfte das Elend. Seit Jahren funk­tio­nieren die Kläranlagen nicht, das Abwasser aus hunderttausenden Haushalten fließt ungefiltert ins Mittelmeer. Strom gibt es nur sporadisch, Treibstoff, Medikamente und Nahrungsmittel müssen aus Israel eingekauft werden. Infolge der Hamas-Angriffe hat Israel die Lieferungen eingestellt, von denen 2,3 Millionen Menschen ab­hängen.

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15 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Gaza ist auch deswegen Gaza, weil sich zwischen 1980 und 2020 die Bevölkerung vervierfacht hat. Gut die Hälfte der Bevölkerung ist unter 16.

    de.statista.com/st...r-im-gazastreifen/

    Drei Viertel der über 2 Millionen Menschen leben unter extrem widrigen Umständen von der Hilfe von aussen.

    Wie es geschichtlich dazu kommen konnte kann auf Wikipedia gut nachgelesen werden.

    de.wikipedia.org/wiki/Gazastreifen

    Inbesondere das Kapitel Wirtschaft zeigt, was durch die Blockade durch Israel und Ägypten im Land passiert.



    Es braucht einen Entwicklungsplan und dazu gehört als erstes die Entwaffnung der Hamas und dann auch wieder die Grenzöffnung.

  • Bei den Wahlen Anfang 2006 ist die Hamas aber nur knapp größte Fraktion geworden, es gab zu dem Zeitpunkt noch andere Parteien im Gazastreifen.

    Ende 2006 u. Anfang 2007 ging die Hamas mit militärischer Gewalt gegen palästinische Oppositionelle (Fatah u. andere) im Gazastreifen vor, hat sie ermordet oder vertrieben.



    Seit diesem blutigen Putsch der Hamas gab es im Gazastreifen keine Wahlen mehr. Die Hamas ist Alleinherrscher und verfolgt Kritiker*innen u. gemäßigte Oppositionelle.

    Man müsste also den Gazastreifen von der Hamas befreien - unter größtmöglicher Schonung der Zivilbevölkerung.

    Danach müssten faire u. freie demokratische Wahlen durchgeführt werden.



    Und das nicht nur im Gazastreifen, sondern auch im Westjordanland. Mahmud Abbas im Westjordanland hat nämlich auch seit Jahren die längst überfälligen Wahlen ausgesetzt.

  • Leider lässt der Artikel die englische Besatzung aus, die völkerrechtswidrigen Siedlungen kommen hier viel zu gut weg und es gibt auch kein Wort über die Willkür israelischer Soldaten. Im großen und ganzen ist der Text für Leute die keine Ahnung haben vom Konflikt net wirklich lehrreich, und für die die Ahnung haben gibts hier auch nichts neues. Für mich, der selbst schon mal vor Ort war und der nen Palästinenser im Viertel hatte und einiges von seinem Leben erfahren hat, ist dieser Artikel hier leider unerträglich verharmlosend und relativierend. Man bekommt den Eindruck, die Menschen die die Siedlungen bauen und der Präsident seien die Opfer und müssen unbedingt geschützt werden. Kein Wort über die Räumungen. Kein Wort über friedliche Demos die niedergeschossen wurden. Kein Wort über das Attentat auf Israelis und Palästinenser die Frieden wollten. Kein Wort über oppositionelle Israelis die gegen die Siedlungen waren und deshalb als Verräter und falsche Juden betitelt wurden

  • Sorry. Der Artikel ist für mich zu knapp. Ich bin nach diesem nicht schlauer als vorher.

  • "Kaum sechs Monate nach dem Abzug der Israelis bescherten die PalästinenserInnen der Hamas den Wahlsieg."



    Sie erhält 44% der Stimmen bei den Parlamentswahlen 2006. Die Präsidentschaftswahlen hingegen wurden von der



    Fatah gewonnen, und palästinensiche System ist eher Präsidial- und nicht parlamentarisch.



    Entgegen dem, was im taz-Artikel suggeriert wurde, ist die Hamas nicht auf legalem Weg in Gaza an die Macht gekommen,



    sondern mit Gewalt.

    • 0G
      06438 (Profil gelöscht)
      @yohak yohak:

      ""....ist die Hamas nicht auf legalem Weg in Gaza an die Macht gekommen,"""

      ==

      Zitat aus Hamas Wiki:



      ""Im Kampf um Gaza gelang es der Hamas, die Fatah aus dem Gazastreifen zu vertreiben. Präsident Mahmud Abbas setzte am 17. Juni 2007 eine neue Regierung unter Salam Fayyad ein.

      Dabei wurde er von den USA, der EU, aber auch von der Arabischen Liga unterstützt.

      Die Hamas lehnte die neue Regierung ab. Sie erhob für sich den ------

      ""alleinigen Machtanspruch und regiert seitdem faktisch den Gazastreifen.""

      Die Politik der Hamas gegenüber der Zivilbevölkerung ist dabei von Willkür und Gewalt gekennzeichnet. So kritisiert Amnesty International willkürliche Verhaftungen, Folter und Erschießungen.""

