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Volksabstimmung in KroatienNein zur Homo-Ehe

Eine Ehe ist in Kroatien nur zwischen Mann und Frau verfassungsgemäß. So will es eine Mehrheit der Kroaten. Regierungschef Milanovic fand das Referendum „traurig“.

Mann, Frau und zwei Kinder: So sieht die Mehrheit der Kroaten das Familienbild – Zentrale der Konservativen in Zagreb. Bild: ap

ZAGREB dpa | Der mächtigen Katholischen Kirche in Kroatien ist mit ihrem Referendum am Sonntag ein großer Sieg gegen die linke Regierung gelungen. Knapp 66 Prozent der Wähler stimmten dafür, die christliche Ehe in die Verfassung aufzunehmen, teilte die staatliche Wahlkommission in Zagreb mit. Nur gut 33 Prozent hätten dagegen gestimmt. Die Wahlbeteiligung erreichte mit nur knapp 38 Prozent einen neuen Minusrekord.

Die von der Kirche unterstützte Vereinigung „Im Namen der Familie“ hatte mit 740.000 Unterschriften die Abstimmung erzwungen. Damit sollte in dem jungen EU-Mitgliedsstaat die Gleichstellung zwischen traditionellen Ehen und homosexuellen Partnerschaften verhindert werden. Die sozialdemokratische Regierung, fast alle Medien und zahlreiche Prominente sahen darin einen Verstoß gegen die Menschen- und Minderheitenrechte.

Das große Portal index.hr zeigte vor einem Hakenkreuz in kroatischen Landesfarben salutierende Faschisten im Zweiten Weltkrieg und titelte: „Kroatien hat wie damals entscheiden: 65 Prozent für Diskriminierung“. „Die Minderheit nötigt die Mehrheit“, kritisierten die Abstimmungsgegner: „Grundlegende Menschenrechte wurden verletzt“. Ein Sprecher der Gruppe verlangte von der Regierung, sie müsse sofort ein Referendumsgesetz vorlegen, um eine ähnlich Abstimmung unmöglich zu machen.

Die konservative Vorgängerregierung hatte jede Mindestbeteiligung für die Gültigkeit einer Volksabstimmung gestrichen. Damit sollte verhindert werden, dass das Referendum über den EU-Beitritt Kroatiens durchfällt. An der Abstimmung vor knapp zwei Jahren hatten dann auch nur 44 Prozent der Wahlberechtigten teilgenommen – schon das war ein Negativrekord, der jetzt noch überboten wurde. Die geltende Regel sieht vor, dass selbst eine Volksabstimmung mit nur drei Beteiligten gültig ist.

„Das ist ein trauriges und sinnloses Referendum“, hatte Regierungschef Zoran Milanovic bei der Stimmabgabe gesagt und versicherte: „Das ist das letzte Referendum, mit dem die Mehrheit der Minderheit ihre Recht nimmt.“ Seine Regierung will ein „Partnerschaften-Gesetz“ durchs Parlament bringen, mit dem Homopaare heterosexuellen Verbindungen gleichgestellt werden. Juristen hatten darauf verwiesen, dass die Verfassung diese Gleichstellung durch das Referendum verbietet.

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10 Kommentare

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  • L
    Luka

    Als Kroate, war ich über das Ergebnis des Referendums zutiefst geschockt, aber ich habe es erwartet. An diesem Abend verspürte ich das dringende Bedürfnis die Kathedrale in Zagreb „anzuzünden.“

