Volkswirtschaftlicher Schaden von Krebs: Die Kosten einer Krankheit
Im Jahr 2009 hat Krebs in der EU über 126 Milliarden Euro volkswirtschaftliche Kosten verursacht. Lungenkrebs schlägt dabei besonders stark zu Buche.
LONDON dpa | Krebserkrankungen haben in der Europäischen Union (EU) im Jahr 2009 volkswirtschaftliche Kosten von insgesamt 126 Milliarden Euro verursacht. Zu diesem Ergebnis kommt eine vom Journal The Lancet Oncology publizierte Studie von Wissenschaftlern der britischen Universität Oxford und des King's College London. In manchen Ländern könnte eine bessere Verteilung von Forschungsgeldern die Überlebensraten erhöhen, betonen die Experten.
Es handelt sich den Forschern zufolge um die erste Studie überhaupt, die die ökonomischen Kosten der Krankheit zwischen den EU-Ländern umfassend vergleicht. Die Wissenschaftler verwendeten dafür Daten von internationalen Gesundheitsorganisationen, nationalen Gesundheitsministerien und von Statistikinstituten.
Die Kosten in den vier größten EU-Ländern Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien machten der Studie zufolge knapp zwei Drittel der Gesamtsumme aus. Luxemburg und Deutschland gaben pro Person am meisten Geld für die medizinische Versorgung von Krebspatienten aus, Bulgarien am wenigsten. Der Anteil der Ausgaben für Krebsmedikamente an den Kosten für die medizinische Versorgung war hingegen in Zypern am höchsten und in Litauen am niedrigsten.
Europaweit verursachte Lungenkrebs die höchsten Gesamtkosten sowie den höchsten Produktivitätsverlust durch Krankschreibungen und verfrühte Todesfälle. Die medizinische Versorgung an sich war hingegen für Brustkrebspatienten am teuersten, vor allem wegen eines hohen Anteils an Ausgaben für Medikamente.
Drei Milliarden Stunden Pflege
Zwei Fünftel der Gesamtkosten – 51 Milliarden Euro – übernahmen der Studie zufolge die Gesundheitswesen der Staaten. Den Rest trugen unter anderem Freunde und Familie der Patienten. Sie leisteten demnach drei Milliarden Stunden unbezahlter Pflege, die 23,2 Milliarden Euro wert waren.
Die Forscher hatten in einer vorherigen Studie bereits die Kosten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen berechnet. Sie liegen in der EU höher als die von Krebserkrankungen – bei 195 Milliarden Euro.
Die Autoren der Studie wiesen auf die politischen Implikationen ihrer Forschungsergebnisse hin. „Wir hoffen, dass diese Resultate politischen Entscheidungsträgern helfen, Forschungsgelder besser zu verteilen“, so Ramon Luengo-Fernandez von der Universität Oxford, einer von vier Autoren. „In manchen Ländern könnte eine bessere Verteilung von Geldern sogar Überlebensraten erhöhen“, sagte sein Kollege Richard Sullivan vom King's College London.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos