Vor dem DGB-Kongress im Mai: Auf Distanz zum Klimaschutzplan
Das Bekenntnis zum deutschen Klimaschutzziel wurde aus einem Antragsentwurf des Vorstands herausgestrichen. Verdi ist empört.
Im ursprünglichen Antragsentwurf vom Januar, der der taz vorliegt, hatte der DGB hingegen noch die „Klimaschutzziele auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene“ unterstützt, darunter explizit den „Klimaschutzplan 2050“, in dem die Bundesregierung 2016 die Umsetzung ihres Klimaziels konkretisierte. Im neuen Antrag wird der Klimaschutzplan hingegen nur noch kritisch kommentiert. Er werde „mehr Zielkonflikte“ auslösen, „für deren Bearbeitung es bisher noch zu wenig adäquate Instrumente gibt“, heißt es.
Warum das Bekenntnis zum deutschen und europäischen Klimaziel aus dem ursprünglichen Antragsentwurf gestrichen wurde, will der DGB auf Anfrage nicht erläutern. Es handele sich dabei um interne Papiere, sagte DGB-Sprecher Jan Piegsa der taz. „Ich sehe überhaupt keinen Anlass, das zu kommentieren.“
Tatsächlich steckt hinter der Änderung wohl vor allem die Bergbau- und Energiegewerkschaft IG BCE. Diese hatte schon bei der Verabschiedung des Klimaschutzplans scharfe Kritik geübt. „Weitergehende einseitige Verpflichtungen im Klimaschutzplan 2050 lehnt die IG BCE ab“, hieß es damals. Vor allem das Kernstück des Plans, die verbindlichen Ziele für einzelne Sektoren, stieß auf den Widerstand der IG BCE.
Der DGB hatte den Klimaschutzplan der Bundesregierung hingegen positiv aufgenommen. Er stelle „eine nützliche und notwendige Grundlage dar, anhand derer der Weg in eine kohlenstoffarme Wirtschaft diskutiert werden kann“, erklärte der DGB 2016.
Kritik von Verdi
Deutliche Kritik am neuen Antragstext kommt von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. „Wir stehen zum Klimaschutzplan 2050 mit Zielen für alle Sektoren“, sagte Verdi-Energieexperte Reinhard Klopfleisch der taz. „Und wir würden uns wünschen, dass auch der DGB eine solche Position weiterhin unterstützt.“ Ein Änderungsantrag von Verdi, zum ursprünglichen Text zurückzukehren, wurde von der DGB-Antragskommission aber abgelehnt. Eine Änderung ist nun nur noch durch einen Antrag beim Kongress selbst möglich.
Ob dieser eine Mehrheit finden würde, ist aber offen. Denn auch die IG Metall, die in der Vergangenheit einen progressiven energiepolitischen Kurs vertreten hat, hat den Änderungswunsch der IG BCE nach taz-Informationen mitgetragen. Zu den Gründen äußerte sich die IG Metall am Donnerstag auf Anfrage nicht. Bekannt ist aber, dass viele Betriebsräte in der Autobranche die scharfen Zielvorgaben fürchten, die der Klimaschutzplan für den Verkehrssektor vorsieht.
Andererseits befände sich der DGB mit einer Ablehnung des Regierungsplans in schlechter Gesellschaft: Im Bundestag lehnen nur AfD und FDP nationale Klimaziele ab. Selbst der Bundesverband der Deutschen Industrie stellt sich nicht dagegen, sondern hat im Januar in einer großen Studie Wege aufgezeigt, wie Deutschland seine Klimaziele erreichen kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was