Volkswagen klimaschädllicher als erlaubt: CO2-Ziele der EU verpasst
Volkswagen will die Klimavorgaben mittels E-Fahrzeugen künftig einhalten. Im Coronajahr hat der Konzern mehr als 8 Milliarden Euro Gewinn erwirtschaftet.
In der EU gelten seit 2020 schärfere Werte für den CO2-Ausstoß von Neuwagen. Sie liegen bei 95 Gramm pro gefahrenen Kilometer. Dabei werden die Emissionen nicht für jeden einzelnen Wagen, sondern die gesamte verkaufte Flotte eines Herstellers berechnet. Mit E-Autos können Hersteller den Absatz besonders schmutziger Fahrzeuge ausgleichen. Umweltschützer:innen kritisieren, dass auch Fahrzeuge mit E- und Verbrennermotor zur rechnerischen Senkung des CO2-Ausstoßes herangezogen werden.
Die offiziellen Verbrauchswerte von Hybridautos entsprechen den tatsächlichen meistens nicht, weil die Wagen in der Regel überwiegend mit Kraftstoff und nicht mit Strom betrieben werden. Außerdem können Hersteller mit anderen einen Pool für die CO2-Abrechnung bei der EU bilden.
Der VW-Konzern hat 2020 den CO2-Ausstoß seiner Neuwagen zwar um ein Fünftel gesenkt, lag aber immer noch 0,8 Gramm pro Kilometer über den Vorgaben. Die EU sieht hohe Strafzahlungen für diesen Fall vor. Die EU-Kommission wird sich in den kommenden Monaten damit beschäftigen. Zurzeit würden die Daten der Autohersteller evaluiert, sagte eine Sprecherin der Kommission. VW ist zuversichtlich, dass sich die Überschreitung nicht wiederholt.
VW hält an Verbrennern fest
„Für 2021 sind wir überzeugt, dass wir die Werte einhalten“, sagte Diess bei der Vorstellung der Konzernbilanz für 2020. Das Unternehmen will im laufenden Jahr eine Million E-Autos ausliefern, 2020 waren es nicht einmal 250.000. Der Wolfsburger Konzern ist nach Toyota der zweitgrößte Autobauer der Welt und unterhält zwölf Marken darunter VW, Audi, Škoda, Scania und MAN.
Die Pandemie macht den Autobauern schwer zu schaffen, weil Kund:innen deutlich weniger Fahrzeuge kaufen. Der VW-Konzern hat im vergangenen Jahr rund 9,3 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert. Das waren 15 Prozent weniger als 2019, sagte Diess. Der Konzern verbuchte trotzdem einen Gewinn von 8,8 Milliarden Euro, nach 14 Milliarden 2019. VW profitiert von der großzügigen staatlichen Förderung von E-Autos in Deutschland und 19 anderen europäischen Ländern. In Europa hat VW den Marktanteil an E-Fahrzeugen im vergangenen Jahr von 1,9 Prozent auf 10,5 Prozent gesteigert.
Bis 2025 will VW E-Auto-Weltmarktführer werden. Bereits am Montag hatte Diess bei einer an den Stil des schrillen Tesla-Gründers Elon Mask erinnernden VW-Show bekannt gegeben, dass der Konzern in Europa mit Partnern bis 2030 sechs „Gigafabriken“ für die Batteriezellproduktion errichten werde. Die ersten Werke sollen im schwedischen Skellefteå und in Salzgitter entstehen. Anders als der US-E-Autobauer Tesla haben deutsche Hersteller lange auf die Zulieferung der Batterien gesetzt, statt sie selbst zu produzieren. Außerdem kündigte VW an, das Schnellladenetz für E-Autos auf 18.000 Stationen in Europa zu verfünffachen.
Auch auf dem US-Markt investieren die Wolfsburger Manager stark in E-Mobilität, unter anderem ebenfalls für den Aufbau eines Schnellladenetzes. „Wir fühlen uns bestätigt von Joe Biden, der auf Elektrifizierung setzt“, sagte Diess. Für den US-Markt wird der Autobauer einen E-VW-Bus produzieren. „Der VW-Bus ist in den USA ein ikonisches Produkt“, sagte Diess. In den USA hatte der Betrugsskandal um manipulierte Abgasvorrichtungen an Dieselmotoren VW Milliarden gekostet und einen schweren Imageschaden zugefügt. Jetzt gewinnt der Autobauer laut Diess dort wieder Marktanteile hinzu.
Anders als General Motors und andere Hersteller hat VW bisher kein Jahr für den Ausstieg aus dem klimaschädlichen Verbrennermotor festgelegt. „E-Mobilität wird global mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten umgesetzt werden“, erklärte Diess. VW wird weiterhin Verbrennermotoren produzieren, etwa für den indischen oder den südamerikanischen Markt. Dort würde Strom noch immer kohlebasiert hergestellt, rechtfertigte Diess das Festhalten des Konzerns an der klimaschädlichen Technik. Werden E-Autos nicht mit grünem Strom betrieben, haben sie unter Klimagesichtspunkten keinen Vorteil.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Aufregung um Star des FC Liverpool
Ene, mene, Ökumene