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Vor Gipfel in ParisKünstliche Intelligenz als Bedrohung

Vor einem großen KI-Gipfel in Paris warnen Ex­per­t:in­nen vor möglichen Folgen. Der Gastgeber fordert mehr „wirtschaftlichen Patriotismus“.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit KI-Kühlschrank und Ananas Foto: picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod

Berlin taz/afp | Zum Beginn des KI-Gipfels in Paris warnen Wissenschaft und Zivilgesellschaft vor den Folgen des Einsatzes künstlicher Intelligenz. „Die wirkliche existenzielle Bedrohung durch KI ist nicht, dass Maschinen ein Bewusstsein entwickeln und die Weltherrschaft an sich reißen könnten – sondern, dass wir zulassen, dass die Technologie unserem Planeten unkontrolliert Schäden zufügt“, sagt Matthias Spielkamp, Geschäftsführer und Mitgründer der Menschenrechtsorganisation Algorithmwatch, der auch beim Gipfel anwesend sein wird.

Am Montag und Dienstag treffen sich in Paris zahlreiche Spitzenpolitiker:innen, Unternehmer:innen, Ver­tre­te­r:in­nen von NGOs und Wissenschaft sowie Künstler:innen, um über künstliche Intelligenz zu sprechen. Auf der Agenda stehen dabei unter anderem der Einsatz von KI im Gesundheitssektor, mögliche Bedrohungen für die Demokratie und die Frage, wie sich globale Vereinbarungen über einen ethisch vertretbaren Einsatz von KI erzielen lassen. „Die Technologie muss im Dienst der Gesellschaft stehen, nicht umgekehrt“, hieß es dazu vom französischen Gastgeber. Präsident Emmanuel Macron richtet den Gipfel aus.

Der kanadische KI-Forscher Yoshua Bengio warnte, unterstützt von weiteren Wissenschaftler:innen, vor einem „Kontrollverlust“ und forderte eine stärkere staatliche Regulierung. Neben bereits bekannten Gefahren wie falschen und irreführenden Inhalten gebe es immer mehr Beweise für „zusätzliche Risiken wie biologische Angriffe oder Cyberattacken“.

Für eine stärkere Regulierung sprechen sich auch Ver­tre­te­r:in­nen der Zivilgesellschaft aus: Der „Größer ist besser“-Ansatz von Big Tech bei der KI-Entwicklung beschleunige nicht nur Umweltschäden, sondern verstärke auch den Einfluss von Konzernen, kritisiert Spielkamp: „Ohne strikte und wirksame Gesetzesvorgaben wird sich daran nichts ändern.“

Politisch sieht es jedoch derzeit nicht danach aus. So fordert etwa Macron „mehr wirtschaftlichen und europäischen Patriotismus“ in Sachen KI. „Sind wir bereit, dafür zu kämpfen, autonom zu sein, oder lassen wir es auf einen Wettbewerb zwischen den USA und China hinauslaufen?“, fragte er in einem Interview mit mehreren Regionalzeitungen.

Zuletzt hatten die USA mit einer Investitionszusage mehrerer Großkonzerne im dreistelligen Milliardenbereich in die für KI benötigte Infrastruktur von sich reden gemacht. Aus China kam kurz danach mit Deepseek ein viel beachtetes Modell für generative KI, mit der sich zum Beispiel Texte erzeugen lassen.

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3 Kommentare

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  • Auf dem Weg zurück auf die Bäume muss es tatsächlich beängstigend sein, wenn sich der Fortschritt auch ohne die eigene Beteiligung weiter fortsetzt.

    Eine globale Vereinbarung zur Nutzung der KI mit Europa wird es nicht geben. Wer Standards setzen will, der muss Teil der technologischen Entwicklung sein, das geschieht allerdings nicht, wenn unser größter Beitrag eine illustre Ansammlung von Bedenkenträgern bleibt, denen jegliche technische Expertise fehlt.

    Macron hat recht!

    • @insLot:

      Sie meinen die technische Expertise, die tausende KI-Experten schon letztes Jahr dazu gebracht hat, öffentlich ein Moratorium zu fordern, und die jetzt erneut 700 Experten (darunter Nobel- und Turingpreisträger:innen) bei der OECD-KI-SIcherheitskonferenz dazu gebracht hat, strenge Regulierung zu fordern (siehe www.iaseai.org/conference/statement)?

  • Worüber mögen die beiden sich wohl austauschen?