Vorermittlung wegen Gazakrieg 2014: Israel ist erbost über Weltgerichtshof
Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag will Vorermittlungen wegen möglicher Kriegsverbrechen aufnehmen.
JERUSALEM taz | Mit großem Unmut hat die israelische Führung darauf reagiert, dass der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) Vorermittlungen gegen Israel wegen möglicher Kriegsverbrechen aufnehmen will. Bei den Palästinensern im Westjordanland und im Gazastreifen herrscht hingegen Genugtuung.
Die Entscheidung der Chefanklägerin Fatou Bensouda in Den Haag folgte auf den Antrag von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zur Aufnahme Palästinas. Gegenstand der Vorermittlung wird zunächst der Gazakrieg von 2014 sein, in dessen Verlauf über 2.000 Palästinenser starben.
Aus Unmut über den IStGH will sich Israels Außenminister Avigdor Lieberman nun bei westlichen Mitgliedstaaten dafür einsetzen, dass sie die Finanzierung des Strafgerichtshofs einstellen. „Wir werden unsere Freunde in Kanada, in Australien und in Deutschland auffordern, die Zahlungen schlicht einzustellen“, sagte Lieberman im israelischen Rundfunk.
Scharon Pardo, Jurist und Dozent für Internationale Beziehungen an der Ben-Gurion-Universität in Beerschewa, hält den Aufruf Liebermans für einen „symbolischen Akt“. Selbst wenn sich Staaten mit Israel solidarisieren sollten, „findet der Internationale Strafgerichtshof sicher schnell andere Geldgeber“. Pardo rechnet mit Klagen gegen israelische Soldaten und Siedler.
„Schritt zur Gerechtigkeit“
Abbas hatte das Rom-Statut vor zwei Wochen unterzeichnet, der Aufnahmeantrag soll bis zum 1. April ratifiziert werden. Ziel der Palästinenser ist es, den Konflikt, der auf bilateraler Ebene seit Jahren stagniert, auf die internationale Bühne zu verlagern. Israel ist selbst nicht Mitglied des IStGH und kann als Staat nicht zur Verantwortung gezogen werden. Möglich sind aber Klagen gegen Einzelpersonen. Umgekehrt kann das Gericht auch völkerrechtswidriges Verhalten auf palästinensischer Seite verfolgen, wie die Raketenangriffe der Hamas auf israelische Zivilisten.
Die Palästinenser betrachten die geplanten Vorermittlungen in Den Haag als einen „wichtigen Schritt hin zur Gerechtigkeit“, wie es in einer von der Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) veröffentlichten Mitteilung des „Staats Palästina“ heißt. Die Verbrecher zur Verantwortung zu ziehen, bedeute, „die Opfer zu ehren und andere davor zu schützen, in der Zukunft Opfer zu werden“. Die Mitgliedstaaten des IStGH stünden unter „moralischer Verpflichtung“, sich für ein Ende der Besatzung einzusetzen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird