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Volksinitiative KlimanotstandNot herrscht auch in der Mark

In Brandenburg startet eine Volksinitiative, um den Klimanotstand auszurufen. In Berlin steht die Unterschriftensammlung kurz vor dem Abschluss

Sind so kleine Rädchen: klimafreundliche Windenergie in Brandenburg Foto: Claudius Prößer

In Berlin sammelt schon eine Volksinitiative Unterschriften, um das Abgeordnetenhaus zur Ausrufung eines „Klimanotstands“ zu bewegen. Jetzt ziehen die BrandenburgerInnen nach: Am Freitag startete die Kampagne „Klimanotstand in Brandenburg“ ihre Unterschriftensammlung für eine Volksinitiative. 20.000 Stück müssen die InitiatorInnen zusammenbekommen – wenn das klappt, steht der Landtag in Potsdam in der Pflicht, die Forderungen auf seine Tagesordnung zu setzen.

Theoretisch hat die Kampagne ein ganzes Jahr, um ihre Listen zu füllen. So lange wird sie aber nicht warten wollen, denn aus ihrer Sicht rennt die Zeit davon: „Trockenheit, Dürre, Hitze, Wassermangel, Missernten, Waldbrände, Starkregen, Überschwemmungen – all das sind Ereignisse, die auch im Land Brandenburg in den letzten Jahren verstärkt aufgetreten sind“, heißt es im Initiativ-Text. „Mittlerweile ist nicht nur für die Wissenschaft klar: Die Klimakrise wirkt sich bereits in Brandenburg aus. Jetzt muss schnell gehandelt werden.“

Geht es nach den InitiatiorInnen und ihren UnterstützerInnen, muss der Landtag bei allen künftigen Entscheidungen deren Auswirkungen auf das Klima „prioritär berücksichtigen“, um „die Klimakrise und deren Folgen zu begrenzen oder abzuschwächen“. Ermöglichen soll das ein Prüfschema, mit dem Gesetzentwürfe auf wissenschaftlicher Grundlage in Hinsicht auf die daraus resultierenden Treibhausgasemissionen bewertet werden. Leitlinie sind die Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens von 2015.

Darüber hinaus soll die Landesregierung einen jährlichen Bericht zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen nach Sektoren vorlegen und einen „Zukunftsbeirat Brandenburg“ berufen, der sich zu je einem Drittel aus VertreterInnen von Jugendinitiativen, von Verbänden, Wirtschaft und Wissenschaft sowie von Politik und Verwaltung zusammensetzt.

Bei den InitiatorInnen handelt es sich nach eigenen Angaben um eine „buntgemischte Gruppe von Schüler*innen über Unternehmer*innen bis hin zu Rechtsanwält*innen aus Oberhavel und Potsdam“. Unterstützt wird die Initiative unter anderem von der Linken und den Grünen in Brandenburg. Zusammen mit SPD und CDU hatten die Parteien im Juni einen Landtags-Beschluss als Kompromiss herbeigeführt, der der Kampagne aber nicht weit genug geht. Er fordert unter anderem die Landesregierung auf, sich für die zügige Verabschiedung eines Bundesklimaschutzgesetzes einzusetzen und einen „Klimaschutzplan 2030“ zu erarbeiten.

Der Sammlungsstart fällt auf Tag 100 seit der ersten Ausrufung des Klimanotstands in einer deutschen Stadt: Am 2. Mai machte Konstanz am Bodensee den Anfang, später kamen unter anderem Köln, Kiel, Saarbrücken und Bochum hinzu. Allerdings sind nicht in jedem Fall schon konkrete Maßnahmen erfolgt.

In Berlin steht die Unterschriftensammlung der Volksinitiative kurz vor dem Abschluss: „Wir sind jetzt im Endspurt, sammeln noch ein paar Tage und werden auf jeden Fall im August die Unterschriften im Abgeordetenhaus abgeben“, sagte Initiator Marko Dörre der taz. Wie viele Menschen bereits unterschrieben haben, wollte er nicht verraten. Die Bereitschaft, die Initiative zu unterstützen, sei aber groß: „Wir merken mittlerweile, dass immer mehr Menschen von uns gehört haben – und häufig auch schon unterschrieben haben.“

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2 Kommentare

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  • Das kann man locker sehen. Die Brandenburger lassen sich in der Regel nicht von Hysterien und Panikmache vereinnahmen.

    Leider sind die Berliner und vor allem die Medien nicht ganz so klug. Panik auf allen Seiten aber Panik bringt nichts weiter. So eilig ist das nicht.

    • @mactor:

      In einer Sache gebe ich ihnen Recht Panik und Hysterie sind schlechte Ratgeber, Notfälle erfordern besonnenes Handeln nach Prioritäten die z.B. jeder Katastrophenschutz und jede Feuerwache trainieren. Besonnenes Handeln heißt jedoch nicht den Kopf in den Sand stecken und Notfälle zu leugnen weil es bequemer und kurzfristig billiger ist. Dass Äquivalent zum Klimanotstand Leugnen wäre ein Brand in einem Wohnhaus bei dem die Rettungskräfte erst mal abwarten ob sich die Menschen nicht selbst retten können weil der Einsatz kurzfristig ist zu teuer und zu unbequem ist. Die aktuellen Berichte des IPPC sind keine Panikmache sondern das Ergebnis der weltweit relevanten wissenschaftlichen Klimastudien sowie besonnene Handlungsanweisungen die von den Regierungen der Welt als vertrauenswürdig und Handlungsrelevant unterzeichnet wurden. z.B. Eine Umstellung jetzt auf Naturnahe Landwirtschaft um nur einen Punkt herauszunehmen wird das 1,5 Gradziel erreichbar machen UND die Ernährung für demnächst 9 Milliarden Menschen besser sichern als die aktuell dominierende industrielle Landwirtschaft die für die Zerstörung der Ökosysteme und die Klimaerwärmung die sich gegenseitig verstärken hauptverantwortlich ist aber zugleich auch ihr Opfer ist. Dürren und Ernteausfälle betreffen alle auch die Agrarindustrie. Auch der Mensch ist eine bedrohte Art und kann in einem zerstörten Ökosystem und mit einem ab 2 Grad kippenden Klimasystem nicht überleben so der globale Konsens. Die Prioritätenliste sagt jetzt handeln sonst bleibt in 20-30 Jahren wenn Klimaerwärmung und Zerstörung des Ökosystems irreversibel sind nur noch die Panik. Das trifft nicht "nur" auf die Regionen irgend woanders zu. Ein Kipppunkt, die rapide Abschmelze am Nordpol wird auch die deutsche Küstenregion an Nord- und Ostsee dauerhaft überfluten, Dürren, Ernteausfälle und Waldbrände sind schon im 4. Jahr mit Hitzerekorden "normal" in Brandenburg.



      Klimanotstandsberichte: www.de-ipcc.de