    Dennoch bitte ich zu bedenken, dass die Wahlbeteiligung nur bei 38% lag. Den meietn Kroaten ist dieses Thema gleichgültig, und genau an diesem Punkt sehe ich eine große gesellschaftliche Weiterentwicklung im Land. Langsam wird Homosexualität zu Normalität. Jedoch haben 66% der Wähler gegen die Homoehe gestimmt. Eine Homoehe wird es in Kroatien nicht geben, zumindest nicht unter diesem Namen. Die kroatische Regierung hat bereits gestern angekündigt, das Gesetzt über die eingetragenen Lebenspartnerschaften stark zu erweitern. Dies wird sogar das Adoptionsrecht einschließen. De facto wird die Homoehe in Kroatien eingeführt, unabhängig der primitiven Einstellung der katholischen Kirche, welche ich übrigens für faschistisch halte. Es wird weiter gekämpft und die Regierung ist auf unserer Seite. Die kroatische Polizei wird inzwischen sogar in der Ausbildung über Homosexualität aufgeklärt - es sind dazu verpflichtende Seminare eingeführt worden und die Frau des Regierungspräsidenten nahm sogar am Zagreber CSD teil. Das gibt den meisten Kroaten Mut und Hoffnung.

     

    Tipp: Hier ein Link zum einzigen kroatischen lesbischen Chor „Lezbor“. Das antifaschistische Lied der Freiheit stammte aus dem spanischen Bürgerkrieg und wird hier auf kroatisch gesungen. Enjoy it...

     

    http://www.youtube.com/watch?v=_gRVYr8v2u0

  • S
    Steffen

    Wieder einmal ein tolle Recherche.

     

    Wäre es so schwer die tatsächliche Frage des Referendums im Artikel zu erwähnen?

    "Ist die Heirat eine Union zwischen Mann und Frau?"

    Die Frage ist genauso ein Falle wie damals bei dem Volksentscheid über S21.

    Wir wissen also nicht,ob nun die Mehrheit tatsächlich gegen homosexuelle Ehe ist oder ob wie auch in Deutschland einfache Bürger nicht über die politischen Konsequenzen bewusst waren, das Bildungsniveau also niedrig ist.

    • G
      GAST
      @Steffen:

      Das war aber nicht die eigentliche Frage,sondern:"Möchten Sie,dass die Ehe (per definitionem) als Bündnis zwischen Mann und Frau in der kroatischen Verfassung verankert wird?"

  • H
    Heinrich

    Die BRD kann sich beruhigt zurücklegen - solche Kinkerlitzchen sind hier nicht möglich.

    Die Medien, Parteien und Politiker bestimmen, was gemacht wird - und damit basta.

    Volksentscheidungen sind da nur lästig

  • C
    CDU

    Schovenismus,Faschismus, Intoleranz hat nix in Europa verloren. Raus mit dem Staat aus der EU !

  • B
    Bruno

    Es ist besorgniserregend das in letzter Zeit immer mehr sehr nationalsoziale und faschistische Merkmale sich häufen. Ganze Horden in Stadien skandieren Ausrufe unter dessen Motto alleine in Jasenovac vom Hitler und Ustascha Regime mehr als 600 000 Menschen vernichtet wurden. Protestmärsche gegen Minderheiten, Zerschlagung der kyrillischen Schrift. Hat ein solcher Staaat in der Union was verloren. Hier sollte man sehr dringend und sehr deutlich vorbeugen.

  • D
    Demokrat

    Warum soll es in Kroatien auch anders sein als wie in den anderen Staaten? Die da oben entfernen sich immer weiter vom Volk.

    • H
      Hans
      @Demokrat:

      In dem Fall könnte man auch sagen, dass die Regierung sich von der Diskriminierung von Minderheiten entfernt.

  • Was jammert der Regierungschef denn rum? Soll er halt die Verfassung entsprechend ändern und damit die Homo-Ehe erlauben. Aber nein, er kritisiert lieber sein eigenes Volk, weil es nicht so abstimmt, wie er es gerne hätte. Ganz schwach, Herr Milanovic.

  • D
    DasNiveau

    Jaja, das ist die Gefahr von Demokratie.

    Das Volk könnte sich anders entscheiden als Politiker das gerne sehen.

     

    Wenn der Partei das Volk nichtmehr gefällt kann sie sich doch ein neues wählen.