      ==

      Eine legitime Regierung sieht anders aus - Hamas ist jedenfalls keine legitime Regierung. Ich frage mich die ganze Zeit was der Spruch auf Pro-Palestina Demos ""Free Palestine""eigentlich bedeuten soll? Erhaltung des religiös - fanatischen Terrorregimes "Hamas" - welches die Palestinenser in Gaza unterdrückt - oder die schiitische Iranvariante, siehe Hizbollah & deren Führer Nasrallah im Südlibanon, die einen weiteren Gottesstaat errichten wohlen?

      Beide Varianten bedeuten einen radikal - fundamentalistisches Palestina - also das extreme und extremistische absolute Gegenteil eines ""befreiten Palestinas.""

      Wer will so etwas?

  • Vielen Dank. Artikel wie dieser sind der Grund, das Taz-Abo bei allem Ärger über manche Kommentare und Positionen der Redaktion auf jeden Fall weiter beizubehalten.

  • 2,3 Millionen Menschen auf engsten Raum, quasi eingesperrt mit Freigang. Ohne Perspektive, ohne Hoffnung. Das ist der Boden für die Hamas. Es braucht eine Gesamtlösung, mit Perspektive und Hoffnung. Sonst wird es nie ohne Konflikte möglich sein, dort zu leben.

    • @Frankenjunge:

      Der Gaza Streifen hat mit das höchste Bevölkerungswachstum der Welt. Alle 15-20 Jahre verdoppelt (!) sich die Bevölkerung. Ein Großteil der Probleme ist also im wahrsten Sinne hausgemacht.

      • @smd:

        Die genauen Zahlen kenne ich nicht, aber auf dieses Problem hat H.M. Broder schon vor 20 Jahren hingewiesen, d.h. in etwa der Zeitraum, den Sie erwähnen. Das muss auf jeden Fall ein Teil des öffentlichen Diskurses sein, mit dem Ziel einer friedlichen Lösung und dem Abbau von Gruppendenken.

    • @Frankenjunge:

      Das ist kurz und knapp richtig analysiert. Nur denke ich, je länger wir Europäer die vermeintlich Guten in diesem Spiel geben, und mit großem Langmut und nicht gerade unerheblichen finanziellen Mitteln - direkt oder via EU & UN - versuchen, diese Hölle auf Erden in einen besseren Ort zu verwandeln, desto mehr wachsen die Zweifel daran, dass dies wirklich gelinge wird.



      Ist es am Ende nicht doch einer postkolonialistischen Einstellung geschuldet, dass wir meinen, uns dort quasi paternalistisch einmischen zu müssen und dabei aber blind sind, was mit den Mitteln tatsächlich passiert?



      Oder wollen wir das vielleicht nicht sehen oder so genau wissen, weil es ja (für die politischen Entscheidungsträger) unbequem wäre, sich auch nur dem Verdacht des "antimuslimischen Rassismus" auszusetzen - ob nun gerechtfertigt oder nicht?

      Vielleicht sollten wir die zunächst die finanziellen Mittel für Gaza nicht einfach nur einfrieren, sondern komplett einstellen. Ersatz dürfte ohne Probleme durch Staaten wie Katar oder Iran bereitgestellt werden.



      Positiver Nebeneffekt: Jeder Dollar, jeder Euro den diese Staaten für die bisherigen europäischen Mittel aufwenden müssen, ist ein Dollar und ein Euro weniger für Bomben und Raketen der Hamas.

  • Begonnen hat das Ganze schon 1917 mit der englischen Besatzung des Streifens. Davor war auch schon Mord und Totschlag durch verschiedene meist islamische Gruppen. in Gaza existieren immer noch Flüchtlingslager aus den 40ern. Die Arabische Welt hat die Palestinenser nicht wirklich aufgenommen. Es gibt wohl mehr Palestinenser mit israelischem Pass als mit z.B Ägyptischen. Wie sich das Ganze dort befrieden soll, ist mir ein Rätsel. Israelische Hardliner machen es auch noch deutliche schlimmer. Und die Hamas ist eher ein totalitäres Clansystem als eine demokratische Regierung. Oh je - so viel Leid und Trauma für die nächsten 10 -30 Jahre

    • @Fabian Lenné:

      Und dazu kommt noch, dass die Hardliner auf beiden Seiten nur durch Krieg und Gewalt ihre Daseinsberechtigung haben und ihren Lebensunterhalt verdienen.

    • @Fabian Lenné:

      Ja, leider gibt es auf beiden Seiten augenscheinlich genug "radikale Elemente", welche mit dem berüchtigten "Nagel im Kopf" ausgestattet sind. Es ist auch müßig zu fragen, wer angefangen, wer übertrieben und überhaupt wer Schuld hat.



      Es ist einfach zwecklos, dort (nur Gaza) weiter helfen zu wollen und trotz bester Absichten jedes Mal zu realisieren, dass immer nur noch mehr Schaden angerichtet wurde. Raus und gut.

      Die Frage, ob Menschen "mit dem Nagel im Kopf" so geboren oder durch die Umstände so geformt werden, können wir ohnehin nicht abschließend zweifelsfrei beantworten. So bleibt noch nicht einmal für die Wissenschaft und Forschung etwas zu erreichen.

  • Sehr interessant!