Vor Merkels Afrikareise: Protest und Unruhe in Äthiopien
Äthiopien ist ein Partner Europas bei der Abwehr von Flüchtlingen. Der Protest im Land weitet sich derweil aus. Eine US-Amerikanerin wird getötet.
Die niederländische Fruchtsaftfarm AfricaJuice im Awash-Flusstal wurde verwüstet, alle Angestellten mussten evakuiert werden, sagte Firmenchef Harry Van Neer. Die niederländische Blumenfarm Esmeralda Farms kündigte ihren Rückzug aus Äthiopien an. Bereits zuvor waren die Zementwerke des Nigerianers Aliko Dangote zum Teil angezündet worden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel bricht am Sonntag zu einer mehrtägigen Reise nach Mali, Niger und Äthiopien auf. Mali und Niger sind zwei von fünf afrikanischen Ländern, mit denen die EU sogenannte Migrationspartnerschaften anstrebt. Auch Äthiopien ist ein enger Partner Europas bei der Flüchtlingsabwehr und die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba ist zudem Sitz der Afrikanischen Union (AU).
Bundesaußenminister Walter Steinmeier wird nach nigerianischen Angaben am Montag in Nigeria zum turnusmäßigen Treffen der Deutsch-Nigerianischen Bilateralen Kommission erwartet.
Die Fluchtbewegungen aus Afrika Richtung Europa sind derzeit wieder so intensiv wie selten. Am Montag wurden im Seegebiet zwischen Libyen und Sizilien 6.055 Menschen aus dem Wasser gerettet, am Dienstag 4.655. Mindestens 37 Menschen konnten nur noch tot geborgen werden. Auf der Fahrt der Geretteten zum italienischen Hafen Catania kamen drei Kinder zur Welt. Nachdem durch ein Abkommen mit der Türkei die Ankunftszahlen in Griechenland stark zurückgegangen sind, ist der Weg von Libyen über das Mittelmeer nach Italien wieder Hauptroute in der europäischen Flüchtlingskrise.
Am Stadtrand von Addis Abeba wurde die US-amerikanische Post-Doktorandin der Botanik Sharon Gray am Dienstag mit einem Felsbrocken am Kopf getroffen und getötet, als ihr Auto in eine demonstrierende Menschenmenge geriet.
Die Proteste entzündeten sich am Tod zahlreicher Menschen im Anschluss an das Oromo-Erntedankfest im Ort Bishoftu am vergangenen Sonntag. Nach Regierungsangaben starben 52 Menschen, nach Oppositionsangaben über 600, als Sicherheitskräfte gegen Protestbekundungen in der feiernden Menge vorgingen, eine Massenpanik folgte und zahlreiche Menschen in einen Graben fielen.
Der äthiopische Botschafter in den USA, Girma Birru, erklärte, die Polizei habe Tränengas eingesetzt, nachdem Protestierende „versuchten, die Menschen um sie herum zu destabilisieren“.
„Der Protest geht weiter, die Mauer der Angst ist gefallen“, erklärten äthiopische Exiloppositionelle in Berlin bei einer Protestaktion anlässlich der bevorstehenden Merkel-Reise nach Addis Abeba. Das in Deutschland ansässige Ethiopian Human Rights Committee forderte eine deutsche „Kursänderung“ gegenüber Äthiopien: „Die Unterstützung von Diktatoren in Äthiopien führt nicht zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen, sondern fördert Flucht und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, erklärte die Gruppe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies