: Viele Akten, wenig Klarheit
Im Fall des offenbar gemobbten Pädagogen Inácio-Stech steht die Bildungssenatorin weiter unter Druck
Von Andreas Hergeth
Mehrere Bildungspolitiker:innen des Abgeordnetenhauses haben Einsicht in die Akten zum Fall von Oziel Inácio-Stech genommen. Der Berliner arbeitet als pädagogische Unterrichtshilfe in einer Weddinger Grundschule und hatte von Mobbing und Diskriminierung berichtet. Die Abgeordneten hatten am Montag rund vier Stunden Zeit für die Akteneinsicht. Trotzdem bleiben offene Fragen.
„Wir können nach der heutigen Akteneinsicht den Fall noch nicht abschließend bewerten“, sagt Louis Krüger von den Grünen der taz. Vor allem Fragen zur Rolle von CDU-Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch seien für ihn „nicht umfassend beantwortet“. Krüger zufolge habe die Akteneinsicht gleichwohl „strukturelles Versagen“ der beteiligten Stellen im Fall Inácio-Stech bestätigt. Der bildungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion fordert dann auch „dienstrechtliche Konsequenzen“.
Klar ist, dass die Bildungsverwaltung alles andere als eine gute Figur machte. So ließ Inácio-Stech die Bildungssenatorin von den Mobbing- und Diskriminierungsvorwürfen über einen Anwalt wissen – und zwar bereits Ende 2024. Günther-Wünsch hatte ihrerseits mehrfach erklärt, den betreffenden Brief erst im Mai dieses Jahres gelesen zu haben.
Die Akteneinsicht am Montag sollte Licht ins Dunkel bringen. Das ist offensichtlich nicht ganz gelungen. „Wichtiger, als nachzuvollziehen, wer jetzt wann an der Schule was zu wem gesagt hat, ist es, die Behörde in den Blick zu nehmen“, sagt Krüger. Das würde bedeuten, sich „noch mal die ganze Kette von der Schulleitung bis zur Senatorin“ anzusehen, „weil tatsächlich alle Ebenen involviert waren“.
Ähnlich äußerte sich der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Marcel Hopp. Der Fall zeige, dass es ein Aufsichts- und Leitungsproblem gebe. Diese Wahrnehmung habe sich nach der Akteneinsicht noch verstärkt. Nötig sei ein funktionierendes Beschwerde- und Monitoringsystem für solche Fälle. Hopp forderte, den konkreten Fall weiter aufzuarbeiten und zu sehen, was sich künftig besser machen lasse.
Aus Sicht der Linksfraktion hat die Akteneinsicht untermauert, „dass Oziel Inácio-Stech Diskriminierungen ausgesetzt gewesen ist“ und weder Schulleitung noch Schulaufsicht adäquat reagiert hätten, so Franziska Brychcy. Auch die Fachsprecherin der Linken sieht in letzter Konsequenz die Bildungssenatorin in Verantwortung. Sie erwartet von Katharina Günther-Wünsch, dass sie im Bildungsausschuss des Abgeordnetenhauses Stellung nimmt. Der Fall ist damit noch längst nicht abgeschlossen.
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