Virusbekämpfung in Afrika: Corona verdrängt Ebola-Angst
Wie man Anreisende auf Fieber überprüft, das wissen Behörden in Ostafrika seit Ebola. Durch das Corona-Virus werden die Kontrollen nachlässiger.
Seit der rasanten Ausbreitung des Coronavirus – China vermeldet am Dienstag 40.000 Infizierte und mehr als 1.000 Tote – werden jetzt auch die Präventionsmaßnahmen in Ost- und Zentralafrika verstärkt. Das abschreckende Vorbild haben alle noch im Kopf: Der Ausbruch des tödlichen Ebolavirus in Westafrika 2014, der über 11.000 Menschen das Leben kostete. Das machte klar: Ausbrüche von tödlichen Krankheiten haben in dicht besiedelten Ländern mit unzureichender Gesundheitsversorgung viel schlimmere Folgen als anderswo.
Deswegen müssen jetzt die Anstrengungen verstärkt werden, damit das Coronavirus sich nicht in Afrika verbreite, so die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie „hat Richtlinien an alle Gesundheitsministerium in der afrikanischen Region geschickt, um die Schwierigkeiten zu unterstreichen, mit welchen sie sich auseinandersetzen müssen“, so Michael Yao, WHO-Beauftragter für Notfallbekämpfung in Afrika.
Wie wichtig kompetente Beratung ist, zeigte Anfang Februar ein Vorfall in Südsudans Hauptstadt Juba. Dort sind chinesische Soldaten im Rahmen der UN-Friedensmission UNMISS stationiert. Als ein Flugzeug mit chinesischen Diplomaten zur Stippvisite bei der Truppe in Juba landete, flüchteten sämtliche Flughafenangestellte aus Angst, auch diejenigen, die Fieber messen sollten. Die WHO hat seitdem dort Virus-Testgeräte installiert.
Schwache Gesundheitssysteme bedroht
Ein generelles Reiseverbot zwischen China und Südsudan will Gesundheitsminister Riak Gai Kok jedoch nicht einführen. Er habe aber die Bevölkerung gewarnt, nach China zu reisen: „Wenn auch nur ein einziger Fall nach Südsudan importiert wird, dann wird das ein Desaster und wir haben schon eine Fülle an Problemen“, so Kok.
Frage bei der Ankunft in Kigali. Wer Ja sagt, darf nicht einreisen
Viele afrikanische Fluglinien haben ihre Direktflüge nach China eingestellt. Afrikas größte Fluglinie Ethiopian Airlines fliegt noch, hat aber die Zahl der Flüge reduziert und ist aufgrund der gesunkenen Nachfrage auf kleinere Maschinen umgestiegen. Dafür wurde die äthiopische Staatsgesellschaft von Kenias Präsident Uhuru Kenyatta kritisiert: „Unsere Sorge ist nicht, dass China die Krankheit nicht managen kann, sondern, dass sie in Regionen vordringt, wo es schwache Gesundheitssysteme gibt, so wie bei uns.“
Die äthiopische Gesundheitsbehörde hat mitgeteilt, dass sie alle Passagiere aus der chinesischen Stadt Wuhan, dem Epizentrum des Virus, in Quarantäne unterbringe. Bislang gab es elf Verdachtsfälle, acht wurden negativ getestet. Die übrigen drei wurden zu weiteren Tests nach Südafrika ausgeflogen. Auch in Kenia gibt es drei Verdachtsfälle: Kenianer, die aus China zurückgekehrt waren.
Kenias Regierung hat angekündigt, 88 kenianische Studenten von der Universität in Wuhan zu evakuieren. Ugandas Botschafter in China, Crispus Kiyonga, hat hingegen von Evakuierungsflügen abgeraten. Über 70 ugandische Studenten sitzen nun in China fest. „Es ist besser, die Studenten an ihren Universitäten zu lassen, während die Regierung den Ausbruch unter Kontrolle bringt, anstatt das Risiko einzugehen, das Virus weiter zu verbreiten“, fand der Botschafter. Ugandas Gesundheitsministerium meldet, rund 100 Chinesen und Ugander befänden sich in Quarantäne, nachdem sie aus China gelandet waren.
Ebola-Bekämpfung dauert an, wird aber laxer
Vorsorge gegen gefährliche Seuchen ist in Ostafrika Routine seit dem erneuten Ebola-Ausbruch im Osten der benachbarten Demokratischen Republik Kongo im Sommer 2018, der immer noch andauert und an dem bis Anfang Februar laut WHO 2.250 Menschen gestorben sind. An den Grenzübergängen aus dem Kongo nach Ruanda wird systematisch Fieber gemessen, man muss die Hände waschen.
Wegen Ebola sind auch im Ankunftsbereich des internationalen Flughafens von Uganda in Entebbe längst Kameras installiert, die bei jedem Passagier die Temperatur feststellen. Diese helfen nun auch beim Coronavirus. Gleichzeitig werden jetzt aber die Kontrollen bezüglich Ebola und anderer tödlicher Krankheiten laxer.
Die ugandische Angestellte des Gesundheitsministeriums, die die Temperaturkamera überwacht, fragt jeden Passagier, woher er angereist ist. Sie tippt dies in eine Handy-App ein, welche die Daten an das afrikaweit führende Virusforschungsinstitut in Entebbe übermittelt, wo Ebola, Marburg-Fieber, HIV/Aids oder auch der aus Uganda stammende Zikavirus erforscht werden. Doch es wird nur noch gefragt, ob man in jüngster Zeit in China gewesen sei. Die bis vor Kurzem übliche Frage, ob man die Ebola-Region im Ostkongo besucht habe, wurde aus dem Fragenkatalog gestrichen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel